Boos, Franz (1753–1832), Pflanzensammler und Hofgärtner

Boos Franz, Pflanzensammler und Hofgärtner. Geb. Frauenalb, Markgrafschaft Baden (D), 23. 12. 1753; gest. Wien, 23. 2. 1832; röm.-kath. Sohn eines Oberhofgärtners in Rastatt, Vater des Hofgärtners Joseph Boos (geb. Wien, 13. 9. 1794; gest. ebd., 16. 3. 1879); ab 1790 verheiratet mit Elisabeth van der Schot, der Tochter des Hofgärtners Richard van der Schot. ─ B. erlernte zunächst das Gärtnerhandwerk von seinem Vater. 1771–74 vertiefte er seine Kenntnisse bei Fürst Leopold von Dietrichstein in Seelowitz (Židlochovice), 1774–75 in den damals weltbekannten Gartenanlagen von Fürst Johann I. Josef von Liechtenstein in Eisgrub (Lednice). 1776 erhielt er eine Anstellung im Wiener Hofgarten in Schönbrunn. Im Zuge der architektonischen Erneuerungen (u. a. Gloriette, Obelisk, römische Ruine) durch →Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg wurde B. mit der gärtnerischen Gestaltung beauftragt und zeichnete 1780 den bedeutenden Gartenplan der Schlossanlage. Um seltene Pflanzen und Tiere zu gewinnen, unternahm er im Auftrag Kaiser Josephs II. 1783–85 gemeinsam mit dem Schönbrunner Gärtnergehilfen Franz Bredemeyer sowie den Naturforschern Franz Joseph Märter und Mathias Leopold Stupicz eine Expedition nach Amerika. Nach ersten botanischen Aufsammlungen in Pennsylvania, New Jersey und South Carolina begleitete Märter B. nach Florida, trennte sich jedoch auf den Bahamas von ihm, so dass B. diese Inselgruppe allein erforschte. 1785 kehrte er über Charleston mit einer reichen Tier- (u. a. Insekten und Konchylien) sowie Pflanzensammlung nach Wien zurück. Noch im selben Jahr wurde B. mit der Leitung einer Expedition nach Südafrika betraut, wo er 1785–88 teils unter lebensgefährlichen Bedingungen forschte. Gemeinsam mit →Georg Scholl gelang es ihm jedoch, bedeutende Pflanzen- und Tierfunde, darunter lebende Zebras, Affen und seltene Vogelarten, sowie ethnologische Objekte nach Wien zu bringen. Hervorzuheben ist die zu den Seidengewächsen zählende Pflanze Fockea crispa (capensis), die bis heute in den Schönbrunner Gewächshäusern kultiviert wird und als älteste in gärtnerischer Pflege befindliche sukkulente Pflanze der Welt gilt. 1790 wurde B. zum Direktor des Holländisch-botanischen Gartens und der Menagerie in Schönbrunn bestellt. Ab 1807 war er Direktor sämtlicher Hofgärten in und um Wien (mit Ausnahme von Laxenburg). 1827 trat er in den Ruhestand. Erwähnenswert ist sein 1799 handschriftliches, mehr als 5.000 Spezies mit Herkunftsland umfassendes „Verzeichnis der gesamten in dem Kais. Königl. Holländischbotanischen Hoffgarten zu Schönbrunn befindlichen Gewächsen und Pflanzen ...“, das von seinem Sohn Joseph Boos bearbeitet und 1816 unter dem Titel „Schönbrunn’s Flora …“, herausgegeben wurde; es gilt noch heute als ein wichtiges Nachschlagewerk. B. war Mitglied der Freimaurerloge zur wahren Eintracht und Ehrenmitglied der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft. 1810 kaiserlicher Rat.

L.: ADB; Czeike; Wurzbach; E. M. Kronfeld, Park und Garten von Schönbrunn, 1923, S. 76–105; H. Hühnel, Botanische Sammelreisen nach Amerika im 18. Jahrhundert, in: Die neue Welt. Österreich und die Erforschung Amerikas, ed. F. Wawrik, Wien 1992, S. 61–77, bes. 66–70 (Kat.); M. Petz, Der Botaniker N. J. Frh. von Jacquin und die Einflüsse der botanischen Wissenschaft auf die Kunstströmungen im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus, phil. DA Wien, 1993, S. 46–53; E. Zecher, F. B., der Schönbrunner Gärtner und Menageriedirektor, in: Schönbrunner Tiergarten-Journal 10, 2001, S. 3f.; Ch. Riedl-Dorn, Die Schönbrunner Gartenexpeditionen 1754–1860, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 57, 2003, S. 510–514; E. Zecher, Die Alte Dame von Schönbrunn, 2008, passim (m. L.); H. Egghardt, Österreicher entdecken die Welt, 2011, S. 97–101; HHStA, Naturhistorisches Museum, beide Wien.
(E. Zecher – M. Petz-Grabenbauer)  
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 102
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