Dannhauser, Wilhelm (1839–1925), Politiker, Funktionär und Unternehmer

Dannhauser Wilhelm, Politiker, Funktionär und Unternehmer. Geb. Innsbruck (Tirol), 19. 3. 1839; gest. ebd., 14. 8. 1925 (seit 1998 Ehrengrab: Westfriedhof); mos. Sohn des Innsbrucker Altwarenhändlers Ezechiel Dannhauser (geb. Innsbruck, 1796; gest. ebd., 24. 1. 1869) und dessen Frau Regina Dannhauser, geb. Neuburger (geb. Buchau, Reichsfürstentum Buchau / Bad Buchau, D, 8. 6. 1805; gest. Innsbruck, 30. 3. 1840), Bruder des Kaufmanns Jakob Dannhauser (geb. Innsbruck, 24. 8. 1834; gest. Wien, 27. 11. 1904); ab 1865 verheiratet mit Bertha Dannhauser, geb. Kleiner (geb. Scheinfeld, Bayern/D, 2. 2. 1840; gest. Innsbruck, 27. 12. 1939). – D. besuchte 1851–54 das akademische Gymnasium in Innsbruck. Im Dezember 1860 gründete er mit seinem Bruder Jakob ein Geschäft für Weißwaren und Wäscheerzeugnisse in Innsbruck, das später um eine Filiale in Wien erweitert wurde und seine Produkte auch in den Nahen Osten und nach Südamerika exportierte. Ab 1868 war D. Ratsmitglied des von ihm 1863 mitbegründeten Innsbrucker Turnvereins und gehörte weiters dem Vorstand des Constitutionellen Vereins, des Trägers der neuen liberalen Partei, an. 1872–96 saß er als liberaler – und erster jüdischer – Abgeordneter im Innsbrucker Gemeinderat. In dieser Zeit sah er sich mit einer zunehmend antisemitischen Stimmung konfrontiert. 1874 rückte er in den Vorstand des Turnvereins auf und war maßgeblich für den Bau von dessen Turnhalle (1880) verantwortlich. Die ihm dafür verliehene Ehrenmitgliedschaft legte er 1894 zurück, nachdem seinem Sohn die Aufnahme mit Verweis auf dessen Religion verwehrt worden war. D. war zudem in der Handelskammer in beratender Funktion aktiv, gehörte ab 1886 dem Staatseisenbahnrat an und engagierte sich für Verbesserungen im Fremdenverkehr. Auch die Bildungspolitik war ihm ein Anliegen, was durch die bereits 1879 eröffnete Handelsschule und seine Bemühungen um Errichtung einer öffentlichen höheren Mädchenschule erkennbar wird. Der zunehmende Antisemitismus erschwerte 1890 und 1893 D.s Wiederwahl in den Gemeinderat. 1896 wurde er von seiner Partei nicht mehr nominiert. Die Nachwahlen im darauffolgenden Jahr endeten mit einer Stimmgleichheit und schließlich mit dem Verzicht D.s auf einen Antritt bei der geplanten Wahlwiederholung. Neben seiner politischen Tätigkeit wirkte D., gemeinsam mit →Louis Bauer und Siegmund Abeles, federführend an den Vorarbeiten zur Errichtung einer eigenständigen jüdischen Gemeinde in Tirol mit. Ein Teilziel konnte 1892 mit der Einrichtung einer jüdischen Religionsklasse in den Räumlichkeiten der Bürgerschule erreicht werden. Des Weiteren war er 1902 an der Gründung der Beerdigungsbruderschaft Chewra Kadischa beteiligt. Ab 1914 stand D. als erster Präsident der neu gegründeten Kultusgemeinde für Nordtirol vor und stellte im Hof seines Hauses ein Stöckelgebäude als Betraum zur Verfügung. Die Pläne zur Errichtung einer Synagoge scheiterten nach dem Ende des 1. Weltkriegs nicht zuletzt an der prekären finanziellen Situation der jüdischen Gemeinde. Auch in seiner neuen Funktion als Präsident der Kultusgemeinde betätigte sich D. weiterhin politisch und trat dem Antisemitismus entschieden entgegen.

L.: M. Achrainer, in: Von S. Sulzer bis „Bauer und Schwarz“. Jüdische Vorreiter der Moderne in Tirol und Vorarlberg, ed. Th. Albrich, 2009, S. 225ff. (mit Bild); Judenbichl. Die jüdischen Friedhöfe in Innsbruck, ed. Th. Albrich, 2010, s. Reg. (mit Bild); Th. Albrich, Jüdisches Leben im historischen Tirol. Von ... 1918 bis in die Gegenwart, 2013, s. Reg. (mit Bild); Hohenems Genealogie (online, Zugriff 15. 1. 2018); Jüdisches Museum Hohenems, Vorarlberg.
(R. Einetter)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)