Czermak (Čermák), Joseph d. J. (1825–1872), Mediziner

Czermak (Čermák) Joseph d. J., Mediziner. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 25. 11. 1825; gest. Graz (Steiermark), 23. 7. 1872. Enkel des Mediziners Joseph Czermak d. Ä. (1767–1822), Sohn des Mediziners Johann Nep. Czermak d. Ä. (1797–1843), Neffe von →Joseph Julius Czermak , Bruder von →Johann Nep. Czermak d. J. und →Jaroslav Czermak. – C. studierte Medizin ab 1844 an der Universität Prag und ab 1845 in Wien; 1848 Dr. med. und Mag. obstet. in Prag, 1849 Dr. chir. In der Folge erhielt er eine Sekundararztstelle am Allgemeinen Krankenhaus in Prag und konnte an verschiedenen Abteilungen seine praktischen Kenntnisse vertiefen. Bald entdeckte er sein Interesse für Psychiatrie. 1850 wurde C. zum 2. Sekundararzt an der Prager Irrenanstalt ernannt und bereits ein Jahr später mit der Leitung der selbstständigen Filiale auf dem Karlshof (Karlov) betraut. 1853 wechselte er als 1. Sekundararzt an die Pflegeanstalt zu St. Katharina (Sv. Kateřiny), 1855 folgte er einem Ruf als Primararzt an die Irrenanstalt nach Brünn (Brno). Zu dieser Zeit machte er sich auch bei der Bekämpfung der Choleraepidemie verdient und wirkte darüber hinaus als Gerichtsarzt beim Landesgericht sowie im Garnisonsspital. 1850 und 1862 besuchte C. die modernsten Irrenanstalten, v. a. in Deutschland, und brachte die dabei gewonnenen Erfahrungen in die Errichtung der neuen Irrenanstalt in Czernowitz (Brno-Černovice) ein, die 1863 eröffnet wurde und deren Leitung er übernahm. 1869 wurde er als ao. Prof. für Psychiatrie nach Graz berufen. Dort war er als designierter Direktor maßgeblich an der Planung und Gestaltung der steiermärkischen Landesirrenanstalt Feldhof beteiligt. C. propagierte in Graz das bereits in Mähren bewährte System der Colonisation, das die Verteilung der Insassen auf mehrere kleinere Gebäude vorsah und die Patienten mit Garten- und Feldarbeit beschäftigte. Die endgültige Fertigstellung der Anstalt in Graz konnte er nicht mehr erleben. C.s Verdienst lag vor allem in seinen organisatorischen Fähigkeiten, psychiatrische Anstalten zu modernisieren. Fachschriftstellerisch publizierte er nur einige kleinere Abhandlungen, meist statistischen Inhalts, die vor allem in der „Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie“ und in der „Oesterreichischen Zeitschrift für practische Heilkunde“ erschienen sind. Hervorzuheben ist seine Monographie „Die mährische Landesirrenanstalt“, 1866. C. war Mitglied der psychiatrischen Gesellschaft und des Naturforschenden Vereins in Brünn sowie der Landes-Medicinalcommission für Mähren. 1866 erhielt er das goldene Verdienstkreuz mit der Krone.

Weitere W.: Mittheilungen über die neue Landesirrenanstalt bei Graz, in: Sitzungsberichte des Vereins der Aerzte in Steiermark 8, 1871; etc.
L.: ADB; Hirsch; Otto; Pagel; Wurzbach; R. Heschl, in: WMW 22, 1872, Sp. 843f.; R. Jütte, A History of the Senses, 2005, S. 230f.; C. Watzka, in: Blätter für Heimatkunde 80, 2006, S. 21; UA, Praha, CZ; Mitteilung Marie Makariusová, Praha, CZ.
(D. Angetter)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)