Ascher, Leo (1880–1942), Komponist und Rechtsanwalt

Ascher Leo, Komponist und Rechtsanwalt. Geb. Wien, 17. 8. 1880; gest. New York, NY (USA), 25. 2. 1942; mos. Sohn eines Regenschirmmachers, Vater von →Franzi Ascher(-Nash). – A. zeigte früh musikalisches Talent und komponierte bereits im Alter von 13 Jahren sein erstes Klavierstück. Auf Wunsch seines Vaters studierte er ab 1898 Jus an der Universität Wien (1904 Dr. jur.). Parallel dazu verfolgte er am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien eine Ausbildung in Klavier bei Hugo Reinhold und Louis Thern sowie in Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition bei →Stefan Stocker und →Robert Fuchs. Zudem nahm er privat Kompositionsunterricht bei →Franz Schmidt. Ab 1905 widmete sich A. ganz dem musikalischen Schaffen, dessen Schwerpunkt das Operettengenre werden sollte. Bereits sein erstes Bühnenwerk, die 1905 im Theater an der Wien uraufgeführte Operette „Vergeltsgott“, erlebte 69 Vorstellungen. Sein erfolgreichstes Stück, die 1912 am Wiener Raimundtheater herausgebrachte Operette „Hoheit tanzt Walzer“ (Text: Julius Brammer und Alfred Grünwald), brachte es auf über 2.500 Reprisen, der 1916 am Neuen Operettenhaus in Berlin uraufgeführte „Soldat der Marie“ wurde 800 Mal en suite gegeben. Bevor A. dieser Wurf gelang, musste er allerdings mit Werken wie „Spitzbub & Co“, „Die arme Lori“ (beide 1909), „Das goldene Strumpfband“ und „Der Lockvogel“ (beide 1912) auch erfolglose Uraufführungen hinnehmen. Neben den insgesamt 32 Operetten machte sich A. zudem als Komponist von Filmmusiken und (Wiener) Liedern einen Namen, den Schlager lehnte er hingegen strikt ab. Eine Zäsur im Leben A.s bedeutete die deutsche Besetzung Österreichs und damit die Machtübernahme der Nationalsozialisten, die zu seiner Inhaftierung während der „Reichskristallnacht“ führte. Nach der Entlassung entschloss er sich gemeinsam mit seiner Frau Eleonore (Luise) Ascher, geb. Frankl, und seiner Tochter zur sofortigen Emigration. Über England und Frankreich gelangte er im Dezember 1939 in die USA, wo er als Rechtsanwalt v. a. im Bereich des Urheberrechts erfolgreich tätig war. Da A. für seine Werke, die unter dem nationalsozialistischen Regime weiterhin aufgeführt wurden, keine Tantiemen mehr erhielt, verbrachte er seine letzten Lebensjahre in ärmlichen Verhältnissen. In den USA komponierte er v. a. patriotische Lieder und Stücke für Kinder. Sein musikalischer Nachlass wird im Leo Ascher Centre of Operetta Music an der Millersville University in Pennsylvania aufbewahrt.

Weitere W.: s. Grove; F. Stieger, Opernlexikon 2/1, 1977.
L.: Czeike (m. B.); Grove, 2001 (m. W.); Hdb. der Emigration 2; Jb. der Wr. Ges.; Müller; Wer istʼs?, 1935; Wininger; S. Lang, Lexikon österreichischer U-Musik-Komponisten im 20. Jahrhundert, 1986; W. Pass u. a., Orpheus im Exil, 1995, S. 230f.; E. Weissweiler, Ausgemerzt! Das Lexikon der Juden in der Musik und seine mörderischen Folgen, 1999, s. Reg.; Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, IKG, Materialiensammlung ÖBL, UA, alle Wien.
(R. Wiesinger)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)