Ehlen, Otto (1831–1898), Architekt

Ehlen Otto, Architekt. Geb. Berlin, Preußen (D), 6. 4. 1831; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 2. 12. 1898; evang. Ab 1861 mit der Schriftstellerin Ottilie Ehlen, geb. Werner (1835–1918), verheiratet. – E., über dessen Studium nichts bekannt ist, ließ sich 1861 in Prag nieder, wo er sich v. a. dank seiner technischen Begabung behaupten konnte. Am Beginn seiner Tätigkeit arbeitete er mit dem Baumeister Josef Kandert zusammen. Mit ihm realisierte er eigene Projekte, unter denen besonders das Elisabethbad im Stil der Tudor-Neugotik (Prag 1869, abgerissen 1940) und das klassizisierende Geschäftshaus Dittmar (Prag, 1872–73) hervorragten. Bei Letzterem experimentierte er mit einer gewagten Eisenkonstruktion, wobei er die gemauerten Wände in zwei Geschoßen des erhöhten Parterres durch Eisensäulen ersetzte. 1875 erbaute er im Prager Vorort Letná erfolgreich eine Villa aus Beton (abgerissen). Ein Jahr später verwendete er die Betonkonstruktion auch für den gesamten Bau inklusive Dach beim Arbeiterhaus der Glasfabrik der Brüder Augustin Gerhardt und Jan Gerhardt in Podiebrad. 1877 erhielt er die Baukonzession und verwirklichte in der Folge zahlreiche Prager Mietshäuser sowie u. a. 1881 das Gemeindehaus mit Schule für die Prager deutsche evangelische Gemeinde. Zu seinen bedeutendsten Aufträgen gehören das Variété-Theater in der Prager Vorstadt Karolinenthal (1880–81, 1896–98 von →Friedrich Ohmann umgebaut) und die Mühle von Josef Baborský in der Nähe der Franz-Joseph-Brücke (1880, abgerissen), deren Gebäude mit der reich gefärbten Fassade im Stil der romantischen Neugotik zu den größten Mühlen Prags zählte. Der Stil seiner Projekte ist hauptsächlich dem Spätklassizismus zuzurechnen. Obgleich E.s eklektizistische Entwürfe manchmal gestalterischer Originalität entbehren, wird er als Pionier für moderne Materialien und Konstruktionsverfahren geschätzt. Daneben betätigte er sich auch als Erfinder: Bereits 1864 erhielt er Privilegien auf ein Trapez-Doppelfenster und die sogenannten Ehlen’schen Sturmkappen, durch deren Anwendung die Rauchentwicklung bei schlechtem Wetter verhindert werden sollte, 1876 wurde ihm ein Privileg auf ein sturm- und feuersicheres Dach, das sogenannte Monolith-Dach, gewährt. E. war ab 1866 Mitglied in dem neu gegründeten Architekten- und Ingenieur-Verein in Böhmen (Spolek architektů a inženýrů v Čechách), wechselte drei Jahre später in den Deutschen polytechnischen Verein, kehrte 1877 aber wieder in Ersteren zurück. Außerdem gehörte er dem St. Lukas-Verein und dem Schriftsteller- und Künstlerverein Concordia an.

Weitere W.: s. AKL; Encyklopedie architektů.
L.: Prager Abendblatt, 3., Bohemia, 4. 12. 1898; AKL (mit W.); BSČZ; O. Ehlen, in: Technische Blätter 6, 1874, S. 1ff., 7, 1875, S. 217ff.; ders., in: Mittheilungen des Architekten- und Ingenieur-Vereines im Königreiche Böhmen 12, 1877, Nr. 2, S. 1ff.; F. X. Harlas, Sochařství, stavitelství, 1911, S. 153; Nová encyklopedie českého výtvarného umění 1, ed. A. Horová, 1995; Böhmen im 19. Jahrhundert, ed. F. Seibt, 1995, S. 252f.; J. Vybíral, in: Dějiny českého výtvarného umění 1780–1890, 3/1, ed. T. Petrasová – H. Lorenzová, 2001, S. 278ff.; Encyklopedie architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách, ed. P. Vlček, 2004 (mit W.); Digitalizované pobytové přihlášky pražského policejního ředitelství (konskripce) 1850–1914 (online).
(V. Laštovičková)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)