Arnberger, Erik (1917–1987), Kartograph, Geograph und Speläologe

Arnberger Erik, Kartograph, Geograph und Speläologe. Geb. Wien, 22. 4. 1917; gest. ebd., 25. 8. 1987; röm.-kath. Lehrersohn, verheiratet mit der Sportlerin, Geographin und Kartographin Hertha Jurczak, geschiedene Pelinka (geb. Wien, 5. 6. 1920). – Nach Besuch des Realgymnasiums und des Lehrerseminars der Schulbrüder in Strebersdorf studierte A. ab 1937 Geographie, Meteorologie und Geologie an der Universität Wien, musste kriegsbedingt 1940 unterbrechen und konnte erst nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft 1946 fortsetzen; 1948 Dr. phil. A. begann 1937/38 mit einschlägiger beruflicher Tätigkeit in der „P-Stelle“ der 1931 gegründeten Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft in Wien, wo er Mitarbeiter in der von Wilhelm Krallert geleiteten Kartographieabteilung war. 1947–51 als wissenschaftlicher Sachbearbeiter in der Kommission für Raumforschung und Wiederaufbau der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) tätig, wechselte er 1951 als Hauptreferatsleiter in das Statistische Zentralamt Wien, wo er v. a. mit topographischen und kartographischen Auswertungen betraut war und mit dem topographischen „Ortsverzeichnis von Österreich“, 1965, ein Dokument für die räumlichen Grundbezüge der Siedlungsstruktur schuf. Ab 1965 leitete er die Abteilung für Sozial- und Wohnbaustatistik, parallel dazu unterrichtete er 1946–47 Wirtschaftsgeographie an der Handelsakademie in Wien, 1955–66 Wirtschaftsgeographie und -kartographie an der Hochschule für Welthandel in Wien und 1961–63 thematische Kartographie an der Universität Wien. Daneben übernahm er 1951–58 die wissenschaftliche und technische Leitung der Herausgabe des „Atlas von Niederösterreich und Wien“. 1963 Universitätsdozent für Geographie, ab 1971 auch für Kartographie, 1966 ao. Prof., 1968 o. Prof., wurde A. 1969 Vorstand des Geographischen Instituts der Universität Wien. Zu seinen Verdiensten zählte 1971 der Aufbau der Kartographie als Studienrichtung; 1983 emeritiert. 1969 wurde A. mit der Gründung des Instituts für Kartographie der ÖAW betraut, das er bis 1985 leitete und an dem er 1978 die Abteilung Satellitenkartographie initiierte. Sein „Handbuch der thematischen Kartographie“, 1966, gehört zu den ersten deutschsprachigen Lehrbüchern in diesem Bereich. Durch sein Wirken wurde Wien zu einem Zentrum wissenschaftlicher Kartographie. Ebenso übernahm A. die kartographische Leitung des 1960–80 von →Hans Bobek herausgegebenen „Atlas der Republik Österreich“, 1970 organisierte er die 1. Kartographische Dreiländertagung (Deutschland, Österreich, Schweiz) in Wien. A. war neben seiner beruflichen Laufbahn als international anerkannter Spezialist für thematische Kartographie auch einer der letzten klassischen Forschungsreisenden und Entdecker des 20. Jahrhunderts. 1954 entdeckte er das Edelweißlabyrinth in der Dachstein-Mammuthöhle, 1960 veröffentlichte er seine erste Monographie „Korsika. Die Landschaften einer Mittelmeerinsel" (gemeinsam mit seiner Frau). Als Krönung von mehr als 15 Jahren Forschung mit teilweise topographisch neuen Aufnahmen zahlloser tropischer Inseln im Indischen und Pazifischen Ozean – gemeinsam mit seiner Ehefrau – erschien 1988 posthum „Die tropischen Inseln des indischen und pazifischen Ozeans" (2. Aufl. 1993, englisch 2001). Sein Hauptwerk stellt die Enzyklopädie „Kartographie und ihre Randgebiete“ (6 Bde., 1975–89, gemeinsam mit I. Kretschmer) dar. Außerdem befasste sich A. neben Agrargeographie, Geomorphologie, Kartographie und Länderkunde mit der inhaltlichen Gestaltung von Schulatlanten sowie mit Hochgebirgsforschung und -kartographie. Als begeisterter Bergsteiger engagierte er sich ab 1947 als Mitglied – 1972 als 1. Vorsitzender – im Österreichischen Alpenverein, insbesondere in der Jugendarbeit und ab 1967 als Mitglied in deren Kartographie-Ausschuss. Ab 1953 Mitglied der Österreichischen Geographischen Gesellschaft (1975–78 Präsident) und 1961–85 Vorsitzender ihrer kartographischen Kommission, fungierte er 1966–74 als Schriftleiter der „Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft“. Ab 1968 außerordentliches Mitglied der statistischen Zentralkommission des Österreichischen Bundeskanzleramts, war A. Gründungsmitglied der Internationalen Kartographischen Vereinigung, 1970–76 korrespondierendes Mitglied und später auch Arbeitsgruppenvorsitzender an der Akademie für Raumforschung und Landesplanung in Hannover sowie ab 1970 korrespondierendes Mitglied der Deutschen geodätischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Als Mitarbeiter in zahlreichen Akademiekommissionen wurde er 1968 zum korrespondierenden und 1971 zum wirklichen Mitglied der ÖAW gewählt, war Ehrenmitglied der Ungarischen Geographischen Gesellschaft, der Geographischen Gesellschaft der DDR und ab 1987 der Deutschen Gesellschaft für Kartographie. 1982 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle an der Saale. 1981 übernahm er den Vorsitz im Österreichischen Nationalkomitee des Programms Men and Biosphere der UNESCO. A. erhielt 1971 das Ehrendoktorat der Universität Bonn, 1978 die Silberne Carl-Ritter-Medaille der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin und 1985 die Franz von Hauer-Medaille der Österreichischen Geographischen Gesellschaft.

Weitere W.: s. Almanach; Kinzl; Kretschmer; Mayer.
N.: Almanach Wien 138, 1988, S. 407–418 (m. W.); O. Nestroy, in: Unsere Heimat 59, 1988, H. 1, S. 40f.
L.: Czeike; H. Kinzl, E. A. – 60 Jahre, in: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft 119, 1977, S. 241–260 (m. B. u. W.); Beiträge zur theoretischen Kartographie (FS für E. A.), ed. I. Kretschmer, 1977 (m. B. u. W.); F. Mayer, E. A. (1917–1987). Das Lebenswerk eines großen österreichischen Geographen und Kartographen, in: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft 129, 1987, S. 233–263 (m. W.); E. Lichtenberger, A. als Geograph, ebd. 131, 1989, S. 231–234; O. Schnabel, E. A., 2001 (nur online, m. B. u. L.); Österreich in der Welt, die Welt in Österreich ..., ed. I. Kretschmer – G. Fasching, 2006, S. 59 (m. B. u. L.); Materialiensammlung ÖBL (m. B.), UA, beide Wien.
(W. Kainrath)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)