Borkowski, Karl Ritter von (1829–1905), Architekt und Baumeister

Borkowski Karl Ritter von, Architekt und Baumeister. Geb. Czernowitz, Bukowina (Černivci, UA), 14. 6. 1829; gest. Wien, 23. 7. 1905 (Ehrengrab: Döblinger Friedhof); röm.-kath. Aus altem polnischem Adel stammend; ab 1875 verheiratet mit Friederike Glass; drei Töchter. – Die erste Ausbildung erhielt B. bei seinem Vater, der auch als Musik- und Zeichenlehrer tätig war, daneben absolvierte er eine Maurerlehre. 1847–53 studierte er am Wiener polytechnischen Institut, unterbrochen vom Revolutionsjahr 1848, in dem er in der Nationalgarde diente. Danach besuchte er die Kunstschule in Nürnberg und erhielt eine Gesangsausbildung. B. arbeitete anfangs als Porträtist und Illustrator (unter anderem für →Moritz Saphir) und besuchte 1855 kurzfristig die Malklasse der Akademie der bildenden Künste in Wien, daneben trat er auch als Sänger auf. 1855 erhielt er ein Engagement nach Hamburg und war in den Folgejahren als Bariton (z. B. Papageno) unter anderem in Amsterdam, Brünn (Brno), Breslau (Wrocław), Kassel (1864) und am Frankfurter Stadttheater (1867) tätig. Zwischendurch besuchte er bei seinen Wien-Aufenthalten als Gasthörer Vorlesungen bei →Heinrich Frh. von Ferstel und begann ab 1866 nebenbei im Kasseler Baubüro der Bebra-Hemauer Bahn zu arbeiten, wo er mit der Errichtung von Bahnhöfen und Siedlungsanlagen befasst war. Seine ersten eigenständigen Bauten realisierte er 1869/70 in Czernowitz. 1871 kehrte er nach Wien zurück, beendete seine Bühnenlaufbahn und schloss sich Ferstel an, der eine Gartenstadt nach englischem Vorbild plante. Gemeinsam gründeten sie 1872 den Wiener Cottage-Verein, dessen Zielsetzung es war, günstige Ein- und Zweifamilienhäuser für den Mittelstand (insbesondere Beamte und Offiziere) zu errichten. Infolge der Überlastung Ferstels avancierte B. zum Direktor und Chefarchitekten des Vereins. Nach dem Erwerb eines Baugrunds in Wien-Währing erstellte er den Parzellierungsplan und entwarf 13 Normpläne für Wohnhäuser. 1873/74 wurden in der 1. Ausbauphase 50 Villen errichtet, die einheitlich in der Art der englischen Spätgotik und eher einfach und schmucklos gestaltet waren. Auch die angeschlossenen Gartenanlagen wurden zumeist von B. konzipiert. In späteren Ausbauphasen, an denen B. nur mehr teilweise beteiligt war, wurde eine größere stilistische Vielfalt zugelassen. Nachdem er bereits 1877 auch die Baumeisterkonzession erworben hatte, legte B. 1895 die Bauleitung des Cottage-Vereins nieder und eröffnete eine eigene Baukanzlei. Im Rahmen dieser Tätigkeit plante er – oftmals in Zusammenarbeit mit anderen Architekten – eine Reihe von weiteren Villen und Cottage-Anlagen, u. a. in Wien, Melk und Krakau (Kraków). 1883 erfolgte die Anerkennung des altpolnischen Adels als österreichischer Ritterstand, 1897 erhielt B. den Orden der Eisernen Krone III. Klasse. Er war Mitglied diverser Fachverbände (1875 Österreichischer Ingenieur- und Architektenverein, 1878 Genossenschaft der Bau- und Steinmetzmeister).

Weitere W.: s. Architektenlexikon. – Teilnachlass: Wienbibliothek im Rathaus, Wien.
L.: AKL; Czeike; Eisenberg 1; Kosel 1; ÖKL; R. Schweitzer, in: Wiener Geschichtsblätter 22, 1967, S. 240ff.; R. Wagner-Rieger, Wiens Architektur im 19. Jahrhundert, 1970, S. 216; A.-M. Ellenbogen, Das Wiener Cottage …, handelswiss. Diplomhausarbeit Wien, 1989; H. Brunnbauer, Im Cottage von Währing/Döbling … 2, 2006, s. Reg.; Architektenlexikon Wien 1770–1945, www.architektenlexikon.at (m. B., W. u. L., Zugriff 25. 1. 2014).
(U. Prokop)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)

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Die 1893 erbaute "Villa Seeböck" in Melk, Abt-Karl-Straße 4
Die 1894 erbaute "Villa Haidvogel" in Melk, Bahnhofstraße 5
An der "Villa Seeböck" in Melk angebrachte Tafel