Barvins'kyj, Volodymyr Hryhorovyč; Ps. Vasylʼ Barvinok, Vasylʼ B., Rymydovyč, Rymydolov (1850–1883), Publizist, Schriftsteller und Funktionär

Barvinsʼkyj Volodymyr Hryhorovyč, Ps. Vasylʼ Barvinok, Vasylʼ B., Rymydovyč, Rymydolov, Publizist, Schriftsteller und Funktionär. Geb. Szlachcińce, Galizien (Šljachtynci, UA), 25. 2. 1850; gest. Lemberg, Galizien (Lʼviv, UA), 3. 2. 1883; griech.-kath. Sohn des griechisch-katholischen Geistlichen Hryhorij Barvinsʼkyj (1802–1880), Bruder von →Oleksandr Barvins’kyj sowie des Geistlichen und Schriftstellers Osyp Barvinsʼkyj (geb. Szlachcińce, 29. 9. 1844; gest. Serwery, Galizien / Syrovary, UA, 8. 2. 1889). – B. besuchte 1861–67 das Gymnasium in Tarnopol und maturierte 1868 in Lemberg. 1869–72 studierte er ebendort Jus und arbeitete anschließend in mehreren Anwaltskanzleien der Stadt. 1868 Mitbegründer der Gesellschaft Prosvita und Autor zahlreicher populärer Werke für dieselbe, etablierte er sich schnell als wichtige Figur der galizischen sogenannten narodovci („Volkstümler“). Hier wirkte er auch an der Entstehung des Kults um den ukrainischen Nationaldichter Taras Ševčenko in Galizien mit. B. gilt als Vordenker einer ruthenisch-ukrainischen Variante der „organischen Arbeit“, eines von polnischen Positivisten geprägten Programms, das den „nationalen Organismus“ durch legale Methoden (Bildungs- und Aufklärungsarbeit, besonders in ökonomischer Hinsicht) im bestehenden Staatswesen stärken sollte. 1880 organisierte er die erste ukrainische Volksversammlung in Lemberg. Neben seiner Organisationstätigkeit im ruthenisch-ukrainischen Vereinswesen war er (gemeinsam mit seinen Brüdern Oleksandr und Osyp) Mitautor des politischen Programms der narodovci. In publizistischer Hinsicht ist seine Tätigkeit als Redakteur der Zeitschrift „Pravda“ (1876–80) sowie des politischen Blatts „Dilo“ (1880–83) erwähnenswert. Letzteres gründete er unter Beteiligung seines Bruders Oleksandr selbst mit. In diesen Organen publizierte er zu ökonomischen, statistischen, politischen, literarischen und kirchlichen Themen. Seine Artikel zur Statistik gelten als erste wissenschaftliche ruthenisch-ukrainische Auseinandersetzung mit der habsburgischen Umgangssprachenstatistik und wurden 1901 von der Ševčenko-Gesellschaft der Wissenschaften in einem Band zusammengefasst und nachgedruckt („Dosljidy z polja statystyky“, 1901, kommentierte Neuausgabe 1993). B. verfasste auch zahlreiche Gedichte und kürzere Erzählungen, die er u. a. in der Literaturzeitschrift „Zorja“, in der „Pravda“ sowie in den Organen der Prosvita veröffentlichte. Die Motive seiner realistischen Erzählungen schließen direkt an seine Bildungs- und Aufklärungstätigkeit an, wenn er etwa gegen Alkoholkonsum und Analphabetismus auftritt, wie beispielsweise im Roman „Tryjcjatʼ lět tverezosty“ (1876). Der jung verstorbene B. unterhielt enge Kontakte zu zentralen Akteuren der ukrainischen Nationalbewegung inner- und außerhalb des Zarenreichs, darunter zu Mykola Kostomarov, Mychajlo Drahomanov und Pantelejmon Kuliš. Er war außerdem Mitglied des Stauropegial-Instituts, der Ruthenischen Pädagogischen Gesellschaft und der Ševčenko-Gesellschaft in Lemberg. Nach seinem Ableben richtete die Prosvita einen nach ihm benannten Stipendienfonds ein.

Weitere W. (s. auch Naukove tovarystvo imeni Ševčenka): Vekselʼ y lychva – naša bida!, 1875; Skošenyj cvit, 1877; Beztalanne Svatan’je, 1880; V stolětni rokovyny vstuplenja na avstrijskij prestol cěsarja Iosyfa II ..., 1880.
L.: D. Tanjačkevyč, Propovid vyhološena na dny 2. (14.) Maja 1883. pid čas pomynalʼnoho bohosluženja za ... V. B. ..., 1883; Spomynky pro žytje i dějal’nist’ V. B., 1884 (mit Bild); D. Tanjačkevyč, Propovid vyhološena na dny 21. Sičnja (2. ljut.) 1884. pid čas pomynalʼnoho bohosluženja za ... V. B. ..., 1884; Encyklopedija istoriji Ukrajiny 1, 2003; Naukove tovarystvo imeni Ševčenka. Encyklopedija 1, 2012 (mit Bild und W.); Frankivs’ka Encyklopedija 1, 2016 (mit Bild); L’vivs’ka nacional’na naukova biblioteka im. V. Stefanyka, L’viv, UA.
(M. Rohde)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)