Chorinsky (Chorinský), Karl Graf (1838–1897), Jurist und Politiker

Chorinsky (Chorinský) Karl Graf, Jurist und Politiker. Geb. Linz (Oberösterreich), 18. 10. 1838; gest. Mödling (Niederösterreich), 10. 7. 1897 (begraben: Friedhof Hietzing, Wien); röm.-kath. Aus einer im 15. Jahrhundert in Mähren heimisch gewordenen polnischen Adelsfamilie stammend, Enkel des Staatsmanns, Vizepräsidenten der allgemeinen Hofkammer und Vizekanzlers der Vereinigten Hofkanzlei Ignaz Karl Graf Chorinsky (geb. Brünn, Mähren / Brno, CZ, 24. 3. 1770; gest. Wien, 14. 4. 1823), Sohn des Salzburger Kreishauptmanns und späteren Statthalters von Niederösterreich, Krain bzw. Mähren sowie Herrenhausmitglieds auf Lebenszeit Gustav Graf Chorinsky (geb. Wien, 27. 1. 1806; gest. ebd., 15. 10. 1873) und dessen Frau Anna Gräfin Chorinsky, geb. Freiin Böck von Greissau (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 21. 2. 1806); ab 1882 verheiratet mit Franziska Gräfin Chorinsky, geb. Gräfin Mittrowsky von Mitrowitz (1846–1918). – C. absolvierte 1855–59 das Theresianum in Wien und studierte parallel dazu Rechtswissenschaften an der Universität; 1864 Dr. iur. In der Folge an Gerichten in Laibach, Brünn, Wien sowie Krems und ab 1872 im Justizministerium tätig, erfolgte 1874 seine Ernennung zum Landesgerichtsrat in Wien; 1880 beurlaubt. 1886 wurde er zum Oberlandesgerichtsrat des Oberlandesgerichts für Niederösterreich und Salzburg, 1887 zum Präsidenten des Salzburger Landesgerichts und schließlich 1890 zu jenem des Oberlandesgerichts Wien ernannt. Ab Mai 1894 gehörte er dem Reichsgericht als ständiges Mitglied an. 1878 zog C. in den Salzburger Landtag ein und fungierte 1880–90 als Landeshauptmann, übte daneben jedoch zeitweise weiterhin seine richterlichen Funktionen aus. Als Vertreter der klerikalen politischen Bewegung trat er für die Errichtung einer katholischen Universität in Salzburg ein und gehörte zu den Gründungsmitgliedern bzw. leitenden Funktionären eines entsprechenden Vereins. C. war ab 1887 auch Herrenhausmitglied auf Lebenszeit, wo er der Gruppe der Rechten angehörte. Er hatte wesentlichen Anteil an der Reform des österreichischen Zivilprozessrechts und trat für die Neubelebung des bäuerlichen Sonderrechts ein. Eingehend befasste er sich mit der österreichischen Rechtsgeschichte, insbesondere der Geschichte des Privat- und Prozessrechts, beginnend mit dem 16. Jahrhundert und endend mit den Kodifikationsarbeiten unter Maria Theresia („Die Erforschung der österreichischen Rechtsquellen des 16. und 17. Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf die oberösterreichische Landesordnung“, 1895; „Beiträge zur Erforschung österreichischer Rechtsquellen“, in: Allgemeine österreichische Gerichtszeitung 42, 1896, Nr. 3). Hervorzuheben ist seine Arbeit über „Das Vormundschaftsrecht Niederösterreichs. Vom sechzehnten Jahrhundert bis zum Erscheinen des Josefinischen Gesetzbuches“ (1878). Auf C. geht auch die „Sammlung Chorinsky“ („Sammlung lithographierter Mitteilungen und Abschriften österreichischer Rechtsquellen der Neuzeit“, etwa 80 Oktavbände) zurück, deren 1. Band er 1894 anlässlich eines Vortrags in Linz vorstellte. Unterstützt wurde C. bei seinen rechtsgeschichtlichen Arbeiten v. a. durch →Theodor Motloch.

Weitere W.: Der Wucher in Österreich, 1877; Das Notariat und die Verlassenschaftsabhandlung in Österreich, 1877; Der österreichische Executiv-Proceß, 1879.
L.: RP, 14. 7. 1897; Adlgasser; Biograph. Jb. 2, 1898, S. 326f.; Krackowizer; Wurzbach; Th. Motloch, in: Mitteilungen der dritten (Archiv-)Section der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale 4, 1899, S. 221ff.; G. Wesener, in: Festschrift N. Grass ... 1, 1974, S. 613ff.; H.-W. Strätz, Landtafel des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, 1990, S. XVff.; O. Dohle, 150 Jahre Salzburger Landeshauptleute 1861–2011, 2011, S. 16f. (mit Bild); W. Brauneder, Landrechtsentwurf für Österreich unter der Enns 1573, 2015, S. 12; Pfarre Am Hof, Pfarre St. Peter, UA, alle Wien; Pfarre Hinterbrühl, Niederösterreich.
(G. Wesener)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 146
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