Bilczewski, Józef; bis 1885 Biba (1860–1923), Erzbischof

Bilczewski Józef, bis 1885 Biba, Erzbischof. Geb. Wilamowice, Galizien (PL), 26. 4. 1860; gest. Lwów, Polen (L’viv, UA), 20. 3. 1923; röm.-kath. Sohn des Bauern und Zimmermanns Franciszek Biba (gest. Wilamowice, 27. 3. 1909) und von dessen Frau Anna Biba, geb. Fajkisz (geb. Wilamowice, 21. 1. 1840; gest. ebd., 17. 2. 1896). – B. absolvierte als einer der besten Schüler das Gymnasium in Wadowice. Nach der Matura trat er in das Priesterseminar in Krakau ein und studierte an der dortigen Universität 1880–84 Theologie. Im Juli 1884 wurde er vom Krakauer Bischof →Albin von Dunajewski ordiniert. B. wirkte zunächst 1884–85 als Vikar in einer Pfarre im Krakauer Stadtteil Mogiła, ehe er nach Wien ging und sich dort 1885–86 als Zögling des Frintaneums an der Universität weiterführenden Studien widmete; 1886 Dr. theol. in Wien. 1886–88 studierte er an der Gregoriana in Rom, wobei er sich auf Dogmatik und christliche Archäologie spezialisierte. Nach einem zweimonatigen Studienaufenthalt 1888 am Institut Catholique de Paris kehrte B. in seine Heimat zurück. Dort war er zuerst als Vikar und Katechet in Kęty (1888–89) bzw. in der Pfarre St. Peter und Paul in Krakau (1889–91) tätig. 1890 habilitierte er sich im Fach Fundamentaltheologie an der Krakauer Universität. In der Folge lehrte er an der theologischen Fakultät der Universität Lemberg (1891 ao. Professor für Dogmatik, 1893 o. Professor, 1896/97 Dekan, 1897/98 stellvertretender Dekan, 1900/01 Rektor). Von Kaiser →Franz Joseph I. Ende Oktober 1900 zum Lemberger Erzbischof ernannt, wurde er im Dezember desselben Jahres von Papst Leo XIII. als solcher präkonisiert und im Jänner 1901 geweiht. Mit dieser Würde war auch ein Sitz im Herrenhaus verbunden, 1900–14 war er zudem Mitglied des galizischen Landtags. B. gilt als einer der bedeutendsten Lemberger Erzbischöfe. In seinem pastoralen Wirken konzentrierte er sich auf den Aufbau kirchlich-institutioneller Strukturen sowie die Vertiefung des religiös-sittlichen Lebens der Gläubigen. In regelmäßigen Abständen visitierte er seine Erzdiözese und berief alljährlich eine Versammlung der Dechanten ein. Mit großem Engagement widmete er sich der Gründung neuer Pfarren bzw. dem Bau von Kirchen und Kapellen: Während seines Episkopats entstanden 21 neue Pfarren und 96 Filialpfarren; 328 Kirchen und Kapellen wurden errichtet. Er unterstützte den Ausbau des Priesterseminars der theologischen Fakultät in Lemberg und förderte die Verehrung des Allerheiligsten sowie den Marien- und Heiligenkult. 1904 organisierte er den Marianischen Kongress in Lemberg, 1905 krönte er das Gnadenbild der Muttergottes in der Lemberger Jesuitenkirche und 1912 jenes in Kochawina. 1910 erklärte er die Muttergottes als „Königin von Polen“ zur Hauptpatronin und den Heiligen Jakub Strzemię zum zweiten Patron seines Erzbistums. B. verfasste zahlreiche Hirtenbriefe, Aufrufe und Rundschreiben, in denen er seine Vorstellungen vom gesellschaftlichen Zusammenleben darlegte und den Geist des polnischen Patriotismus zu erwecken suchte. Er beteiligte sich auch aktiv am Aufbau der Katholischen Aktion bzw. deren Vorläuferorganisationen. In politischer Hinsicht identifizierte er sich nicht mit einer bestimmten Richtung oder Partei. Als glühender Patriot repräsentierte er jedoch die polnische Staatsräson und befürwortete ein Wiedererstehen Polens in seinen historischen Grenzen. B. war ab 1900 korrespondierendes und ab 1908 wirkliches Mitglied der Akademia Umiejętności in Krakau. Er wurde im Juni 2001 von Papst Johannes Paul II. in Lemberg selig- und im Oktober 2005 von Benedikt XVI. in Rom heiliggesprochen.

W.: Listy pasterskie ..., 3 Bde., 1908–24.
L.: NFP, 29. 3. 1903; Adlgasser; PSB; J. Latosiński, Monografia miasteczka Wilamowic, 1909, S. 146ff., 328ff.; M. Tarnawski, Arcybiskup J. B., 1924; R. Ritzler – P. Sefrin, Hierarchia catholica medii et recentioris aevi … 8, 1978, s. Reg.; Błogosławiony J. B. arcybiskup metropolita lwowski obrządku łacińskiego, red. J. Wołczański, 2003; UA, Wien.
(G. Chajko)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)