Eysler, Edmund; ursprünglich Eisler Salomon (1874–1949), Komponist

Eysler Edmund, ursprünglich Eisler Salomon, Komponist. Geb. Wien, 12. 3. 1874; gest. ebd., 4. 10. 1949 (Ehrengrab: Wiener Zentralfriedhof); mos., ab 1898 röm.-kath. Sohn des aus Mähren stammenden Kaufmanns Bernhard Eisler (1841–1921) und seiner Frau Marie, geb. Stern (1848–1914), Vater von Grete Pujmann (1897–1990) und Maria Merio (geb. 1901); ab 1897 mit Leopoldine Allnoch (1874–1959) verheiratet. Auf Anraten von →Wilhelm Karczag änderte E. die Schreibweise seines Nachnamens in Eysler (ab 1909 amtlich). – E. sollte ursprünglich Ingenieur werden, doch gelang es seinem Freund →Leo Fall, die Eltern zu überzeugen, ihn aufs Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien zu schicken. Dort studierte er 1890–95 bei →Robert Fuchs und →Johann Nepomuk Fuchs Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition sowie bei Anton Door Klavier. Nach dem Abschluss schlug E. sich als Klavierlehrer durch. Später Korrepetitor und Hauskomponist in →Gabor Steiners Venedig in Wien bzw. Danzers Orpheum, versuchte er sich in der seriösen Musik mit dem Ballett „Schlaraffenland“, das trotz des Interesses →Joseph Hassreiters an der Wiener Hofoper nicht zur Aufführung kam, ebenso wenig wie die Oper „Der Hexenspiegel“. Deren Librettist →Igna(t)z Schnitzer gewann den renommierten Verleger Joseph Weinberger für das Werk. Auf dessen Rat arbeitete E. die Oper unter Verwendung eines von Moritz West (→Moritz Nitzelberger) für →Alexander Girardi geschriebenen Librettos in eine Operette um. Die Premiere von „Bruder Straubinger“ im Februar 1903 im Theater an der Wien war das erfolgreichste Debüt der Operettengeschichte und der Wendepunkt in E.s Leben. Fortan standen seine Kompositionen in der Nachfolge jener volkstümlichen, singspielhaften Operetten, wie sie etwa Carl Zellers „Vogelhändler“ repräsentiert und in denen der Komiker die Hauptrolle spielt. Girardi machte aus dem Walzerlied „Küssen ist keine Sünd’“ einen Schlager und aus E. den Lieblingskomponisten seiner späteren Karriere. Nach dem nur mäßig erfolgreichen „Pufferl“ 1905 im Theater an der Wien wechselten beide noch im selben Jahr ans Carltheater, wo sie mit „Die Schützenliesel“ (1905) und „Künstlerblut“ (1906) erneut große Erfolge hatten. Diese Werke waren Gegenentwürfe zur modernen, mondänen, psychologisierenden Salonoperette, wie sie seit →Franz Lehárs „Lustiger Witwe“ Schule machte und von der sich sowohl Girardi als auch E. distanzierten. Er beharrte weiter auf seinem Wiener Idiom und der einfachen, unprätentiösen Musikdramaturgie. Künstlerischer Leichtsinn, die Schnelligkeit, mit der er komponierte, und nicht zuletzt sein verschwenderischer Lebensstil verführten ihn zunehmend zur Vielschreiberei, u. a. für Wiens Varietébühnen (sehr erfolgreich, auch international, so 1907 mit „Vera Violetta“). Nachdem Girardi vorübergehend nach Berlin gegangen war und die großen Wiener Bühnen durch die Serienerfolge der modernen Operetten belegt waren, fand E. in →Oskar Fronz’ Wiener Bürgertheater eine adäquate Bühne. Das von →Felix Biedermann ganz nach seinen Bedürfnissen geschriebene „Alt-Wiener Stück“ „Der Unsterbliche Lump“ wurde zu E.s Lieblingswerk und 1910 ein großer Erfolg – so auch die folgenden Operetten für das Bürgertheater, „Der Frauenfresser“ (1911) und „Der lachende Ehemann“ (1913; daraus: „Fein, fein schmeckt uns der Wein“). Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs hatte E. den Zenit seiner Karriere bereits überschritten, den kulturellen Umbruch der wirtschaftlich schwierigen Nachkriegsjahre konnte und wollte er nicht mehr mitmachen; moderne Tänze und Jazz-Rhythmen der 1920er-Jahre kamen bei ihm nicht vor. Mit der Operette „Die goldene Meisterin“ feierte er 1927 seinen letzten Erfolg. Von deren Erlös hatte E. freilich wenig, war er doch erst kurz vorher als Bürge der Schulden seines Schwiegersohns finanziell selbst in Bedrängnis geraten. Der „Anschluss“ Österreichs 1938 traf ihn besonders schwer. Als jüdischer Komponist ohne Einnahmen, war er gezwungen, seinen Lebensunterhalt mit Klavierstunden zu verdienen. Noch dazu wurde seine von der AKM (Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger) bewilligte Pension durch die STAGMA (Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte) von 400 Schilling auf 11,11 RM gekürzt. Nur der Sohn seines verstorbenen Librettisten →Leo Stein unterstützte ihn monatlich mit einer größeren Summe. E.s „arische“ Frau, seine Töchter und deren ebenfalls „arische“ Männer kämpften um den Verbleib in der Wohnung und konnten schließlich auch seine Deportation verhindern. Nach Ende des 2. Weltkriegs wurde E. allseits als Verkörperung des alten Wiens geehrt, das nun endgültig untergegangen war. Er wurde unter anderem mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1934) und dem Ehrenring der Stadt Wien (1949) ausgezeichnet.

Weitere Bühnenwerke (s. auch Grove, 2001; MGG II; Gänzl): Das Zirkuskind, 1911; Ein Tag im Paradies, 1913; Die oder keine, 1915; Wenn zwei sich lieben, 1915; Warum geht’s denn jetzt?, 1916; Hanni geht tanzen!, 1916; Graf Toni, 1917; La bella Mammina, 1921; Das Land der Liebe, 1926; Ihr erster Ball, 1929; etc. – Instrumentalmusik; Lieder. – Teilnachlass: Wienbibliothek im Rathaus, Wien.
L.: E. Eysler, in: Neues Wiener Journal, 11. 6. 1905; L. Hirschfeld, in: NFP, 11. 3. 1934; Czeike (m. B.); Grove, 1980, 2001 (m. W.); MGG I, II (m. B. u. W.); K. Ewald, E. E., ein Musikus von Wien, 1934 (m. B.); F. Hadamowsky – H. Otte, Die Wiener Operette, 1947, s. Reg. (m. B.); R. M. Prosl, E. E., 1947 (m. B.); P. Herz, Gestern war ein schöner Tag, 1985, s. Reg.; H. Grunwald u. a., Ein Walzer muß es sein. A. Grünwald und die Wiener Operette, 1991, s. Reg.; R. Dachs, Sag beim Abschied ..., 1994, S. 131ff. (m. B.); K. Gänzl, The Encyclopedia of the Musical Theatre 1, 2. Aufl. 2001 (m. W.).
(St. Frey)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 278
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