Jele (Jehle), Caspar (Kaspar) (1814–1893), Maler

Jele (Jehle) Caspar (Kaspar), Maler. Geb. Ried (Ried im Oberinntal, Tirol), 5. 1. 1814; gest. Innsbruck (Tirol), 17. 12. 1893; röm.-kath. Sohn des Bauern Joseph Jele und der Theresia Jele, geb. Bader, Vater u. a. von →Albert Jele; ab 1839 verheiratet mit der aus Fulnek stammenden Anna Jele, geb. Kretschmer. – J. erhielt beim Maler Hieronymus Schatz in Ried ab 1826 seine erste Ausbildung. Auf Empfehlung von →Josef Duile wurde er 1831 in die Zeichenschule Innsbruck bei →Gebhard Flatz aufgenommen, wo er gemeinsam mit →Karl von Blaas Unterricht erhielt. 1833–38 absolvierte J. Kurse für Historienzeichnung und -malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei →Leopold Kupelwieser, →Johann Nepomuk Ender und vermutlich →Josef Redl; 1834 bekam er ein Landesstipendium, 1837 den Lampi-Preis. Besonders beeinflusst wurde er von den Ideen der nazarenischen Schule um →Josef Ritter von Führich und →Johann(es) Peter Krafft, mit denen er im künstlerischen Austausch stand. 1836 malte er die Porträtreihe „Karolina Augusta von Bayern“, „Kaiser Franz II.“, „Kaiserin Maria Anna“, „Kaiser Ferdinand I.“ (alle Stift Wilten), 1838–42 beteiligte er sich regelmäßig an den Akademieausstellungen nächst St. Anna, u. a. mit den Gemälden „Die Hl. Elisabeth, die Armen beschenkend“ (1838), „Ein Tiroler Schützen-Hauptmann von der Huldigungsfeier im Jahre 1838 nach seiner Heimath zurückkehrend“ (1839) und „Der Jäger“ (1841). Ab den 1840er-Jahren avancierte J. zu einem beliebten Porträtmaler (→Franz von Lutterotti zu Gazzolis und Langenthal, 1842; Friedrich Graf Wilczek, Landeshauptmann von Tirol, 1848). Daneben malte er vermehrt Altarblätter, u. a. 1842 „Kreuzigung“ und „Marter des Hl. Sebastian“ (Pfarrkirche Jenbach), 1843 „Tod des Hl. Josef“ (Pfarrkirche Schmirn), 1843 „Hl. Margaretha“ (Pfarrkirche Flaurling), 1844 „Die Sendung des Hl. Geistes“ (Spitalskirche Innsbruck) sowie 1852 „Anbetung der Könige“ (Pfarrkirche Nassereith). 1854 erhielt er seinen ersten Auftrag aus den USA, nämlich „Engel reichen dem Hl. Clemens die Marterwerkzeuge“ (St. Clement Church, Cincinnati), 1855 entstanden Seitenaltarbilder für die Hofkirche in Innsbruck („Responsorium des Hl. Antonius“ und „Maria-Hilf, von den Heiligen Bernhard, Franziskus, Dominikus und Lukas verehrt“). 1856–84 wirkte J. als Lehrer für Freihandzeichnen an der Oberrealschule in Innsbruck und unterrichtete daneben – unbesoldet – an der Gewerbeschule. Seine Werke finden sich in Kirchen in Nord-, Süd- und Osttirol, Vorarlberg, Salzburg, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark, Wien, Tschechien und den USA (dorthin verkaufte er 18 Bilder). Weiters wurde er mit der Restaurierung spätmittelalterlicher Gemälde betraut und entwarf Kartons für die Tiroler Glasmalerei und Mosaik Anstalt. J. war auch politisch engagiert – so kandidierte er 1871 (erfolglos) für den Tiroler Landtag (katholisch-konservative Partei) und beteiligte sich 1873 an der „Öffentlichen Erklärung“ deutscher Künstler gegen die als geschichtsverfälschend und anti-katholisch empfundenen Werke von Künstlern, die im Umkreis der Münchener Akademie der Bildenden Künste entstanden waren. Des Weiteren war er ein passionierter Sammler italienischer und niederländischer Renaissance-Meister – 23 seiner Gemälde und Zeichnungen überließ er als Legat dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. J., befreundet u. a. mit August Edler Wörndle von Adelsfried, war Lehrer von Johann Ertl, →Ferdinand Maass und →Balthasar Waltl. Seine Porträts und Genreszenen waren in spätbiedermeierlicher Feinmalerei ausgeführt, größeren Anklang fanden die großformatigen Altarbilder, die durch flächige und klare Kompositionen sowie kräftige, ungemischte Farben gekennzeichnet sind, und Kartons für Glasgemälde. J. zählte zu den Hauptvertretern der romantisch-religiösen Kunst in Tirol in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1884 erhielt er das goldene Verdienstkreuz mit der Krone.

Weitere W.: Der Sammelpater, 1841, Selbstbildnis, 1853 (beide Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck); Tod Josefs, Pembaur’sche Grabstätte, 1861 (Westfriedhof, Innsbruck); Opferung Isaaks, 1865 (Altarbild, Dreifaltigkeitskirche, Salzburg); Josef R. Schaller, 1877 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum); Abt Franz Sales Blaas, 1883 (Stift Wilten); Pietà, 1891 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum); Franz von Assisi (Kulturverein Sigmundsried, Ried im Oberinntal).
L.: Neue Tiroler Stimmen, 29. 3. 1873 (Beilage); Innsbrucker Nachrichten, 26. 3. 1884, 22. 12. 1893; Vorarlberger Volks-Blatt, 20. 12. 1893; Thieme–Becker; Wurzbach; K. Fischnaler, Innsbrucker Chronik 5, 1929–30; E. Egg, Kunst in Tirol 2, 1972, S. 250, 254; G. Ammann, in: Klassizisten – Nazarener. Kunst im Oberland 1800–50, Schloss Landeck – Innsbruck 1982, S. 76ff. (Kat.); G. Amman, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 85, 2005, S. 29ff.; G. Pfaundler-Spat, Tirol-Lexikon, neubearb. Aufl. 2005; J. Gelmi, „Pietas et Scientia“. 400 Jahre Priesterseminar Brixen 1607–2007, 2007, S. 201; E. Gürtler, in: Frühere Verhältnisse. Malerei von 1800 bis 1900, Innsbruck 2007, S. 69 (Kat.); S.-K. Moser, in: Kunst in Tirol 2, ed. P. Naredi-Rainer – L. Madersbacher, 2007, S. 25f.; W. Rampl, Ein Haus voll Glorie schauet. Alle Kirchen Tirols 2, 2009, S. 406; ABK, Wien; Pfarre Ried im Oberinntal, Tirol.
(U. Marinelli)   
Zuletzt aktualisiert: 15.12.2020  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 9 (15.12.2020)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 3 (Lfg. 11, 1961), S. 96
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