Bauer, Bruno (1880–1938), Architekt

Bauer Bruno, Architekt. Geb. Wien, 30. 11. 1880; gest. London (GB), 21. 12. 1938; mos. Aus einer Großindustriellenfamilie stammend. – Nach Besuch der Oberrealschule in Prag studierte B. an der dortigen deutschen TH; 1905 2. Staatsprüfung, 1907 Dr. techn. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Assistent an dieser Hochschule und als Bauleiter bei der Vintschgaubahn Meran–Mals machte er sich 1908 selbstständig und erwarb 1910 die Baumeisterkonzession. In den Folgejahren widmete sich B. v. a. der Projektierung von Industrieanlagen (u. a. Eisengießerei Max Friedmann, 1913, Wien 2). Zwischen 1908 und 1933 entwickelte er eine neue Eisenbetontechnologie, für die er rund 120 Patente anmeldete und die es ihm ermöglichte, den modernsten Ansprüchen im Industriebau gerecht zu werden. Während des 1. Weltkriegs als Landsturm-Ingenieur eingesetzt, projektierte B. die wichtigsten staatlichen Fabriken für die Pulver- und Sprengmittelversorgung (z. B. die Salpeterfabrik Blumau, 1914–15; die Nitrozellulosefabrik Benzol, Sollenau, 1915–16). Seine Tätigkeit im Industriebau konnte B. auch nach dem Weltkrieg für private Auftraggeber fortsetzen (Schuhfabrik Bally, 1924, Wien 15). Der strukturellen Exaktheit der Innenräume seiner Fabriksbauten entsprach die Gestaltung der Fassaden, wobei er die klaren Baustrukturen zumeist mithilfe modifizierter neoklassizistischer Formen betonte. Bei einigen Fabriken errichtete er auch beispielgebende Arbeiterwohnhäuser, z. B. für die Elin-Werke, 1920–21 (Weiz). Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland und der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1938 flüchtete er nach London. B., der als einer der zukunftsweisenden Industriearchitekten seiner Zeit galt, war Mitglied zahlreicher Vereinigungen, so ab 1907 des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, ab 1913 der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, ab 1926 des Niederösterreichischen Gewerbevereins. 1914 wurde er Baurat, 1916 Ritter des Franz Joseph-Ordens.

Weitere W. (s. auch Architektenlexikon): Baumwollspinnerei, 1908–10 (Teesdorf); Elektrizitätswerke Ericsson, 1913 (Wien 12, heute Firma Schrack); Firma Lüftschütz, 1913 (Wien 21); Elin-Union A.G., Fabriksgebäude, 1916–22 (Weiz); Maschinenfabrik Ernst Krause, 1937 (Wien 2); etc. – Publ.: Die europäische Wirtschaftskrise und die Mittel zu ihrer Bekämpfung, in: ZÖIAV 78, 1926; Die Entwicklung der Bauweise europäischer Fabriken und Begründung ihrer Rückständigkeit, ebd.; Richtlinien für systematische Grundrißlösungen und Rekonstruktion und Reorganisation von Industriebauten, ebd.; Das Zusammenwirken von Beton und Eisen im Eisenbetonstützenbau, (1932); Das Chaos im technischen Berufswesen, (1933); etc.
L.: AKL; Emődi; Jb. der Wr. Ges.; Die geistige Elite Österreichs, red. M. Klang, 1936; H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005 (m. B.); K. Renz, Industriearchitektur im frühen 20. Jahrhundert …, 2005, S. 20, 36f., 115; Architektenlexikon Wien 1880–1945, http://www.architektenlexikon.at/de/20.htm (m. W. u. L., nur online, Zugriff 1. 6. 2010).
(I. Scheidl)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)