Deutsch-German, Alfred (1870–ca. 1943), Drehbuchautor, Schriftsteller, Journalist und Filmregisseur

Deutsch-German Alfred, Drehbuchautor, Schriftsteller, Journalist und Filmregisseur. Geb. Wien, 27. 9. 1870; gest. KZ Auschwitz, Deutsches Reich (PL), ca. 30./31. 10. 1943 (ermordet); mos., ab 1906 röm.-kath. Sohn des Kaufmanns und Redakteurs Moritz Deutsch. – D. war zunächst schriftstellerisch tätig und trug 1905 den später mehrfach aufgelegten Band „Wiener Mädel“ für Hans Ostwalds Reihe „Großstadt-Dokumente“ bei. Noch vor dem 1. Weltkrieg begann er für den österreichischen Film Drehbücher zu schreiben und beteiligte sich im Februar 1913 an der Gründung der Kinofinanzierungsgesellschaft m. b. H., deren Geschäftsführer er wurde. Im März 1920 engagierte er sich intensiv für die Einführung einer verschärften Filmzensur. 1921 drehte D. seinen ersten Film, „Das grüne Licht“, eine Kombination aus Bühnen- und Filmsketch. Sein erster abendfüllender Kinospielfilm wurde im Oktober 1922 uraufgeführt. Bei D.s Filmen handelt es sich vorwiegend um historisierende Stoffe, Operetten und Musikerbiographien, wobei er 1926 mit der Adaption des Bühnenstücks „Frau Braier aus Gaya“ besonderen Erfolg hatte. Für den Tonfilm war D. nur einmal tätig, als er ab März 1932 die erst Anfang 1934 uraufgeführte Künstlerbiographie „Der Musikant von Eisenstadt“ über das Leben Joseph Haydns inszenierte. 1934–38 war D. Vorsitzender der österreichischen Sektion der International Federation of Film Critics (FIPRESCI). Daneben schrieb er Artikel für die „Kleine Volks-Zeitung“. Da er als Jude nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 gefährdet war, entschied er sich nach dem Tod seiner Frau Ida im Juni dieses Jahres, Österreich zu verlassen, und ging ins Exil nach Südfrankreich. Zu Beginn des 2. Weltkriegs wurde er in Nizza interniert, bald darauf an die deutsche Besatzungsmacht überstellt und Ende Oktober 1943 vom Sammellager Drancy nach Auschwitz deportiert, wo er vermutlich sofort ermordet wurde.

Weitere W. (s. auch Weniger, 2001, 2008, 2011): Filmdrehbücher: Johann Strauß an der schönen blauen Donau, 1913; Frau Gertrud Namenlos, 1913; Das Kriegspatenkind, 1915; Bogdan Stimoff, 1916; Tyrannenherrschaft, 1916; Das Auge des Buddha, 1918; Die schwarze Fahne, 1919; Alte Zeit – neue Zeit, 1919; Der Herzog von Reichstadt, 1920; Der Rosenkreuzer, 1921; Ludwig II., 1921/22; Der hinkende Teufel, 1922; Befehl zur Ehe, 1928; Erzherzog Johann, 1928. – Regie und Drehbuch: Die Welt in Gefahr, 1922; Wien, die Stadt der Lieder, 1922; Pflicht und Ehre, 1923; Franz Lehár, der Operettenkönig, 1924; Franz Schuberts letzte Liebe, 1925; Die Tat des Andreas Harmer, 1929. – Publ.: Wiener Porträts, 1903; etc.
L.: Kleines Lexikon des österreichischen Films, ed. L. Gesek, 1959; K. Weniger, Das große Personenlexikon des Films 2, 2001 (m. Filmographie); A. Loacker, Kino vor dem KZ. Österreichische Filmschaffende als NS-Opfer, in: filmarchiv, 2003, H. 7, S. 11, 13f. (m. B.); K. Weniger, Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933–1945, 2008, S. 92 (m. B. u. Filmographie); ders., „Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …“. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945, 2011, S. 137f. (m. B. u. Filmographie); IKG, Wien.
(K. Weniger)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)