Englisch, Josef (1835–1915), Urologe und Chirurg

Englisch Josef, Urologe und Chirurg. Geb. Freudenthal, Schlesien (Bruntál, CZ), 11. 1. 1835; gest. Wien, 5. 5. 1915 (begraben: Třebíč, CZ); röm.-kath. Sohn eines Schuhmachers; ab 1873 verheiratet mit der Opernsängerin Maria Theresie Englisch, geb. Budischowsky (geb. 30. 7. 1849; gest. Wien, 16. 1. 1930). – Nach dem Besuch des Akademischen Gymnasiums in Wien studierte E. ab 1857 Medizin an der dortigen Universität; 1863 Dr. med., 1865 Dr. chir., 1867 Mag. obstet. 1863–65 vertiefte er seine Kenntnisse als Operationszögling an der I. Chirurgischen Universitätsklinik bei →Johann Freiherr Dumreicher von Österreicher, 1866–69 wirkte er als 1. Sekundararzt an der III. Chirurgischen Universitätsklinik unter dem Urologen →Leopold von Dittel. Danach eröffnete er eine Privatpraxis in Wien. 1871 habilitierte sich E. als Privatdozent für Chirurgie an der Universität Wien. 1876 übernahm er die Stelle eines Primararztes im Rudolfspital; 1892 ao. Professor für Chirurgie. Sein Versuch, 1896 eine Lehrkanzel für Urologie an der Wiener Universität einzurichten, scheiterte am Widerstand →Eduard Alberts. 1901 trat er in den Ruhestand. E. arbeitete auf den Gebieten der Urologie sowie der orthopädischen Chirurgie. Sein wissenschaftliches Œuvre ist umfangreich und befasst sich einerseits mit Erkrankungen der Blase, der Hoden, darunter der Hydrozele, der Harnröhre, und hier wiederum vielfach mit ihren angeborenen Entwicklungsstörungen, und andererseits mit Erkrankungen des Mastdarms, mit der Periostitis sowie mit Nabel- und Knochenbrüchen. Anhand von rund 2.000 Patienten forschte E. 1879–82 über die Ursachen der Kleinheit der Vorsteherdrüse, wofür er sich nationales und internationales Ansehen erwarb. Erwähnenswert ist zudem sein umfassendes Werk „Über Hernia obturatoria“ (1891). Für Albert Eulenburgs mehrbändige „Realenzyklopädie der gesamten Heilkunde“ (1894–1901) verfasste er Beiträge zu Blasensteinen, Catheterismus, Mastdarm, Prostata und Varicocele. Darüber hinaus entwickelte E. u. a. einen Extensionsapparat für Knochenbrüche der unteren Extremitäten, eine Nasentamponade und ein Instrument zum Einführen der weichen Katheter. Dem Zystoskop hingegen stand er skeptisch gegenüber. Ab 1870 Mitglied sowie ab 1883 Verwaltungsrat der Gesellschaft der Ärzte in Wien, wurde E. 1907 zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Urologie gewählt. Weiters war er Mitglied des Wiener medizinischen Doctoren-Collegiums, in dessen Mitteilungen er häufig publizierte.

Weitere W. (s. auch Eisenberg): Ueber primäre Hydronephrose, in: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 11, 1879; Ueber die fungöse Gelenksentzündung und ihre Beziehung zur Tuberkulose der Knochen, in: Wiener Klinik 6, 1880; Über angeborene Penisfisteln, in: Internationales Centralblatt für die Physiologie und Pathologie der Harn- und Sexual-Organe 3, 1892; Ueber Taschen und Zellen der Harnblase, in: Wiener Klinik 20, 1894; Ueber tuberculöse Infiltration des Zellgewebes in der Umgebung der Vorsteherdrüse und der Blase, ebd. 22, 1896; Periurethritis infectiosa, in: WMW 49, 1899; Über eingesackte Harnsteine, ebd. 53, 1903.
L.: NFP (Abendblatt), WZ, 6. 5. 1915; Czeike; Eisenberg 2 (mit W.); Inauguration Univ. Wien 1915/16, 1915, S. 31f.; Pagel; WKW 28, 1915, S. 510; Leopoldina 51, 1915, S. 54; K. H. Tragl, Chronik der Wiener Krankenanstalten, 2007, s. Reg.; P. P. Figdor, Biographien österreichischer Urologen, 2007, S. 79ff.; Adler 26, Oktober/Dezember 2012, S. 291f.; Pfarre Sankt Michael, UA, WStLA, alle Wien.
(F. Moll)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 253f.
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