Arenberg, Louis (Alois) Prinz von (1837–1870), Offizier und Diplomat

Arenberg Louis (Alois) Prinz von, Offizier und Diplomat. Geb. Paris (F), 15. 9. 1837; gest. St. Petersburg (Sankt-Peterburg, RUS), 7. 5. 1870 (ermordet; begraben: Enghien, B). Sohn von Pierre d’Alcantara Prinz von Arenberg (geb. 2. 10. 1790; gest. 27. 9. 1877) und Alix-Marie Prinzessin von Arenberg, geb. Talleyrand-Périgord (geb. 4. 11. 1808; gest. 21. 9. 1842), Neffe 2. Grades von Ernest Engelbert Prinz von Arenberg (s. u.), Zwillingsbruder von Auguste Louis Prinz von Arenberg (geb. 15. 9. 1837; gest. 24. 1. 1924). – A. entstammte der französischen Nebenlinie des deutsch-belgischen Fürstenhauses Arenberg. Nach seiner Schul- und Hochschulbildung in Paris trat er 1859 in die k. k. Armee ein. 1859–60 diente er als Unterleutnant im 7. bzw. 2. Dragonerregiment „Windisch-Graetz“, 1860–63 im 1. Ulanenregiment „Civalart“, wo er zum Oberleutnant avancierte. A. zeichnete sich in der Kavallerieausbildung durch wissenschaftliches Vorwissen und Interesse aus. 1863 wurde er daher zur Weiterbildung an eine Kavallerieschule empfohlen. 1864 diente er jedoch als Rittmeister 2. Klasse im nunmehrigen 14. Dragonerregiment „Fürst zu Windisch-Graetz“. Im selben Jahr machte er sich im Deutsch-Dänischen Krieg nicht nur als Adjutant im Oberkommando der preußisch-österreichischen Armee sowie als Ordonnanzoffizier im Hauptquartier von Feldmarschall Friedrich Graf von Wrangel und Prinz Friedrich Karl von Preußen besonders verdient, sondern auch bei der intensiv geführten Hauptattacke in der Schlacht von Oeversee, bei der ihm sein Pferd unter dem Sattel erschossen wurde. Während des Kriegs nahm er archäologische Grabungen im Moor von Nydam in der Nähe von Sønderborg in Dänemark vor. Eines der Ausgrabungsfelder ist nach ihm benannt. Ab 1865 Rittmeister 1. Klasse, begann er 1867 nach seiner Kriegsdienstleistung im Deutschen Krieg 1866 einen Kurs am Militär-Zentral-Equitationsinstitut in Wien, den er jedoch nicht beendete, da er bereits 1868 dem Ministerium des Äußern zugeteilt wurde und den Posten des Militärattachés in St. Petersburg erhielt. 1869 wurde er zum Major ad honorem befördert und ins 2. Husarenregiment des Großfürsten Nikolaus übersetzt. Als Militärattaché bei der österreichischen Gesandtschaft in St. Petersburg 1868–70 befasste sich A. intensiv mit den russischen Streitkräften, ihrer Taktik und dem Ausbau des russischen Eisenbahnwesens. Er vertrat Österreich-Ungarn 1868 bei der Deklaration von St. Petersburg, einem völkerrechtlichen Vertrag zum Verbot von Sprenggranaten von einem Gewicht unter 400 g. Diese Deklaration war nach der 1. Genfer Konvention von 1864 eine der Grundlagen für die Entwicklung des humanitären Völkerrechts. 1870 wurde A. Opfer eines brutalen Raubmords: Sein ehemaliger Hausknecht Guri Schischkow und dessen Komplize Pjotr Grebennikow wurden beim Versuch, A.s Wohnung auszurauben, von diesem entdeckt, worauf sie ihn ermordeten. Die Obduktion der Leiche und die Geständnisse der Täter ließen am Tathergang nur wenig Zweifel offen, dennoch wurden bald Gerüchte um einen politischen Mord laut. Trotz intensiver Nachforschungen seitens der österreichischen Gesandtschaft in St. Petersburg erhärteten sich die Vermutungen, A. habe streng geheime und vertrauliche Unterlagen besessen, die von A.s Sekretär Rittmeister Johann Gaipl und seinem Militärattachékollegen in Paris →Alfred Uexküll-Gyllenband (s. u. Alexander Uexküll-Gyllenband) genährt wurden, nicht. A. erhielt u. a. 1864 das Militärverdienstkreuz mit Kriegsdekoration, den kgl. preußischen Kronen-Orden III. Klasse mit Schwertern, das großherzoglich mecklenburg-schwerinsche Militärverdienstkreuz sowie das Düppeler Sturmkreuz. Sein Onkel 2. Grades, der Major und Gutsbesitzer Ernest Engelbert Prinz von Arenberg (geb. Paris, 25. 5. 1777; gest. Wiesbaden, Großherzogtum Nassau/D, 20. 11. 1857), Sohn von Auguste Marie Raymond Prinz von Arenberg, Graf de La Marck (geb. 30. 8. 1753; gest. 26. 9. 1833) und Marie Augustine Prinzessin von Arenberg, geb. Le Danois, Marquise de Cernay (geb. 3. 9. 1757; gest. 12. 9. 1810), ab 1799 verheiratet mit Maria Theresia Gräfin von Windischgraetz (1774–1841) sowie ab 1842 mit der Lyrikerin Sophie Caroline Prinzessin von Auersperg (1811–1901), Sternkreuzordensdame und Palastdame der Kaiserin, entstammte einer Nebenlinie der Reichsfürsten von Arenberg. Von seiner Mutter erbte er reiche Güter in Frankreich, darunter die Herrschaft Raismes mit bedeutenden Steinkohlegruben. Er begann zunächst eine militärische Laufbahn in österreichischen Diensten. 1797 wurde er Oberstwachtmeister und Hauptmann im Infanterieregiment Nr. 39 „Nádasdy“ sowie Major im Infanterieregiment Nr. 37 „Erzherzog Johann“ und wechselte schließlich ins Infanterieregiment Nr. 28 „Frelich“. Seine militärische Karriere führte er bis 1803 in österreichischen Diensten fort, obwohl er 1800 in der Schlacht bei Marengo eine schwere Beinverletzung erlitten hatte, die später zur Amputation führte. 1803 nahm er die französische Nationalität an, um die Güter seiner Eltern in Frankreich vor der Sequestration zu retten. Damit verzichtete er auf alle mit seinem Stand als Reichsfürst verbundenen Rechte. In der Folge verkaufte er diese Güter jedoch mit Ausnahme von Raismes und reinvestierte das Geld in Güterankäufe in Böhmen, Mähren und der Steiermark. 1807 wurde die Herrschaft Widim-Kokořin nördlich von Prag, 1814 die Herrschaft Patschlawitz östlich von Brünn, mit der er auch das mährische Inkolat erwarb, und 1817 die Herrschaft Stadl östlich von Graz angekauft. Ein Haus am Rennweg in Wien und das Gut Kojátky in Mähren wurden von seiner Frau Maria Theresia erworben. 1814 und 1815 stand er kurzzeitig im Dienst eines Infanterieregiments des Königreichs der Vereinigten Niederlande. Damit beendete Ernest A. seine militärische Laufbahn endgültig und widmete sich fortan der Bewirtschaftung seiner Güter in Österreich und Frankreich. Immer wieder suchte er Heilung für sein Bein in zahlreichen europäischen Badeorten. 1835 kaufte er ein Weingut in Longare, südöstlich von Vicenza. Zusammen mit seiner zweiten Frau erwarb er ein Palais auf der Landstraßer Hauptstraße in Wien. Ernest A. publizierte 1824 das militärische Werk „L’art de la fortification“. Er verstarb auf Reisen.

L. (teilweise auch für Ernest Prinz v. A.): G. Martin, Histoire et généalogie des maisons de Ligne et d’A. 2, 2003, S. 141ff.; HHStA, KA, beide Wien; Archives d’A., Enghien, B. – Ernest Prinz v. A.: P. Neu, Die Arenberger und das Arenberger Land 5, 2001, S. 306ff.; P. Neu, in: Europäischer Adel als Unternehmer im Industriezeitalter, ed. M. Rasch – P. K. Weber, 2017, S. 76; AVA, Kloster der Heimsuchung Mariä, beide Wien.
(V. Hyden-Hanscho)  
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)