Sauer von Aichried, Emil Georg (1862-1942), Pianist, Klavierpädagoge und Komponist

Sauer von Aichried Emil Georg, Pianist, Klavierpädagoge und Komponist. * Hamburg (BRD), 8. 10. 1862; † Wien, 27. 4. 1942. Sohn eines Kaufmannes; erhielt von seiner Mutter Julia, einer Schülerin u. a. von Godard, den ersten Klavierunterricht und absolv, mit ihr seine ersten öff. Auftritte; daneben Harmonielehrestud. bei Riccius. Auf Empfehlung A. Rubinsteins erhielt S. 1879 eine Freistelle am Moskauer Konservatorium, wo er an der Klavierkl. N. Rubinsteins bis zu dessen Tod (1881) stud. 1882 begab sich S. nach London; dort lernte er den Maler Brabazon kennen, der ihn in den folgenden Jahren auf seinen Konzertreisen begleitete und ihn finanziell unterstützte. Auf Empfehlung der Fürstin C. Sayn-Wittgenstein nahm S. 1884 und 1885 am Unterricht Liszts (s. d.) in Weimar teil. 1885 errang er in Berlin seinen ersten großen Erfolg, 1890 gab er sein erstes Konzert in Wien. Auf Konzertreisen nach Skandinavien und wiederholt nach Rußland, wo er bes. erfolgreich war, folgten 1899 50 Konzerte in den USA. 1901 übernahm S. am Konservatorium der Ges. der Musikfreunde in Wien die neugegründete Meisterkl. für Klavierspiel, die er bis 1907, dann wieder 1914–21 und 1931–12 leitete. Zu seinen Schülern zählten u. a. S. Askenase, H. Berger-Weyerwald, L. Kolessa, H. Nast, E. Ney und A. Morales, die 1939 seine zweite Frau wurde. 1908–14 lebte S. als Konzertvirtuose abwechselnd in Wien und Dresden und unternahm zahlreiche Tourneen, die ihn wiederholt nach Deutschland, England, Frankreich, Spanien sowie 1908 erneut in die USA führten. Nach seinem 50jährigen Künstlerjubiläum (1931) schränkte S. seine Konzerttätigkeit weitgehend ein. 1942 trat er in Wien zum letztenmal öff. auf. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1912 Ehrenmitgl. der Ges. der Musikfreunde, 1917 nob., 1918 sächs. Geheimrat, 1921 HR, 1930 Commandeur der französ. Ehrenlegion. S., einer der letzten großen und universellen Vertreter der Klaviertradition Liszts, vereinigte in seinem Spiel (das auf ca. 40 Schallplatten festgehalten ist) Virtuosität mit Musikalität. Er trat als Interpret vor allem für die Werke Haydns, Beethovens (s. d.), Schuberts, Chopins und Schumanns ein.

W.: Konzert für Klavier und Orchester, e-Moll, 1900; Konzert für Klavier und Orchester, c-Moll, 1901; Grande Sonate, D-Dur, 1903; 2. Sonate, Es-Dur, 1904; Suite moderne für Klavier, 1906; Les Délices de Vienne, 1906 (Konzertwalzer); La Boîte à musique, 1913; 5 Lieder, o. J.; Charakterstücke für Klavier; Bearb. fremder Tonwerke; etc. Hrsg.: Werke von D. Scarlatti, A. Henselt, F. Chopin, R. Schumann, F. Liszt, F. Mendelssohn-Bartholdy, J. Brahms; Lehrwerke von A. Kullak, A. Löschkorn, J. Pischna, L. Plaidy. – Publ.: The colour value in music, in: New York Independant vom 6. 4. 1899; Meine Welt, 1901; Chopin-Notizen, in: Der Merker 1, 1910, H. 10; Mit F. Weingartner in Weimar, in: FS für Dr. F. Weingartner . . ., 1933; F. Liszt, in: N. Fr. Pr. vom 16. und 17. 1. 1934.
L.: N. Fr. Pr. vom 11. 9. (Abendausg.) und 3. 12. 1901, 29. 3. 1931; Neues Wr. Journal vom 28. 12. 1930, 13. 3. 1932 und 5. 11. 1933; Baronesse Falke, E. S. in Wien, in: Die Musik 1, 1901/02, Bd. 3, S. 1667 ff.; A. Stradal, E. S. als Komponist, in: Musikal. Wochenbl. 39, 1908, S. 3 f.; Kunstnachrichten. Sondern., (1937), S. 137 f.; B. Breunlich, E. v. S. zum 75. Geburtstag, in: Anbrach 19, 1937, S. 221 ff.; E. Hoffmann, Begegnung mit E. v. S., in: Neue Musik-Z. 1, 1947, S. 315 ff.; H. Sittner, Klavierpädagogen der Akad. Wien, in: Österr. Musikz. 17, 1962, S. 84 ff.; Einstein; Grove, 1980; MGG; Riemann, 12. Aufl.; Wininger; E. Hanslick, Aus dem Tagebuche eines Musikers, 3. Aufl. 1892, S. 326 f.; ders., Fünf Jahre Musik, 3. Aufl. 1896, S. 174 f.; ders., Am Ende des Jh., 3. Aufl. 1899, S. 272 f.; H. E. Krehbiel, Annotated Programs of Herr E. S.’s Pianoforte Recitals, 1899; A. Gutmann, Aus dem Wr. Musikleben, 1914, s. Reg.; J. C. Hadden, Modern Musicians, 1919, S. 69 ff.; W. Niemann, Meister des Klaviers, 9.–14. Aufl. 1921, s. Reg.; R. Lach, Geschichte der Staatsakad. für Musik und darstellende Kunst in Wien, 1927, s. Reg.; L’Œuvre de F. Chopin. Discographie generale, hrsg. von A. Panigel, 1949, s. Reg.; E. Ney, Erinnerungen und Betrachtungen, (1957), bes. S. 35, 60 f., 63 ff.; H. C. Schonberg. Die grossen Pianisten, (1965), s. Reg.; W. Jerger, F. Liszts Klavierunterricht von 1884–86 ( = Stud. zur Musikgeschichte des 19. Jh. 39), 1975, s. Reg.; G. Hamelin, Recorded Lectures of E. S., 1975; P. Lorenz, Große Pianisten dreier Jhh., (1979), s. Reg.; A. B. Renfroe, E. v. S. A cat. of his piano works, phil. Diss. Louisville, Ky., USA, 1981; Cat. of Recordings by Classical Pianists, hrsg. von J. Methuen-Campell, 1, 1984, S. 59 ff.; Mitt. B. Breunlich, Wien.
(A. Harrandt)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 442f.
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