Bick, (Johann) Josef (1880–1952), Bibliothekar

Bick (Johann) Josef, Bibliothekar. Geb. Schloss Wildeck bei Abstatt, Württemberg (D), 22. 5. 1880; gest. Wien, 5. 4. 1952; röm.-kath. Sohn des fürstlichen Försters Johann Baptist Bick. – B. studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Bensheim 1900–05 klassische Philologie, Germanistik und Alte Geschichte an der deutschen Universität Prag sowie an der Universität Gießen, 1905 Dr. phil. der deutschen Universität Prag, 1910 Habilitation für klassische Philologie an der Universität Wien. 1914 wurde er zum ao. Univ. Prof. für klassische Philologie an der Universität Wien ernannt. 1907–38 und 1945–49 war B., der 1907 die österreichische Staatsbürgerschaft annahm, Bibliothekar in der k. k. Hofbibliothek, der späteren Österreichischen Nationalbibliothek, ab 1918 Vizedirektor, 1923 Direktor, 1926 Generaldirektor, 1934–38 sowie 1945–46 Direktor der Staatlichen graphischen Sammlung Albertina. 1934–38 Vorsitzender des Bundeskulturrats und 2. Vizepräsident des Bundestags, wurde er am 16. März 1938 vom Schreibtisch weg verhaftet, am 1. April 1938 mit dem sogenannten „Prominententransport“ ins KZ Dachau gebracht und in der Folge ins KZ Sachsenhausen bei Berlin überstellt. Mit Juni 1938 aus dem Staatsdienst entlassen, war er von Ende August 1938 bis Kriegsende im niederösterreichischen Piesting unter Hausarrest gestellt. 1926–38 und 1945–48 Konsulent für Bibliotheksangelegenheiten im Unterrichtsministerium, 1947 Vorsitzender der Österreichischen Zentralkommission zur Bekämpfung der NS-Literatur, war B. wohl der prägendste Bibliothekar Österreichs im 20. Jahrhundert. Er entwickelte die ehemalige Hofbibliothek zu einer wissenschaftlichen Gebrauchsbibliothek und bewirkte u. a. eine Vereinheitlichung der bibliothekarischen Ausbildung in Österreich, moderne Bibliothekskataloge und die Einführung eines internationalen Leihverkehrs. Als er 1945 zum Generalinspektor für das gesamte österreichische Bibliothekswesen ernannt wurde, reorganisierte er dieses von Grund auf; so initiierte er etwa ab 1946 die „Österreichische Bibliographie. Verzeichnis der österreichischen Neuerscheinungen“. Seit Studienbeginn war B. Mitglied der katholischen Studentenverbindung Ferdinandea Prag, 1905 Gründungsbursche der Vandalia Prag und später Mitglied in mehreren anderen Cartellverbands-Verbindungen. 1921 Hofrat. Er erhielt das Komturkreuz II. und I. Klasse für Verdienste um die Republik Österreich, 1931 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. 1945 wurde B. zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Auch zahlreiche deutsche Ehrungen wurden ihm zuteil. B. war langjähriger Vorsitzender der staatlichen Prüfungskommission für die Bibliotheksausbildung, Mitglied des Expertenkomitees für internationale Bibliotheksangelegenheiten des Institut international de coopération intellectuelle in Paris, Mitglied der Österreichischen Landeskommission des Völkerbundes für die geistige Zusammenarbeit und zahlreicher anderer wissenschaftlicher Gesellschaften und Vereine des In- und Auslandes.

W.: Horazkritik seit 1880, 1906; Wiener Palimpseste, 1908; Die Schreiber der Wiener griechischen Handschriften, 1920; Der unveröffentlichte zweite Teil der Dilucida repraesentatio Bibliothecae Caesareae des S. Kleiner und J. J. Sedelmayr, in: Festschrift der Nationalbibliothek in Wien, 1926.
N.: R. Meister, in: Almanach Wien 102, 1953, S. 342–347.
L.: Czeike (m. B.); Jb. der Wr. Ges.; Kosch; Die Österreichische Nationalbibliothek. Festschrift herausgegeben zum 25jährigen Dienstjubiläum des Generaldirektors Univ.-Prof. Dr. J. B., ed. J. Stummvoll, 1948, bes. S. 22–69; E. Trenkler, Die Nationalbibliothek (1923–1967), in: Die Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek 2, ed. J. Stummvoll – R. Fiedler, 1973, s. Reg.; G. Enderle-Burcel, Christlich – ständisch – autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–1938, 1991 (m. B.); M. Hall – Ch. Köstner, „… allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern …“. Eine österreichische Institution in der NS-Zeit, 2006, s. Reg. (m. B.); MA 35, UA, beide Wien.
(Ch. Köstner-Pemsel)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)