Cless-Bernert, Gertrud (Traude); geb. Tauschinski (1915–1998), Physikerin

Cless-Bernert Gertrud (Traude), geb. Tauschinski, Physikerin. Geb. Wien, 27. 6. 1915; gest. Wartmannstetten (Niederösterreich), 20. 2. 1998 (begraben: Wien, Zentralfriedhof); röm.-kath., 1975 ausgetreten. Tochter des Bezirkssekretärs in der kaiserlichen Kabinettskanzlei Dr. Stefan Alfred Tauschinski (geb. Wien, 27. 5. 1887) und der Gertrud Tauschinski, geb. Schonka (geb. Salzburg, Salzburg, 22. 5. 1893); ab 1940 verheiratet mit Hans Bernert, ab 1961 mit dem Diplomingenieur Friedel Cless (geb. 5. 12. 1905). – Nach Absolvierung der Bundeserziehungsanstalt für Mädchen hörte C. 1933/34 Architekturvorlesungen an der Technischen Hochschule in Wien. Ab 1934 studierte sie Physik an der Universität Wien, 1938 einige Monate an der Universität Leipzig; 1939 Dr. phil. in Wien mit einer Arbeit über Absorptionsspektrum und Farbton. Zunächst Volontärin am Wiener Institut für Radiumforschung, gelang ihr in den 1940er-Jahren gemeinsam mit →Berta Karlik der Nachweis des Elements 85 (Astat) in der Natur. In der Folge konnten C. und Karlik auch die Existenz von Isotopen dieses Elements in allen drei Zerfallsreihen dokumentieren und damit die letzte Lücke im Periodensystem der Elemente schließen. Nach dem 2. Weltkrieg war C. als wissenschaftliche Beamtin weiterhin am Institut für Radiumforschung beschäftigt und errichtete dort die Isotopenstelle. 1948–49 absolvierte sie einen Forschungsaufenthalt in Schweden. 1959 übernahm sie die Funktion der scientific secretary bei der 2. Genfer Atom-Konferenz. Danach setzte sie ihren beruflichen Weg als Organisatorin der Abteilung für industrielle Beratung für Isotopenanwendung am Forschungsreaktor Seibersdorf fort. Bekanntheit erreichte C. durch ihre meist mit Karlik verfassten Publikationen, die u. a. in diversen Schriftenreihen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und in den „Mitteilungen des Institutes für Radiumforschung“ erschienen. Erwähnenswert sind u. a. „Das Element 85 in den natürlichen Zerfallsreihen“ (in: Zeitschrift für Physik 123, 1944, gemeinsam mit Karlik), „Über eine dem Element 85 zugeordnete α-Strahlung“ (in: Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 152, Abteilung 2a, 1943, gemeinsam mit Karlik) sowie „Die künstliche Radioaktivität in Biologie und Medizin“, 1949.

Weitere W. (s. auch Angetter – Martischnig): Der Mord an M. Schlick. Augenzeugenbericht und Versuch eines Portraits aus der Sicht einer damaligen Studentin, in: Zeitgeschichte 9, 1982; Mikrowellen-Kochkurs für Füchse, 1986 (gem. mit H. Maier-Leibnitz).
L.: B. Bischof, Frauen am Wiener Institut für Radiumforschung, rer. nat. DA Wien, 2000, S. 108ff., 118f.; Wissenschafterinnen in und aus Österreich, ed. B. Keintzel – I. Korotin, 2002 (mit Bild); D. Angetter – M. Martischnig, Biografien österreichischer PhysikerInnen, 2005 (mit W.); Pfarre Votivkirche, TU, UA, alle Wien.
(D. Angetter)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)