Fanta, Josef (1856–1954), Architekt

Fanta Josef, Architekt. Geb. Sudoměřitz, Böhmen (Sudoměřice u Tábora, CZ), 7. 12. 1856; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 19. 6. 1954; röm.-kath. Sohn von Václav Fanta und Barbara Fanta; verheiratet mit Julie, geb. Kominik (Komenik). – F. studierte 1873–77 an der deutschen Technischen Hochschule in Prag bei Josef Zítek und erwarb bei ihm erste Praxis beim Bau des tschechischen Nationaltheaters. 1881–86 arbeitete er als Assistent bei →Josef Schulz an der tschechischen Technischen Hochschule. 1889 unternahm er eine Studienreise nach Italien, 1909–22 wirkte er als Professor für mittelalterliche und altchristliche Baukunst an der tschechischen Technischen Hochschule. Seinen künstlerischen Werdegang begann F. mit der Verzierung bedeutender Prager Bauten, deren Projektanten Zítek oder Schulz waren: Dazu zählen das tschechische Nationaltheater (Interieur-Dekoration, bis 1881), das Künstlerhaus Rudolfinum (ca. 1881–82) und das Nationalmuseum (Sgraffito-Dekoration des Hofs, ca. 1888). Bald spezialisierte er sich auf das Entwerfen von Sgraffito-Verzierung für im Neorenaissance-Stil gestaltete Hausfassaden. Dabei arbeitete er mit bekannten Architekten wie →Jan Koula (Restaurierung der Sgraffiti des Renaissance-Palais Granovský im Prager Ungelt, 1886), Antonín Wiehl (Ausstellungsgebäude der Jubiläums-Ausstellung, 1890–91; Innendekoration der Böhmischen Sparkasse, 1891–94; Wiehl-Haus, 1896) und →Josef Hlávka (Hlávka-Häuser, Vodičkova, 1895–96) zusammen. 1900 erhielt er gemeinsam mit Koula die Goldene Medaille für ein „tschechisches“ Interieur bei der Weltausstellung in Paris. Um die Jahrhundertwende beschäftigte er sich mit der Erneuerung von Kirchen im gotischen und auch im barocken Stil (Regotisierung der Pfarrkirche, 1898–1908, Klattau; Beendigung der Renovierung der Kirche in Zlonitz, 1903–04; Restaurierung der St.-Wenzel-Kirche von Zderaz, 1904, Prag). Sein Meisterwerk auf diesem Gebiet ist die Erweiterung der Barock-Kirche in Rožmitál pod Třemšínem (1904–05). Dem Monumentalbau widmete er sich erst ab dem Ende der 1890er-Jahre. Sein diesbezüglich bedeutendstes Werk war das siegreiche Wettbewerbsprojekt des Prager Kaiser-Franz-Joseph-Bahnhofs von 1899 (heute Hauptbahnhof). Der Stil dieses riesigen, 1901–09 erbauten Gebäudes ist mit der Moderne und dem Jugendstil verknüpft, obwohl F. den Akzent auf die Eingliederung der reichen „barocken“ Architekturskulptur legte. Moderne Einfachheit und Flächenhaftigkeit war trotz des historisierenden Ausgangspunkts auch für seine nachfolgenden Werke charakteristisch (Hlávka-Studentenheim in Prag, 1902–04). Diese Stilrichtung brachte er besonders beim Villenbau zur Geltung (Villa der Familie Obereigner in Poděbrad, 1897; Forsthaus für Bischof Josef Doubrava, 1904–06, Vortová; Villa Kouřimka, 1809–10, Poděbrad; Villa für den Bildhauer Čeněk Vosmík, 1910, Prag-Smichow). Dem Jugendstil näherte sich F. beim Projekt des Vereinshauses Hlahol (Masarykovo nábřeží, 1904–05, Prag). Zu seinen bedeutendsten Aufträgen der Vorkriegszeit gehörte das Denkmal für die Schlacht bei Austerlitz, der sogenannte Grabhügel des Friedens (1910–12). Nach Kriegsende verschlechterte sich F.s Auftragslage. Trotzdem wurde ihm das Projekt für den Bau des Handelsministeriums anvertraut (1925–26, gebaut 1928–34), das im Stil des barocken Klassizismus den Prager Kai dominiert. Daneben betätigte sich F. auf dem Gebiet der dekorativen Kunst. In Zusammenarbeit mit der Christlichen Akademie (Křesťanská akademie) entwarf er zahlreiche liturgische Gegenstände, Geräte und Gewänder (z. B. St.-Wenzels-Reliquiar im Prager St.-Veits-Dom). F. war korrespondierendes, ab 1918 o. Mitglied der Böhmischen Kaiser Franz Joseph-Akademie der Wissenschaften, Literatur und Kunst, Mitglied der Prüfungskommission für das Hochbaufach sowie des Kunstgewerbemuseums der Handels- und Gewerbekammer Prag; 1906 Ritter des Franz Joseph-Ordens. 1926 wurde er Ehrendoktor für technische Wissenschaften an der České vysoké učení technické v Praze. Sein Nachlass befindet sich im Národní technické muzeum v Praze und im Památník národního písemnictví, beide Prag.

Weitere W.: s. Výstava studií …, 1936; Brožová; Pospíšilová.
L.: Národní listy, 7. 12. 1926 (mit Bild), 6. 12. 1931; AKL; BSČZ; Toman; Český slovník bohovědný 4, 1930; Výstava studií, návrhů a plánů architekta J. F., Praha 1936 (Kat., mit W.); J. Brožová, Dílo arch. dr. h. c. J. F., Praha 1951 (Kat., mit W.); Nová encyklopedie českého výtvarného umění 1, ed. A. Horová, 1995; The Dictionary of Art 10, 1996; R. Prahl – P. Šámal, Umění jako dekorace a symbol, 2012, s. Reg.; I. Pospíšilová, Návrhy uměleckého řemesla pro liturgii v díle J. F., theol. DA Praha, 2014 (mit Bild und tw. W.); M. Sedlmayerová, Osobnost J. F. a jeho secesní tvorba, theol. DA Praha, 2016.
(V. Vostřelová)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)