Auersperg, Johann Baptist Gf. von (1745–1816), Generalvikar und Propst

Auersperg Johann Baptist Gf. von, Generalvikar und Propst. Geb. Wien, 28. 2. 1745; gest. Olmütz, Mähren (Olomouc, CZ), 3. 3. 1816; röm.-kath. Sohn des Herzogs zu Münsterberg und Frankenstein in Schlesien Heinrich Josef Fürst von Auersperg (geb. Wien, 24. 6. 1697; gest. ebd., 9. 2. 1783) und dessen zweiter Frau Maria Franziska von Trautson Reichsgfn. zu Falkenstein (geb. Wien, 11. 8. 1708; gest. ebd., 2. 4. 1761), Bruder von Fürstbischof, Kardinal Joseph Franz Anton Gf. von Auersperg (geb. Wien, 31. 1. 1734; gest. Passau, D, 21. 8. 1795). – Ab 1754 besuchte A. die Theresianische Ritterakademie in Wien, absolvierte dort die philosophischen Studien und wandte sich dann dem Theologiestudium zu. 1760 wurde er Domizellar im Hochstift Passau, 1766 Dr. theol., 1769 Mitglied des Geistlichen Rats von Passau, 1771 Domkapitular in Passau und wirklicher Geheimer Rat, 1788 infulierter Propst des Stifts St. Salvator im heutigen Passauer Stadtteil Ilzstadt. 1789 ernannte ihn sein Bruder zum Generalvikar und Offizial. A., der durch seine Aktivitäten am fürstbischöflichen Hof von Passau als Konsistorialrat, Beisitzer der Studienkommission und Vorsitzender des Armeninstituts sowie Vizepräsident der geheimen Kabinettssitzungen bereits frühzeitig für die Bistumsverwaltung prädestiniert war, gehörte zum aufgeklärten Kreis, der positive und konstruktive Reformen in Kirche und Gesellschaft anstrebte. Nach der Säkularisierung des Fürstbistums Passau (1803) durch den Reichsdeputationshauptschluss bestellte ihn Fürstbischof Leopold Leonhard Gf. von Thun und Hohenstein zum Leiter der Diözesangeschäfte mit allgemeiner Vollmacht, womit er die Diözese nach der Übersiedlung Thuns nach Böhmen de facto führte. Obwohl er sich gegenüber der bayerischen Regierung diplomatisch verhielt, schränkte diese durch eigenmächtige Pfarreibesetzungen seine Befugnisse ein. Außerdem blieben Entschädigungen für säkularisierte Domkapitelgüter jahrelang aus, sodass sich A. 1806 auf seine Dompräbende in Olmütz zurückzog, nominell aber Generalvikar für Passau und Propst von St. Salvator blieb. Daneben befasste er sich mit philosophischen, juristischen und volkswirtschaftlichen Forschungen und veröffentlichte dazu Übersetzungen und eigene Publikationen. Besonders interessierten ihn biologisch-landwirtschaftliche Fragestellungen in Bezug auf Ackerbau und Viehzucht. Ein Schwerpunkt seiner Untersuchungen galt der Behandlung von Baum- und Pflanzenkrankheiten. Von seinen diesbezüglichen Veröffentlichungen ist u. a. „Die Krankheiten der Bäume, derselben Kennzeichen, Ursachen und Heilung“, 1. Aufl. 1779, 2. Aufl. 1809, besonders hervorzuheben. A. war Mitglied zahlreicher naturwissenschaftlicher Vereinigungen, u. a. der Gesellschaft der Naturforschenden Freunde zu Berlin, und ab 1783 Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München.

Weitere W. (s. auch Gatz; Baader; Gelehrten-Lexikon): Übersetzung der Predigten von Rousseau de la Parisière, 1765; Die geistlichen Gesetze aus der Heiligen Schrift hergeleitet, 1773; Bedenken über die Gaßnerische Curen, die er mit Acatholicis vornimmt, 1775; Betrachtungen über das katholische Kirchenrecht, 1782; Ueber die Freundschaft, 1789; Katholische Geistliche Gesetze, 1800; Moralischer Staats-Katechismus in Fragen und Antworten, 1802; Glaubens- und Sittenlehre Jesu, 1812.
L.: DBE; Gatz, Bischöfe (m. W. u. L.); C. A. Baader, Das gelehrte Bayern oder Lexikon aller Schriftsteller, welche Bayern im 18. Jahrhundert erzeugte oder ernährte, 1804 (m. W.); Gelehrten-Lexikon der katholischen Geistlichkeit Deutschlands und der Schweiz, ed. F. K. Felder, 1, 1817 (m. W.); K. Baumgartner, Die Seelsorge im Bistum Passau zwischen barocker Tradition, Aufklärung und Restauration, 1975, s. Reg. (m. L.); M. Preinfalk, Auersperg, Geschichte einer europäischen Familie, 2006, S. 492f.; Zgodovinski arhiv Ljubljana, SLO; Materialiensammlung ÖBL, UA, beide Wien.
(R. K. Höfer)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)