Bergmann, Hilda (Hildegard); auch Kohner-Bergmann, verheiratete Kohner (1878–1947), Schriftstellerin und Pädagogin

Bergmann Hilda (Hildegard), auch Kohner-Bergmann, verheiratete Kohner, Schriftstellerin und Pädagogin. Geb. Prachatitz, Böhmen (Prachatice, CZ), 9. 11. 1878; gest. Åstorp, Skåne (S), 22. (nicht 20.) 11. 1947; röm.-kath. Tochter des Bezirksschulinspektors Eduard Bergmann (geb. Bullendorf, Böhmen / Bulovka, CZ, 19. 4. 1839; gest. 3. 12. 1914) und der Volksschullehrerin Emma Bergmann, geb. Fuchs (geb. 17. 12. 1856; gest. 1932), Schwester von Eduarda Bergmann, verheiratete Striedinger (geb. 1881), und Otfrieda Bergmann, verheiratete Schweickhardt (geb. 1883); ab 1908 mit dem verwitweten Juwelier und Grundstücksmakler Alfred Kohner (geb. 17. 5. 1877; gest. 25. 11. 1947) verheiratet, dessen Sohn Hans sie mit großzog. – B. besuchte 1894–97 die Lehrerinnenbildungsanstalt in Budweis. Nach der Pensionierung des Vaters 1897 übersiedelte die Familie nach Wien, wo B. ihre Ausbildung abschloss und an verschiedenen Volksschulen tätig war, ehe sie sich wegen eines Herzleidens 1908 vorzeitig pensionieren ließ. Ihr literarischer Schwerpunkt lag auf volksliedhafter Natur- und Heimatlyrik („Die heiligen Reiher“, 1925; „Die stummen Dinge“, 1933) sowie auf Kunstmärchen („Von Wichtelmännchen und anderen kleinen Leuten“, 1928). Auch für andere Medien entstanden Beiträge, u. a. für die Zeitschrift „Deutsche Heimat“, in der sie ihrem Vater mit dem Essay „Ein deutscher Schulmann“ (1935) ein Denkmal setzte. B. war Mitglied des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller Österreichs sowie der Gesellschaft für Senderechte und stand dem Verband katholischer deutscher Schriftsteller nahe; eine Brieffreundschaft unterhielt sie mit dem Schweizer Illustrator Ernst Kreidolf. Nach der Etablierung des NS-Regimes in Deutschland gehörte sie ab Juni 1933 zu den von Robert Hohlbaum im „Völkischen Beobachter“ empfohlenen österreichischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern. B.s Gedichte fanden Aufnahme in Anthologien („Lyrik der Gegenwart: Dichtungen österreichischer Lehrer“, ed. Josef Pfandler, 1935; „Ureigenes Land: Frauenlyrik aus Österreich“, ed. Della Maria Zampach, 1936; „Kameraden der Zeit. Sudetendeutsche Gedichte“, ed. Franz Höller, 1936). Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland durch ihre Herkunft – ihre Mutter war konvertierte Jüdin – und jene ihres jüdischen Ehemanns gefährdet, emigrierte sie mit diesem im Sommer 1938 zum Stiefsohn nach Schweden. Damit verlor B. nicht nur ihren Anspruch auf Pension, sondern nach der Ablehnung ihres Aufnahmeantrags durch die Reichsschrifttumskammer auch den Zugang zum deutschen Buchmarkt. Der für 1938 zur Publikation vorgesehene Lyrikband „Der ewige Brunnen“ durfte nicht mehr erscheinen, obgleich sie im selben Jahr für „Märchen aus Wiese und Wald“ (1930) den Jugendbuchpreis des Bunds der Deutschen in Böhmen erhielt. Im Exil verlegte sich B., die in kurzer Zeit Schwedisch gelernt hatte, auf das Übersetzen schwedischer Texte ins Deutsche; der Roman „Vogel ohne Schwingen“ von Jeanna Oterdahl (Originaltitel: „Fågel Vinglös“) kam in ihrer Übersetzung 1945 in der Schweiz heraus. Einige Gedichte wurden vertont, u. a. von Maria A. Gary („Vier Gedichte“, 1948). Nach dem 2. Weltkrieg erkrankte B. neuerlich. Drei Tage nach ihrem Tod nahm sich ihr Mann das Leben. B.s Nachlass verwaltet das Archiv des Böhmerwaldmuseums in Passau. Mit „In memoriam Hilda Bergmann“ (1956) widmete sich der Münchener Adalbert Stifter Verein dem Andenken der Autorin, während der Verein Böhmerwaldheimatkreis Prachatitz unter dem Titel „Zum Dichten geboren“ 2007 ausgewählte Werke edierte.

Weitere W. (s. auch Website Adalbert Stifter Verein): Vom Glöckchen Bim und andere Geschichten, 1931; Die Himmelreichwiese, 1935 (mit Bildern von E. Kreidolf); Zünd’ Lichter an, 1936.
L.: Bolbecher–Kaiser; Hall–Renner; Killy; Kosch; Kürschners deutscher Literatur-Kalender, 1934; Kürschners deutscher Literatur-Kalender Nekrolog 1936–1970, 1973; F. Mayröcker, Von den Stillen im Lande, 1968, S. 60; K. Amann, Zahltag, 1996, s. Reg.; A. Knechtel, in: Daten zur deutschsprachigen Literatur Böhmens im 19. und 20. Jahrhundert, 2007, S. 13ff.; Forschungsstelle Österreichische Literatur im Nationalsozialismus, Graz, Steiermark; Website Adalbert Stifter Verein (Zugriff 24. 2. 2015, mit W.); gravar.se (Zugriff 26. 2. 2015).
(K. Gradwohl-Schlacher)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)