Auerhan, Jan; Ps. J.A. Tetřev (1880–1942), Geograph und Statistiker

Auerhan Jan, Ps. J. A. Tetřev, Geograph und Statistiker. Geb. im Jägerhaus bei Skala, Bez. Humpoletz, Böhmen (Skála, CZ), 2. 9. 1880; gest. Prag, Protektorat Böhmen und Mähren (Praha, CZ), 9. 6. 1942 (hingerichtet). Sohn des Forstbeamten Johann Auerhan (1840–1933). – Nach Besuch des Gymnasiums in Deutschbrod (Havlíčkův Brod) studierte A. ab 1898 Jus an der tschechischen Universität Prag; 1904 Dr. jur. Er absolvierte ein Praktikum beim Landesgericht, ab 1906 arbeitete er in einem statistischen Landesbüro. Bald begann er seine Reisetätigkeit zur Erforschung der europäischen nationalen Minderheiten, insbesondere der Tschechen und Slowaken: 1907 und 1908 in das Banat und nach Kroatien, 1909 nach Polen (Zelów) und Bosnien, 1912 nach Schlesien, 1913 bis an das Schwarze Meer, auf die Krim und in den Kaukasus. 1914 in den Kriegsdienst eingezogen, konnte er schwer krank erst im Juli 1918 heimkehren. Nach 1918 beteiligte sich A. an der Gründung des Státní úřad statistický (SÚS, Statistisches Landesamt) der Tschechoslowakei (1921 Ministerialrat, ab 1926 Fachvorstand und Vizepräsident, 1929–39 Präsident). Auch hier galt sein Interesse den tschechischen und slowakischen Minderheiten im Ausland, worüber er mehrere bedeutende Studien verfasste, darunter „Osady českých emigrantů v Prusku, Polsku a Rusku“, 1920, „Die sprachlichen Minderheiten in Europa“, übersetzt von Jan Langner, 1926, und „Pokus o demografii zahraničních Čechů“, 1936. Daneben beschäftigte ihn die Minderheitenproblematik u. a. der Lausitzer Sorben, der Rätoromanen und der Kelten. Im Bereich der Statistik forschte A. über die Waldverhältnisse in Mähren, Schlesien, in der Slowakei und in der Podkarpatská Rus (Transkarpatien, heute Teil der Ukraine), erfasste statistisch die Anzahl öffentlicher Einrichtungen wie Bibliotheken, Museen oder Theater in Böhmen und befasste sich ab Mitte der 1930er-Jahre vermehrt mit demographischen Fragen (darunter Studien zur Körpergröße der tschechoslowakischen Wehrpflichtigen und deren Verhältnis zu ihrer geographischen Herkunft sowie Untersuchungen zu Veränderungen beim Lebensalter der Bevölkerung). Ab 1929 Vorsitzender des Československý ústav zahraniční (Tschechoslowakisches Außeninstitut), habilitierte er sich 1930 an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Karls-Universität für Anthropogeographie und hielt zahlreiche ethnographische Vorträge. 1937 krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt, arbeitete er über die Problematik der Eingliederung ausländischer Tschechen und Slowaken, konnte diese Untersuchungen jedoch nicht vollenden. A., der als Patriot galt und Kontakte zu Widerstandsgruppen unterhielt, wurde am 6. Juni 1942 in seiner Wohnung verhaftet und drei Tage später auf dem Schießplatz von Kobylisy hingerichtet. 1947 wurde er posthum zum Professor an der Universität Prag ernannt. Gelegentlich war er auch dichterisch tätig. A. war u. a. Mitglied des Institut International de Statistique und der Československá akademie zemědělská (Tschechoslowakische Landwirtschaftliche Akademie).

Weitere W.: s. České Biografie; Hůrský. – Nachlass: Náprstkovo muzeum Praha, CZ.
L.: Enc. Slovenska; Otto; České Biografie, red. B. Koutník, Ser. 1, 1936 (m. W.); Whoʼs Who in Central and East-Europe 1935/36, ed. S. Taylor, 2. Aufl. 1937; J. Korčák, Vědecká činnost presidenta doc. Dra. J. A., in: Statistický obzor 21, 1940, S. 167–176; ders., in: Sborník Československé společnosti zeměpisné 50, 1945, S. 50–53; ders., Památce J. A., in: Statistický obzor 27, 1946, S. 4–8; J. Hůrský, Univ. doc. Dr. J. A.: život a dílo, 1946 (m. W.); ders., J. A., in: Český lid 1, 1946, S. 46; V. Häufler, Dějiny geografie na Univerzitě Karlově 1348–1967, 1968, S. 165, 389; J. Podzimek, Biografický slovník české statistiky, 1993; J. Martínek – M. Martínek, Kdo byl kdo – naši cestovatelé a geografové, 1998; Dějiny Univerzity Karlovy 4, 1999, S. 57, 176, 180; J. Tomeš u. a., Český biografický slovník XX. století 1, 1999; Biografický slovník českých zemí 1, 2004; Ottova encyklopedie Česká republica 5, 2006; Lidová kultura. Národopisná encyklopedie Čech, Moravy a Slezska. Biografická část, ed. R. Jeřábek, 2007; J. Martínek, Geografové v českých zemích 1800–1945 (biografický slovník), 2008 (m. B. u. L.); UA, Praha, CZ.
(J. Martínek)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)