Andree-Eysn, Marie; geb. Eysn, verehel. Andree (1847–1929), Volkskundlerin und Botanikerin

Andree-Eysn Marie, geb. Eysn, Volkskundlerin und Botanikerin. Geb. Horn (Niederösterreich), 11. 11. 1847; gest. Berchtesgaden, Deutsches Reich (D), 13. 1. 1929; röm.-kath., ab 1903 evang. Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns; verheiratet ab 1903 mit dem Ethnographen und Geographen Richard Andree (geb. Braunschweig, Herzogtum Braunschweig/D, 26. 2. 1835; gest. München, Bayern/D, 22. 2. 1912). – Um 1860 übersiedelte A. nach Salzburg, wohin sich ihre Eltern aufgrund günstiger Vermögensverhältnisse ins Privatleben zurückzogen. Seit frühester Jugend erhielt A. Privatunterricht, später war es ihr möglich, sich autodidaktisch weiterzubilden und sich ihren vielschichtigen Interessen zu widmen. In der frühen Phase ihres Lebens konzentrierte sie sich hauptsächlich auf naturwissenschaftlich-botanische Bereiche, wo sie, angeregt durch freundschaftliche Kontakte mit der Familie →Anton Kerner von Marilauns, begann, in der Umgebung Salzburgs Alpenpflanzen zu sammeln. Für sich selbst legte sie ein phanerogames Herbarium an und arbeitete gleichzeitig an dem großangelegten Werk Kerner von Marilauns, den „Schedae ad floram exsiccatam Austro-Hungaricam“ (1881-1913), mit, für das sie 1887–91 mehr als 1.200 Belege lieferte. Daneben sammelte sie auch Algen und schenkte diese Sammlung noch zu Lebzeiten dem Salzburger Naturkundemuseum. Im Lauf ihres Lebens erweiterte sie ihre Interessen auf Textilien (ihre Spitzensammlung war eine der größten und schönsten in Europa). Eine starke Vorliebe hegte A. ebenso für Geschichte. Mit dem Prähistoriker →Matthäus Much beteiligte sie sich u. a. an Pfahlbauforschungen am Mondsee. 1897 entstand der Aufsatz "Über alte Steinkreuze und Kreuzsteine in der Umgebung Salzburgs". Ab 1903 richtete sie ihre besondere Aufmerksamkeit auf Gegenstände der Volksfrömmigkeit. In dieser Lebensphase zog sie mit ihrem Mann nach München und widmete sich nunmehr hauptsächlich der Votiv- und Amulettforschung. Sie arbeitete an Andrees Veröffentlichung über „Votive und Weihegaben des katholischen Volkes in Süddeutschland“ (1904) mit und publizierte ihr Hauptwerk „Volkskundliches aus dem bayrisch-österreichischen Alpengebiet“ (1910). Mit dieser Arbeit gilt sie als Begründerin der Wallfahrtsforschung. Ihre dem Werk zugrunde liegende Sammlung vermachte sie großteils dem Berliner Volkskundemuseum. 1912 verwitwet, zog sie Ende des 1. Weltkriegs nach Berchtesgaden, wo ihr Kronprinz Rupprecht von Bayern eine Wohnung in seiner Villa Brandholzlehen überließ. A. arbeitete nun mit dem Volkskundler Rudolf Kriss zusammen und legte den Grundstock zu einer religiösen Volkskundesammlung, die sich heute im Besitz des Bayerischen Nationalmuseums befindet.

Weitere W.: s. Nikitsch; Wissenschafterinnen.
N.: M. Haberlandt, in: Wiener Zeitschrift für Volkskunde 34, 1929, S. 36f.; F. Boehm, in: Zeitschrift für Volkskunde 39, 1930, S. 122f.
L.: A. Gribl, Volksfrömmigkeit. Begriff, Ansätze, Gegenstand, in: Wege der Volkskunde in Bayern, ed. E. Harvolk, 1987, S. 293–333; H. Nikitsch, M. A. Quellenfunde zur Biographie, in: Jahrbuch für Volkskunde, 2001, S. 7–26 (m. B., W. u. L.); Salzburger Kulturlexikon, ed. A. Haslinger – P. Mittermayr, 2. Aufl. 2001; Wissenschafterinnen in und aus Österreich, ed. B. Keintzel – I. Korotin, 2002 (m. B., W. u. L.); Materialiensammlung ÖBL, Wien.
(H. Nikitsch)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 3, 1956), S. 278
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