Adler, Friedrich (1857–1938), Journalist, Jurist und Schriftsteller

Adler Friedrich, Journalist, Jurist und Schriftsteller. Geb. Amschelberg, Böhmen (Kosová Hora, CZ), 13. 2. 1857; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 2. 2. 1938; mos. Sohn des Seifensieders und Gastwirts Josef Adler und der Marie Adler, geb. Fürth; ab 1905 verheiratet mit Regine Wessely; zwei Töchter. – Früh verwaist, absolvierte A. das Neustädter Gymnasium in Prag und unter schwierigsten Bedingungen das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Prag; 1883 Dr. iur. Daneben betrieb er Sprachstudien und fungierte als Lehrbeauftragter für romanische Philologie an der Prager deutschen Universität. Nach der Anwaltsprüfung (1890) eröffnete er im Folgejahr eine Anwaltskanzlei, die er jedoch 1896 mit Antritt seines Dienstes bei der Handelskammer aufgab. Bereits während des Studiums wurde er Obmann der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten, aus der die ausgesprochen deutschnationalen Studenten 1892 austraten. Die Ermutigung zu literarischer Tätigkeit erfolgte angeblich durch →Karl Emil Franzos; erste Gedichte erschienen bereits 1885 in einer Anthologie moderner Dichtung. Zur selben Zeit begann er auch für die deutschsprachige Prager Presse zu schreiben. Ab 1893 trat er in rascher Folge mit mehreren Gedichtbänden hervor, wobei manchem seiner Gedichte anfangs ein sozialkritischer Unterton anhaftete. Seine Lyrik, die dem Naturalismus verpflichtet war, zeugt von großen formalen Fertigkeiten, hinter der die inhaltliche Originalität oft zurückblieb. Größere Verdienste erwarb er sich, trotz seiner explizit deutschnational geprägten politischen Haltung, durch Übersetzungen, etwa der Werke seines tschechischen Dichterkollegen →Emil Frida (1895); später folgten auch solche aus dem Italienischen und Spanischen. Bereits jahrelang als Theaterkritiker für das „Prager Tagblatt“ tätig, übernahm A. nach der Übersiedlung →Alfred Klaars nach Berlin von diesem nicht nur die Stelle eines Sekretärs in der deutschliberalen Künstler- und Dichtervereinigung Concordia, sondern 1900 auch die Funktion des Theater-, Literatur- und Kunstkritikers beim Zentralorgan der deutschliberalen Partei „Bohemia“. Als Kritiker und Rezensent dieser Zeitung – und später auch in vielen anderen Funktionen bei deutschen Kulturinstitutionen – gehörte er zusammen mit →Hugo Salus seit der Jahrhundertwende zu den wichtigsten Vertretern der jüngeren Schriftstellergeneration. Nach dem Ende der Monarchie wirkte A. – ein entschiedener Verfechter des Deutschtums – als Dolmetscher für die tschechoslowakische Nationalversammlung, in verschiedenen führenden Funktionen bei der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaft und Künste sowie jahrelang als Obmann des Verbands der deutschen Journalisten in Böhmen.

W.: Gedichte, 1893; Neue Gedichte, 1899; Sport, 1899; Zwei Eisen im Feuer, 1900; Vom goldenen Kragen, 1907; Der gläserne Magister, 1910; Kriegsgedichte, 1916; etc.
L.: Prager Tagblatt, 6. 12. 1925; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Jüd. Lex.; Killy; Kosch, Theaterlex.; Kosel 2; Lex. böhm. Länder; Wininger; C. Rybár, Das jüdische Prag, 1991, S. 193ff. (m. B.); R. M. Wlaschek, Biographia Judaica Bohemiae 1, 1995; „Tripolis Praga“. Die Prager „Moderne“ um 1900, ed. W. Schmitz – L. Udolph, Dresden 2001, S. 56f. (Kat.); G. v. Wilpert, Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren, 4. neubearbeitete Aufl. 2004.
(Th. Venus)  
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 6
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