Appel, Carl (1911–1997), Architekt

Appel Carl, Architekt. Geb. Wien, 18. 4. 1911; gest. ebd., 13. 2. 1997; röm.-kath. Sohn des Hofgartenverwalters Johann Appel (1867–1952) und der Karoline Appel, geb. Kandl (1878–1952); ab 1941 verheiratet mit Herta Laber (1915–2005). – Als jüngstes von sechs Kindern in gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, absolvierte A., da die Familie nach der Pensionierung des Vaters verarmt war, eine Tischlerlehre und finanzierte 1928–33 mit Gelegenheitsarbeiten sein Studium an der Kunstgewerbeschule (1933 Diplom, Eitelberger-Preis) bei Carl Witzmann und →Oskar Strnad sowie an der Akademie der bildenden Künste (1933–36) bei Clemens Holzmeister (1936 Diplom bei Holzmeister und →Peter Behrens; Meisterschulpreis). Ab 1936 als freier Architekt tätig, hatte er sich nach kleineren Aufgaben mit dem Umbau der Filzhutfabrik in Ebreichsdorf (1936) und der Innenausstattung des Österreichischen Industriepavillons auf der Pariser Weltausstellung 1937 einen Namen gemacht. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 errichtete er bis 1944 mehrere kriegswichtige Industrieanlagen. 1944 eingerückt, konnte er nach Kriegsende ungeachtet seiner NS-Mitgliedschaft (Beitritt 1941, 1948 als „minderbelastet“ eingestuft) seine Tätigkeit sofort wieder aufnehmen (1946 Wiederaufbau der Tonwarenfabrik Wienerberger, Wien 10) und in der Folge eine große Zahl von Bürogebäuden, Wohnbauten, Hotels, Industrieanlagen und anderes mehr errichten, die ihn zu einem der wichtigsten Architekten der Wiederaufbaujahre machten. Insbesondere das 1950 errichtete Warenhaus Neumann auf der Kärntner Straße mit seiner großflächig verglasten, konkav geschwungenen Fassade galt als Symbol des Wirtschaftswunders. Mit weiteren prominenten Bauten in der Wiener Innenstadt (Haas-Haus, 1951; Verwaltungsgebäude der Steyr-Daimler-Puch-Werke, 1956; Opernringhof, 1956; OPEC-Gebäude, 1965) prägte er den sogenannten Zweiten Ringstraßenstil, wobei er bei den Bauten häufig auch für die Innenausstattung verantwortlich war. Im Wohnbau forcierte A., dem dringenden Wohnbedarf entsprechend, den Hochhaus-Typus (Wohnhausanlage Mommsengasse, 1954; Wohnhausanlage Modenapark, 1958). Die intensive Bautätigkeit seines Büros veranlasste A., sich mit der Rationalisierung der Produktionsabläufe und der Entwicklung neuer Bautechnologien zu befassen, sodass zahlreiche patentierte Erfindungen auf ihn zurückgehen. Der Einsatz neuester Konstruktionsmethoden manifestierte sich insbesondere bei Industrieanlagen, wie der Shed-Halle der Großdruckerei Elbemühl, Wien 23 (1961), die sich durch klare Strukturierung und Transparenz auszeichnete. Später konnte A. mehrere Großprojekte im Ausland realisieren (u. a. Semperit-Werke, Irland, 1969; Dampfkraftwerk, Dubai, 1981). Die für A. charakteristische Synthese eines rigiden Funktionalismus mit traditionellen Elementen geriet auch ins Schussfeld der Kritik (z. B. das Hotel Intercontinental, 1963, Wien 3) und ein nicht unerheblicher Teil seines Œuvres wurde unverhältnismäßig früh abgerissen oder verändert. A., bis Mitte der 1980er-Jahre tätig, war Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins (ab 1952) und der Gesellschaft bildender Künstler Wiens, Künstlerhaus (ab 1957, 1983 Ehrenmitglied); daneben erhielt er zahlreiche Auszeichnungen: 1957 Professorentitel, 1964 Baurat h. c., 1966 Ufficiale und 1972 Commendatore des Ordine al Merito della Repubblica Italiana, 1981 Goldener Lorbeer der Gesellschaft bildender Künstler Österreichs, Künstlerhaus, 1983 Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Weitere W. (s. auch Architektenlexikon): Wirtschaftskammer, 1953 (Wien 3); Österreichische Bodencreditbank, 1954 (Wien 1); Verwaltungsgebäude der Brown-Boveri-Werke, 1960 (Wien 10); ÖMV-Verwaltungsgebäude, 1964 (Schwechat).
L.: AKL; Czeike; ÖKL; Vollmer 5; O. Uhl, Moderne Architektur in Wien, 1966, S. 63; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert 2–3/1–3, 1983–2010, s. Reg.; C. Appel u. a., C. A. Architekt zwischen Gestern und Morgen, 1988; W. Chramosta, C. A. Architekt 1911–97, Wien 1997 (Ausstellungsfolder); H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005 (mit Bild); Architektur in Österreich im 20. und 21. Jahrhundert, 2006, s. Reg.; Architektur Wien, ed. A. Sarnitz, 2008, S. 93; Architektenlexikon Wien 1770–1945 (nur online, mit Bild und W., Zugriff 18. 3. 2017); ABK, Universität für angewandte Kunst, beide Wien.
(U. Prokop)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)