Bischoff (Bischof), Ferdinand (Franz Xaver Georg) (1826–1915), Jurist

Bischoff (Bischof) Ferdinand (Franz Xaver Georg), Jurist. Geb. Olmütz, Mähren (Olomouc, CZ), 24. 4. 1826; gest. Graz (Steiermark), 16. 8. 1915; röm.-kath. Aus einer Olmützer Bürgerfamilie stammend. Sohn des Apothekers Franz Bischof und dessen Frau Antonia Bischof, geb. Pfrany, einer Arzttochter; ab 1862 verheiratet mit Maria Anna Bischoff, geb. Schwach. – Nach Besuch des Gymnasiums in Olmütz und Ablegung der Matura arbeitete B. zunächst als Praktikant in der Apotheke seines Vaters. Ab 1844 absolvierte er die philosophischen Jahrgänge und nahm anschließend das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Olmütz auf; 1850 Dr. beider Rechte. Nach Abschluss der Gerichtspraxis habilitierte sich B. an der Universität Olmütz für Deutsche Rechtsgeschichte, 1852 auch für Österreichisches Bergrecht. 1853 wurde er Studienpräfekt an der Theresianischen Ritterakademie in Wien und erlangte im Folgejahr an der Universität Wien die Venia legendi für Geschichte des Zivilrechts in Österreich. 1855 wurde B. zum ao., 1858 zum o. Professor der Deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte an der Universität Lemberg ernannt. 1865 erfolgte seine Bestellung zum Ordinarius für Deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte sowie Deutsches Privatrecht an der Universität Graz (Nachfolge Georg Sandhaas). B. bekleidete zwischen 1870 und 1892 sechsmal das Amt des Dekans der juridischen Fakultät und 1871/72 sowie 1885/86 jenes des Rektors; ab 1897 im Ruhestand. B. lieferte in der Artikelserie „Zur Geschichte des Rechts in Österreich“ (in: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse 41, 1863) einen Überblick über die erschlossenen Quellen sowie die Literatur auf diesem Gebiet und setzte sich – wie schon August Chabert – für die Schaffung einer eigenen „Österreichischen Rechtsgeschichte“ ein. Sein besonderes Verdienst liegt in der kritischen Edition wichtiger österreichischer Rechtsquellen, so des Steiermärkischen Landrechts („Steiermärkisches Landrecht des Mittelalters“, 1875), des Pettauer Stadtrechts („Das Pettauer Stadtrecht vom Jahre 1376“, 1887) und der steirischen und Kärntner Taidinge („Österreichische Weistümer“ 6, gemeinsam mit →Anton Emanuel Schönbach, 1884). Ein zweites Tätigkeits- und Forschungsgebiet B.s war die österreichische, insbesondere die steirische Musikgeschichte (z. B. „Steirische Musikgeschichte“, in: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 6, 1890; Beiträge mit Graz-Bezug im „Beethoven-Jahrbuch“ 1, 1908, und 2, 1909). Schon in Olmütz und Lemberg hatte er die Gründung von Musikvereinen angeregt und selbst dirigiert. In Graz war er 1866 Gründungsmitglied des Sing-Vereins. Ab 1868 im Ausschuss des Steiermärkischen Musikvereins tätig, wurde er 1869 dessen Musikdirektor und fungierte 1877–85 als stellvertretender Präsident, Schul- und Konzertdirektor sowie schließlich 1886–92 als Präsident. Zahlreiche Aufsätze, Rezensionen, Feuilletons und Berichte B.s erschienen in der Grazer „Tagespost“. 1875 wurde er korrespondierendes Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. 1893 zum Hofrat ernannt, war er ab 1894 Mitglied der Historischen Landeskommission für Steiermark. 1910 erhielt er ein Ehrendoktorat der Universität Graz.

Weitere W. (s. auch Federhofer-Königs – Suppan): Deutsches Recht in Olmütz, 1855; Österreichische Stadtrechte und Privilegien, 1857; Zur Geschichte des Glaubens an Zauberer, Hexen und Vampire in Mähren und Österreichisch-Schlesien, 1859; Beiträge zur Geschichte des Magdeburgerrechtes, 1865; Der Schladminger Bergbrief, in: Zeitschrift für Bergrecht 33, 1892; mehrere Beiträge in der Zeitschrift bzw. den Mitteilungen des Historischen Vereines für Steiermark.
L.: Tagespost (Graz), 17. 8., WZ, 1. 9. 1915; Almanach Wien 66, 1916, S. 393ff.; NDB; oeml (mit Bild); Suppan; F. v. Krones, Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz, 1886, s. Reg.; P. Hradil, in: ZRG, Germanistische Abteilung 36, 1915, S. 648f.; A. Luschin v. Ebengreuth, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 14, 1916, S. 165ff. (mit Bild); H. Lentze, in: Studien zur Geschichte der Universität Wien 2, 1965, S. 70f.; K. Ebert, in: ZRG, Germanistische Abteilung 87, 1970, S. 239ff., bes. 277ff.; Musik in der Steiermark, ed. R. Flotzinger, Stift Admont 1980, s. Reg. (Kat.); H. Baltl, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 83, 1992, S. 383ff.; H. Baltl, in: Wirtschaft und Gesellschaft. Festschrift für G. Schöpfer ..., 2004, S. 43ff. (mit Bild); W. Höflechner, Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz, 2006, s. Reg. (mit Bild); F. Fellner – D. A. Corradini, Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert, 2006; G. Wesener, in: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte 28, 2006, S. 368, 375; R. Federhofer-Königs – W. Suppan, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 102, 2011, S. 175ff. (mit Bild und W.); AVA, UA, Wien; Steiermärkisches Landesarchiv, UA, beide Graz, Steiermark; Pfarre Sv. Michal, Olomouc, CZ.
(G. Wesener)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 87
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