Dreher, (Carl) Anton (1849–1921), Großindustrieller und Großgrundbesitzer

Dreher (Carl) Anton, Großindustrieller und Großgrundbesitzer. Geb. Schwechat (Niederösterreich), 21. 3. 1849; gest. Schloss Altkettenhof (Schwechat, Niederösterreich), 6. 8. 1921; röm.-kath. Sohn von →Anton (Eugen) Dreher und Anna Maria Dreher, geb. Herrfeldt, Neffe des Brauers Franz Josef Aich, Vater von Anton Eugen Dreher (1871–1925), Großvater von Oskar Anton Dreher (1914–1926); ab 1870 verheiratet mit Katharina (Käthi) Dreher (geb. Simmering, Niederösterreich/Wien, 14. 11. 1850; gest. Schloss Altkettenhof, 17. 2. 1937), Tochter des Brauereibesitzers Theodor Meichl und Trägerin des Elisabeth-Ordens 2. Klasse (1902). – D. erhielt eine humanistische Ausbildung am Akademischen Gymnasium in Wien sowie eine technische am Polytechnikum in Zürich und bildete sich auf Studienreisen in Deutschland, England, Frankreich, den Niederlanden und in der Schweiz weiter. Nach dem Tod seines Vaters leiteten bis zu seiner Volljährigkeit 1870 testamentarisch bestellte Direktoren, sein Onkel und August Deigelmayer, unter Aufsicht des Testamentexekutors →Cajetan Frh. von Felder die Brauerei. Sie erwarben 1863 das Schloss Rothmühle in Schwechat für D. und ergänzten 1869 die Brauereistandorte Schwechat, Michelob (Měcholupy) bei Saaz (Žatec) und Steinbruch/Kőbánya (Budapest) durch eine Brauerei in Triest, wo die Birra Dreher hergestellt wurde. D. forcierte danach den Export des Schwechater Biers in die Niederlande und nach Deutschland. 1871 ließ er eine Kältemaschine entwickeln und steigerte die jährliche Produktion bis 1898 auf 1,25 Millionen Hektoliter. 1893 besichtigte Kaiser →Franz Joseph I. die Schwechater Brauerei. D. förderte Gastwirte mit Kleinkrediten und band sie als regelmäßige Abnehmer an die Brauerei. 1872 kaufte er das Schloss Altkettenhof und ließ es 1902 im neubarocken Stil umbauen. In Erdőhát bei Martonvásár unterhielt er ein Gestüt und nahm ab 1885 mit seinen Pferden erfolgreich an vielen Rennen teil. 1905 erhielt die Brauerei die Rechtsform einer AG. 1913 kam es zur Fusion der größten Brauereien in Wien und Umgebung zur Vereinigten Brauerei Schwechat, St. Marx, Simmering – Dreher, Mautner, Meichl AG, wobei die Familie D. die Aktienmehrheit hielt. Im 1. Weltkrieg sank der Bierausstoß ebenso wie die Qualität des Biers auf einen Tiefstand. Das Brauhaus Schwechat wurde in ein Kriegsspital für 80 Mann umgestaltet. Die zum Militär eingezogenen Mitarbeiter erhielten jedoch weiter ihren Lohn. D., der außer dem Gut Oberlanzendorf und umfangreichem Grundbesitz in Mähren ein großes Vermögen besaß, spendete für den Bau der 1893 eröffneten Knabenschule in Schwechat fast die Hälfte der Baukosten. Er war Mitglied im Industriellen Klub, niederösterreichischer Landtagsabgeordneter in der Kurie des Großgrundbesitzes (1884–90, 1902–08) und Herrenhausmitglied (1902–18), wobei er sich der Verfassungspartei anschloss. Bei der Wiener Weltausstellung 1873 erhielt er eine Goldmedaille. D. bekam 1903 den Orden der Eisernen Krone II. Klasse und 1909 das Großkreuz des Franz Joseph-Ordens verliehen. Sein Sohn Anton Eugen Dreher wurde sein Nachfolger als Präsident des Konzerns. Nach dessen Tod übernahm sein Neffe Eugen (Jenő) Anton Dreher (geb. 1872), Präsident der 1907 aus dem Konzern ausgegliederten Brauerei in Steinbruch, die Leitung und verkaufte die Aktien der Familie 1926 einem Bankenkonsortium.

L.: NFP (Parte), Pester Lloyd, WZ, 8. 8. 1921 (Parte); Czeike; J. Promitzer, Dreihundert Jahre Brauhaus Schwechat, 1932, S. 48ff. (m. B.); Adler. Monatsblatt der Vereine für Sippenforschung in der Ostmark 6, 1944, S. 85ff.; K. Roschitz, Wiener Weltausstellung 1873, 1989, S. 105, 127, 169; J. Jetschgo u. a., Österreichische Industriegeschichte 2, 2004, S. 252; O. Krause, Biographisches Handbuch des NÖ Landtags 1861–1921, 2005, S. 56f.; G. A. Stadler, Das industrielle Erbe Niederösterreichs, 2006, S. 720f., 735, 406; R. Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 2013, s. Reg. (m. B.); www.wiener-weltausstellung.at (Zugriff 27. 1. 2014, m. B.).
(J. Mentschl)  
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 199f.
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