Auředníčková, Anna; geb. Schik (1873–1957), Übersetzerin und Schriftstellerin

Auředníčková Anna, geb. Schik, Übersetzerin und Schriftstellerin. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 22. 1. 1873; gest. Praha, ČSSR (CZ), 19. 7. 1957. Tochter von →Ignaz Schik; 1891 Heirat mit dem Anwalt Zdenko Auředníček (1864–1932). – A. absolvierte die von →Josef Heinrich eingerichtete Volksschule für Knaben und Mädchen in Prag-Zderaz (Pražské Nové Město), wo u. a. →Rainer Maria Rilke und Friedrich Werner van Oesteren ihre Mitschüler waren. Anschließend besuchte sie sechs Jahre lang eine Privatschule in Dresden, wo sie in Kunstgeschichte, Literatur, Musik sowie in Deutsch, Englisch und Französisch unterrichtet wurde. Nach ihrer Rückkehr nach Prag betrieb sie Privatstudien zur tschechischen Sprache, Literatur, Kunst, Geschichte und Musik bei Jindřich Kàan z Albestů und →Karel Knittl. Mit Hilfe ihres Vaters knüpfte sie zahlreiche Kontakte zu tschechischen Schriftstellern und Künstlern. 1894 übersiedelte sie mit ihrem Mann nach Kuttenberg (Kutná Hora), wo dieser das Anwaltsbüro seines kranken Vaters übernahm. 1899 verteidigte Zdenko A. den eines Ritualmords beschuldigten Leopold Hilsner. Im Verlauf des von antisemitischen Ausfällen geprägten Prozesses verlor er seine Klientel, weshalb die Familie 1901 nach Wien übersiedelte. Während dieser Zeit entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft der Familie mit →Thomas Masaryk, der sich ebenfalls für Hilsner einsetzte. Da sich die Kanzlei ihres Mannes erst im Aufbau befand, begann A. mit Übersetzungen aus dem Französischen, Englischen und vor allem aus dem Tschechischen. Durch ihre Tätigkeit, die sie nach dem 1. Weltkrieg noch ausweitete – ihre Übersetzungen erschienen auch in Deutschland und in der Schweiz – wurden tschechische Autoren wie z. B. →Karel Čapek im deutschen Sprachraum bekannt. Außerdem unterstützte A. tschechische Künstler in Wien durch die Vermittlung von Vorträgen, Konzerten, Ausstellungen etc. Ihr Haus wurde zu einem Treffpunkt für Künstler und Politiker wie Masaryk, →Kamil Krofta oder →Oskar Nedbal. 1938 kehrte sie mit ihrer Tochter in die Tschechoslowakei zurück. 1942 wurde sie aus „rassischen Gründen“ in das Ghetto Teresienstadt (Terezín) deportiert. Dort war sie in der Alten- und Krankenpflege tätig und nahm auch an verschiedenen kulturellen Veranstaltungen teil. Nach Ende des 2. Weltkriegs nach Prag zurückgekehrt, nahm sie ihre Übersetzungstätigkeit wieder auf, wobei sie sich vermehrt der Kleinpublizistik und der Rundfunkberichterstattung für Tschechen im Ausland widmete. Sie befasste sich thematisch in ihren Werken vor allem mit der tschechischen Kultur, Erinnerungen an die Kindheit sowie mit bekannten Persönlichkeiten in Prag und Wien. Nach 1948 wurden ihr diese Tätigkeiten untersagt. A. war in zahlreichen Kultur-, Wohltätigkeits- und Frauenvereinigungen wie der Matice česká, beim Roten Kreuz, in der Frauenliga für Frieden und Freiheit, im Bund der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen etc. aktiv. Sie wurde mit dem tschechischen Orden des Weißen Löwen ausgezeichnet.

W.: Dreißig tschechische Erzähler, 1932 (2. Aufl. 1933); Tři léta v Terezíně, 1945. – Übersetzungen: K. Čapek, Das Absolutum oder die Gottesfabrik, 1924 (weitere Aufl. 1976, 1990); E. Vachek, Die Hühnersteige, 1935; E. Pisko, Jak se čtou české noviny? / Wie liest man eine tschechische Zeitung?, 1935; Ch. Masaryk. Ein Gedenkbuch, 1936; E. Vachek, Der Mann an der Grenze, 1947; ders., Der Krug geht so lange zum Brunnen …, 1948; F. Běhounek, Meuterei auf der „Bounty“ und andere Robinsonaden, 1949; A. Jirásek, Philosophische Geschichte, 1952; K. J. Beneš, Das verzauberte Haus, 1955; E. Vachek, Ich lebte mit einer Fremden, 1955; etc.
N.: Literární noviny 30, 1957, S. 2.
L.: Lidové noviny, 16. 1., 23. 1. 1938; Práce, 23. 2. 1946; Otto, Erg.Bd.; Nový velký ilustrovaný slovník naučný 2, 1929; Kürschners Deutscher Literatur-Kalender, 1932; Kulturní adresář ČSR, 1934; A. A., O mé práci, in: Ženský obzor 28, 1936, Nr. 7–8, S. 80f.; Československo – Biografie 1, Ser. 15, 8. 3. 1938; O. Sedlmayerová, Tichá pracovnice na velkém díle. K pětašedesátinám paní A. A., (1938); H. Klínková, A. A. – český konzul ve Vídni, in: Tvar, 1998, Nr. 7, S. 14 (m. B.); Biografický slovník českých zemí 1, 2004.
(H. Klínková)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)