Becziczka, P. Ambros (Anton) (1780–1861), Abt

Becziczka P. Ambros (Anton), OCist, Abt. Geb. Holitz, Böhmen (Holice, CZ), 27. 11. 1780; gest. Lilienfeld (Niederösterreich), 23. 12. 1861; röm.-kath. Sohn eines Hutmachers. – Durch seinen Onkel, den Lilienfelder Subprior Robert Kořiczek, wurde B. als Sängerknabe in das Stift Lilienfeld aufgenommen, wo er das Stiftsgymnasium besuchte und 1799 als Novize in den Zisterzienserorden eintrat. Im Anschluss daran studierte er in Lilienfeld und an der Hauslehranstalt in Heiligenkreuz Theologie; 1802 Profess, 1804 Priesterweihe in Wien. Danach war er Kooperator in Lilienfeld, ab 1806 in Annaberg und 1807–16 in Türnitz (mit Unterbrechung 1809–10, wo er als Landwehr-Feldkaplan fungierte), 1816 Pfarrer in Josefsberg, ab 1817 Kellermeister und Stiftsbibliothekar sowie Pfarrvikar in Annaberg, 1825 Wahl zum Abt (Benediktion durch Bischof →Josef Chrysostomus Pauer in St. Pölten). Für B. war die Priesterausbildung zeitlebens ein besonderes Anliegen. 1828–32 modernisierte er die Institutseinrichtungen an der theologischen Lehranstalt. 1831 erfolgte die Umwandlung des Sängerknabeninstituts in ein Gymnasium mit Öffentlichkeitsrecht. Darüber hinaus entfaltete er rege wirtschaftliche Aktivitäten, u. a. durch den Verkauf stiftseigener Güter. Daneben veranlasste er die Sanierung und den Wiederaufbau der mittelalterlichen Bauteile des Stifts, die 1810 durch Brand zerstört worden waren, wie der Josefikapelle (1836) und erweiterte die Bildergalerie. B., der u. a. mit →Johann Ladislaus Pyrker von Felső-Eőr eng befreundet war, galt als ein großer Förderer der Kirchenmusik sowie der Wissenschaften. Er beherrschte sechs Sprachen, verfasste religiöse und historische Schriften, wie u. a. die „Historisch-topographische Darstellung von Lilienfeld und seiner Umgebung“, 1825, oder „Historische und topographische Darstellung von der Stadt Salzburg“, 1829. Er setzte sich besonders für den Ausbau des Straßenzugs über Annaberg nach Mariazell ein. Großes Interesse entwickelte er für Botanik wie auch für alle Bereiche der Land- und Forstwirtschaft. Sein vielschichtiges botanisches Wissen verschaffte ihm unter den Fachgelehrten Europas großes Ansehen. Im Rahmen der Neugestaltung des Lilienfelder Stiftparks ließ er einen nach wissenschaftlichen Kriterien gestalteten botanischen Garten anlegen. Dazu importierte B. exotische Pflanzen und Bäume, u. a. die damals noch seltene Art Ginkgo biloba. Angeregt durch die Landwirtschafts-Gesellschaft veröffentlichte er 1829 in den „Verhandlungen der k. k. Landwirtschafts-Gesellschaft“ seine Schrift „Über die Natur und den Zustand der Ökonomie in dem Bezirke von Lilienfeld“. Im Zuge der von Rom initiierten Ordensreform (1848) unter dem apostolischen Delegaten →Friedrich Fürst zu Schwarzenberg (Primogenitur) wurde Lilienfeld wegen seiner zentralen Lage und seines guten Besitzstandes als Musterkloster vorgeschlagen. B. und sein Konvent widersetzten sich den von Rom ausgehenden Reformvorstellungen und lehnten dies ab. B. wurde mehrmals ausgezeichnet, u. a. war er kaiserlicher Rat, Mitglied der Landwirtschaftsgesellschaft und der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft und ab 1847 Ritter des Leopold-Ordens.

Weitere W.: s. Erdinger; Müller; Pirngruber.
L.: Lex. böhm. Länder; B. Neubauer, in: Hippolytus 6, 1863, S. 77; A. Erdinger, Bibliographie des Clerus der Diözese St. Pölten von der Gründung desselben bis auf die Gegenwart. 1785–1889, 1889, S. 20f. (m. W. u. L.); P. Tobner, Das Cistercienserstift Lilienfeld, 1891, S. 65, 114f.; Stift Lilienfeld 1202–1952, ed. M. Matschik u. a., 1952, S. 58f.; E. Müller, Profeßbuch des Zisterzienserstiftes Lilienfeld 38, 1996, S. 340f. (m. W. u. L.); K. F. Pirngruber, Abt A. B. und seine Zeit 1825–1861 ..., theol. DA Salzburg, 1997 (m. B., W. u. L.); E. Berger, Historische Gärten Österreichs 1, 2002, S. 354; Stiftsarchiv Lilienfeld, Niederösterreich; Materialiensammlung ÖBL, Wien; Mitteilung P. Andreas (Franz) Pirngruber, P. Martin Matschik, beide Lilienfeld, Niederösterreich.
(M. Petz-Grabenbauer)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)