Erdinger, Karl Borromäus (1822–1899), Botaniker und Theologe

Erdinger Karl Borromäus, Botaniker und Theologe. Geb. Steinegg (Niederösterreich), 22. 2. 1822; gest. St. Pölten (Niederösterreich), 14. 12. 1899; röm.-kath. Sohn des Hammerschmieds Johann Erdinger und der Franziska Erdinger, geb. Metz, Bruder des Zisterzienser-Priesters Augustin (Franz) Erdinger (geb. Steinegg, 3. 4. 1823; gest. Zwettl, Niederösterreich, 15. 7. 1885) und des →Anton Erdinger. – Nach Absolvierung des Piaristengymnasiums in Horn belegte E. die philosophischen Studien an der Universität Wien, trat 1841 in das Priesterseminar in St. Pölten ein und legte 1845 die Profess ab. Zunächst Stadtpfarrkooperator in Tulln, dann 1846–56 in gleicher Funktion in Scheibbs, kam er schließlich als Domkurat nach St. Pölten und leitete 1857–74 als Rektor das bischöfliche Knabenseminar (Marianum), das 1871 von Krems nach Seitenstetten verlegt wurde. 1871 zum Ehrenkanonikus im Kathedralkapitel zu St. Pölten ernannt, avancierte E. 1874 zum wirklichen Kanonikus, 1891 zum Domscholasten und 1893 schließlich zum Domdechanten. E. beschäftigte sich als Privatgelehrter mit der Flora Niederösterreichs, als deren hervorragender Kenner er damals galt. Für den ersten Band (1859) von →Moritz Alois von Beckers berühmtem Buch „Der Ötscher und sein Gebiet“ bearbeitete er in einem eigenen Kapitel „Die Pflanzen des Ötschergebiets“. In diesem Werk ebenso wie im 1872 erschienenen „Verzeichnis der in der Umgebung von Krems vorkommenden Laub- und Leber-Moose sowie der Gefäss-Kryptogamen und der phanerogamischen Gefäßpflanzen“ ist die Mitberücksichtigung der kryptogamen Pflanzen (Farnpflanzen, Moose und Flechten) für die Darstellung der Flora der entsprechenden Regionen bemerkenswert. Für das Ötscherbuch schrieb er nicht nur botanische, sondern auch mundartkundliche Beiträge. Für die „Flora von Nieder-Oesterreich“ (1859) von →August Neilreich und die Nachträge hierzu aus den Jahren 1866 und 1869 lieferte E. zahlreiche Fundmeldungen. Bereits um 1840 hatte er die Brüder →Josef Kerner und →Anton Kerner von Marilaun in Krems während gemeinsamer Ausflüge in die Botanik eingeführt. Ihm zu Ehren wurde 1861 eine Weiden-Hybride Salix x erdingeri und 1864 eine Orchideen-Hybride Coeloglossum erdingeri benannt. E. war u. a. ab 1852 Mitglied der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien. Sein Moosherbarium (27 Faszikel) befindet sich im Stift Seitenstetten.

Weitere W.: Salix Kerneri, in: Verhandlungen der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 15, 1865; Zur Flora des „Gamssteins“ bei Hollenstein a. d. Ybbs, in: Österreichische botanische Zeitschrift 29, 1879.
L.: Linzer Volksblatt, Salzburger Chronik, 16., St. Pöltner Zeitung, 21., Das Vaterland, 23. 12. 1899; Stafleu; A. Erdinger, Bibliographie des Clerus der Diöcese St. Pölten …, 2. Aufl. 1889; I. Dörfler, Botaniker-Adressbuch, 1896, S. 111; Österreichische botanische Zeitschrift 50, 1900, S. 30; Botanik und Zoologie in Österreich in den Jahren 1850 bis 1900, 1901, s. Reg.; P. Ascherson – P. Graebner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora 3, 1907, S. 848; E. M. Kronfeld, A. Kerner von Marilaun, 1908, bes. S. 5, 253f.; Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 13/14, 1915, S. 535; J. H. Barnhart, Biographical notes upon botanists 1, 1965; J.-P. Frahm – J. Eggers, Lexikon deutschsprachiger Bryologen, 2. Aufl. 2001; UA, Wien (mit Bild); Stiftspfarre Altenburg, Dompfarre St. Pölten, beide Niederösterreich.
(M. Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 261
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