Demelius, Gustav (1831–1891), Jurist

Demelius Gustav, Jurist. Geb. Allstedt, Sachsen-Weimar-Eisenach (D), 31. 1. 1831; gest. Wien, 7. 11. 1891; evang. AB. Sohn eines Advokaten, Großvater von →Heinrich Demelius (s. u. Ernst Demelius), Vater von →Ernst Demelius; ab 1858 verheiratet mit Ottilie Demelius, geb. Vogel (1830–1923), Patenkind Goethes und Tochter von dessen Arzt und Vertrautem, dem großherzoglichen Staatsrat Carl Vogel. – D. besuchte das Gymnasium in Weimar und studierte anschließend ab 1849 zunächst Philologie, dann Rechtswissenschaften an der Universität Jena, wo er der Burschenschaft Germania angehörte. Zu seinen Lehrern zählten Heinrich Aemilius August Danz und Burkhard Wilhelm Leist; 1855 Dr. iur. D. strebte eine wissenschaftliche Laufbahn an und ging nach Österreich, wo Minister →Leo Graf von Thun-Hohenstein Lehrkräfte für die rechtshistorischen Disziplinen suchte. Unter der Ägide Eduard Chambons habilitierte er sich 1856 an der Universität Prag mit einer Untersuchung „Über das Klagerecht aus Forderungsrechten“ für römisches Recht. Bereits 1857 wurde er ao. Professor für römisches Recht an der Universität Krakau und 1860 o. Professor ebendort. 1862 berief man D. als Ordinarius für römisches Recht an die Universität Graz, wo er 19 Jahre lang wirkte; 1864/65, 1871/72 und 1878/79 Dekan, 1875/76 Rektor. Zu seinen Grazer Schülern zählten →Emil Strohal und Alexander Grawein. 1881 wurde D. – in Nachfolge von →Ludwig Arndts Ritter von Arnesberg – zum o. Professor für römisches Recht an der Universität Wien ernannt; 1882/83 und 1889/90 Dekan. D.ʼ wissenschaftliches Werk ist v. a. Problemen an der Grenze zwischen Zivilrecht und Zivilprozessrecht gewidmet. 1856 erschienen seine „Untersuchungen aus dem römischen Civilrechte“, welche die Geschichte der Klagenverjährung bzw. die Unterscheidung von Verjährung und Befristung zum Gegenstand hatten. Nach Herausgabe der „Legum quae ad ius civile spectant fragmenta“ (1857) erschien 1858 die wertvolle Schrift über „Die Rechtsfiction in ihrer geschichtlichen und dogmatischen Bedeutung“. Auf Einladung Rudolf von Jherings schrieb D. eine Reihe von Aufsätzen für die „Jahrbücher für Dogmatik“. In D.ʼ Grazer Zeit entstanden die Monographien „Die Exhibitionsfrist in ihrer Bedeutung für das classische und heutige Recht“ (1872) und „Die Confessio im römischen Civil-Process und das gerichtliche Geständnis der neuesten Processgesetzgebung“ (1880). Sein wohl bedeutendstes und noch heute maßgebliches Werk „Schiedseid und Beweiseid im römischen Civilprocesse. Beitrag zur Erörterung der Eidesfrage“ erschien 1887. D., der 1873–75 auch als Kurator der evangelischen Pfarrgemeinde Graz fungierte, wurden 1878 der Titel Regierungsrat und 1881 Titel und Charakter eines Hofrats verliehen.

Weitere W. (s. auch Jahrbuch der k. k. Universität Wien, 1891/92, S. 15f.): Die Ausübung des Wahlrechts in obligatorischen Verhältnissen, in: Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß, NF 17, 1860; Plautinische Studien, in: ZRG, Romanistische Abteilung 1, 1861, 2, 1863.
L.: NFP, WZ, 9. 11. 1891; NFP, 27. 12. 1928; ADB; Inauguration Univ. Wien, 1892/93; L. Mitteis, in: Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart 20, 1893, S. 612ff.; E. Strohal, in: ZRG, Romanistische Abteilung 15, 1894, S. 1ff.; R. Stintzing – E. Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft 3/2, 1910, S. 804, 853; G. Mecenseffy, Evangelische Lehrer an der Universität Wien, 1967, S. 58ff. (mit Bild); K. Ebert, in: ZRG, Germanistische Abteilung 87, 1970, S. 265ff.; G. Wesener, Geschichte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz 1, 1978, s. Reg. (mit Bild), 4, 2002, s. Reg.; G. Oberkofler, Die Vertreter des Römischen Rechts mit deutscher Unterrichtssprache an der Karls-Universität in Prag, 1991, S. 22ff., 78ff.; G. Wesener, in: Grundlagen der österreichischen Rechtskultur ..., ed. Th. Olechowski u. a., 2010, S. 577ff., bes. 588f.; UA, Wien; Pfarre Mödling-St. Othmar, Niederösterreich.
(G. Wesener)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 2, 1954), S. 177
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