Bitterlich, Hans (Johann) (1860–1949), Bildhauer

Bitterlich Hans (Johann), Bildhauer. Geb. Wien, 28. 4. 1860; gest. ebd., 5. 8. 1949; röm.-kath. Sohn von →Eduard Bitterlich und Maria Barbara Singer Edle von Wyssogueski (geb. Wien, 13. 9. 1829; gest. nach 1872), Bruder des Oberstleutnants Friedrich Bitterlich. – B. besuchte nach dem Gymnasium 1877–80 – u. a. gemeinsam mit Richard Kauffungen (→Richard Kauffung) – an der Wiener Akademie der bildenden Künste die Allgemeine Bildhauerschule und 1880–86 die Spezialschule für (höhere) Bildhauerei bei Kaspar Zumbusch. 1878/79 erhielt er das Königswarter-, 1883/84 das Füger-Stipendium und 1886 ein Staatsreisestipendium, das ihm einen zweijährigen Studienaufenthalt in Italien ermöglichte; 1888 gewann B. mit der plastischen Gruppe „Mutterliebe“ den Reichel-Preis. In den Folgejahren wirkte er als Bildhauer in Wien. 1902 wurde er Honorardozent mit dem Titel eines ao. Professors (Allgemeine Schule), 1904 ao. und 1907 o. Professor an der Akademie der bildenden Künste. 1902–10 fungierte er als Leiter der Allgemeinen Bildhauerschule und 1909 sowie 1910–18 als Leiter der Spezialschule für (höhere) Bildhauerei, 1918–31 als Professor in der Meisterschule für Bildhauerei; 1930/31 Rektor, 1931 Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste. B. arbeitete neben →Edmund von Hellmer in den Bildhauerateliers der Akademie im Prater und gehörte der jüngeren Generation späthistoristischer Ringstraßenbildhauer an, die sich stark am Jugendstil orientierten. Sein Name taucht immer wieder im Kontext der Bauplastik der großen Monumentalbauten der Wiener Ringstraße auf. Zu seinen bedeutendsten Werken zählen das Gutenberg-Denkmal am Lugeck (Wien 1, 1900) sowie das Kaiserin-Elisabeth-Denkmal im Volksgarten (Wien 1, Enthüllung 1907). 1903 gewann B. zwar die Konkurrenz für das Deutschmeister-Denkmal, blieb aber bei der Auftragsvergabe unberücksichtigt. Weiters schuf er für den Arkadenhof der Universität Wien Porträtreliefs und -büsten: →Karl Ludwig von Littrow und →Joseph Johann von Littrow (1892), →Adolf Exner (1896), →Ferdinand von Arlt (1896), →Ferdinand Lotheissen (1902), →Victor von Lang (1929) und Richard Wettstein von Westersheimb (enthüllt 1963). Beim Bau der Neuen Hofburg unter →Friedrich Ohmann (1899–1907) wurde B. für die Basreliefs an den Seitenrisaliten der Fassade beauftragt, welche die „Vier Jahreszeiten“ repräsentieren. Für die Statuenreihe im Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses im Parlament fertigte er eine Marmorstatue des Cato an. 1912 entstanden für das Kriegsministerium am Stubenring die zwei frontalen Giebelfeldreliefs „Kampf“ und „Sieg“. B. erhielt für seine Arbeiten bei der 3. Internationalen Kunstausstellung in Wien 1894 den Kaiserpreis, 1931 das Komturkreuz des Österreichischen Verdienstordens und 1943 die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. 1890–1903 bzw. wieder ab 1917 war er Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus).

Weitere W. (s. auch ÖKL; Österreicher der Gegenwart): Seitliche Reliefs am Radetzky-Denkmal, 1886–92; Attikaaufbau mit bekrönender Vase und auf Postamenten sitzende Steinskulpturen „Industrie“ und „Handel“, 1900–01 (Herrnhuterhaus, Wien 1); Porträtbüsten (Kaiserin Elisabeth, Bürgermeister Johann Nepomuk Prix, Vizebürgermeister Albert Richter, Franz Grillparzer, Georg Schönerer); Porträtskulpturen für Grabdenkmäler (Eduard Bitterlich, Zentralfriedhof, Wien).
L.: AKL; Czeike; Die Wr. Ringstraße 9/1–2, s. Reg.; Kosel 1; ÖKL (mit tw. W.); Thieme–Becker; Wissenschaft und Kunst in der deutschen Ostmark, 1938 (mit Bild); Österreicher der Gegenwart, bearb. R. Teichl, 1951, S. 369f. (mit W.); W. Wagner, Die Geschichte der Akademie der bildenden Künste in Wien, 1967, s. Reg.; Die Wiener Hofburg 1835–1918, ed. W. Telesko, 2012, s. Reg.; W. Aichelburg, 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861–2011, http://www.wladimir-aichelburg.at/kuenstlerhaus (Zugriff 6. 2. 2015); ABK, Wien.
(A. Mayr)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 88
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Grabstein am Wiener Zentralfriedhof