Berger, Franz Ritter von (1841–1919), Architekt

Berger Franz Ritter von, Architekt. Geb. Neulerchenfeld, Niederösterreich (Wien), 30. 10. 1841; gest. Wien, 24. 4. 1919; röm.-kath. Sohn eines Pflasterermeisters, Schwiegervater von →Karl von Stigler. – B. brach sein Studium am Wiener Polytechnikum vorzeitig ab, um 1862 als Baupraktikant in den städtischen Dienst einzutreten. Dort absolvierte er eine erfolgreiche Beamtenlaufbahn, die mit der Ernennung zum Stadtbaudirektor (1883) ihren Höhepunkt fand. Sein Haupttätigkeitsfeld lag in der Planung und im Ausbau der städtischen Infrastruktur. Zunächst war B. mit der durchgreifenden Umgestaltung der Kanalisation (Kanalisierungsprojekte: 1871 Brigittenau, 1872 Favoriten, 1891 Donaustadt) und des städtischen Straßenwesens befasst. Er reformierte die Bauordnung und die städtische Feuerwehr, war für die Errichtung diverser Amts- und Schulhäuser, mehrerer Badeanstalten und auch von Großprojekten wie dem Zentralviehmarkt (1884) verantwortlich. Mit der Eingemeindung der Vororte wurden unter B.s Leitung neue Regulierungspläne erstellt (1894 General-Baulinienprojekt) sowie mit dem Bau neuer Verkehrsanlagen, wie der Stadtbahn, und der Regulierung des Wienflusses (1895–1903) sowie des Donaukanals (1893) mit den begleitenden Hauptsammelkanälen begonnen. B. projektierte und leitete Ausbau und Elektrifizierung der Straßenbahn, die Errichtung industrieller Hochbauten (1893 städtische Gaswerke, 1900 Elektrizitätswerke) sowie des städtischen Versorgungsheims in Wien 13 (1902) und war maßgeblich für die Erweiterung der 1. und die Erbauung der 2. Hochquellenwasserleitung verantwortlich. Als anerkannter Experte hielt B. zahlreiche fachspezifische Vorträge und wirkte in vielen Körperschaften und Ausschüssen als Sachverständiger mit, etwa im Wasserstraßenbeirat des Handelsministeriums. Aufgrund seines ausgezeichneten Rufes wurde er 1908 als Sektionschef in das neu gegründete Ministerium für öffentliche Arbeiten berufen. Für seine vielfältigen Tätigkeiten erhielt er zahlreiche Ehrungen (u. a. Ehrendoktorat der TH Wien, 1906), Anerkennungen (Oberbaurat 1893) sowie in- und ausländische Orden (Orden der Eisernen Krone III. Klasse, 1895, Komtur des Franz Joseph-Ordens mit dem Stern, 1910, Offizierskreuz des belgischen Leopold-Ordens, 1896, Offizier der französischen Ehrenlegion, 1905). B. war ab 1866 Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins und mehrmals dessen Präsident, ab 1885 Mitglied des niederösterreichischen Gewerbevereins.

Weitere W. (s. auch Architektenlexikon): Lagerhaus-Magazinbauten am Donaukanal, 1878; Städtische Ziegelei, 1904; etc. – Publ.: Mitteilungen über die Verfassung des Detailprojektes der 2. Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung, in: ZÖIAV 55, 1903; etc.
N.: NFP, 25. 4. 1919; M. Paul, in: ZÖIAV 71, 1919, S. 245f.
L.: AKL; Czeike; Die Wr. Ringstraße 11; FS 100 Jahre Stadtbauamt 1835–1935, 1935, S. 45f.; M. Wehdorn – U. Georgeacopol-Windischhofer, Baudenkmale der Technik und Industrie in Österreich 1, 1984, s. Reg.; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert 3/1–2, 1990–95, s. Reg.; H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005 (m. B.); Architektenlexikon Wien 1770–1945, http://www.architektenlexikon.at (m. B., W. u. L., Zugriff 25. 1. 2012).
(J. Brandstetter)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 72
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