Feuerstein, Bedřich (1892–1936), Architekt, Bühnenbildner und Maler

Feuerstein Bedřich, Architekt, Bühnenbildner und Maler. Geb. Dobrowitz, Böhmen (Dobrovice, CZ), 15. 1. 1892; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 10. 5. 1936 (Suizid); röm.-kath. Sohn von Konstantin Feuerstein und Anna Feuerstein, geb. Schont. – Nach Besuch der Realschule in Nimburg studierte F. 1910–17 Hochbau an der Technischen Hochschule in Prag, 1912 vertiefte er seine Ausbildung bei Josip Plečnik. 1913 unternahm er eine Studienreise nach Sankt Petersburg, wo ihn besonders die Architektur des Klassizismus beeindruckte. Noch während seines Studiums nahm er an Architekturwettbewerben teil (Denkmal für →František Ladislav Freiherr von Rieger auf dem Kosakow, 1914, gemeinsam mit Vojtěch Kerhart, 2. Preis) und arbeitete in mehreren Architekturbüros (Josef Gočár, 1915–16, Josef Veselý in Lissa an der Elbe, 1916, und Bohumil Sláma, 1916–17). 1917–18 war er als Landwehringenieur tätig. Nach dem 1. Weltkrieg Offizier bei der tschechoslowakischen Armee, wirkte er 1919 als Dolmetscher bei der französischen Militärmission. Danach war er Mitglied der Projektgruppe zur Errichtung einer Gedenkstätte für die tschechoslowakischen Legionen. Zugleich entstanden seine ersten bühnenbildnerischen Entwürfe. 1920 erhielt er ein Jahresstipendium von der französischen Regierung und studierte bis 1921 Architektur an der École du Louvre in Paris. Daneben widmete er sich zusammen mit seinem Kommilitonen Josef Šíma dem Malen. Nach 1921 wurden F.s erste bedeutende architektonische Aufträge realisiert (Krematorium in Nymburk, 1922–24, gemeinsam mit Sláma; Militärgeographisches Institut, 1923–25, Praha-Bubeneč). 1924–26 war F. in Paris im Architekturbüro von Auguste Perret tätig, reiste anschließend nach Japan und arbeitete 1926–30 im Atelier von Anthony Raymond (Antonín Reimann) in Tokio. 1931 gründete er sein eigenes Architekturbüro in Prag, schuf aber vorrangig Entwürfe für Bühnenbilder. Bereits bei F.s früheren und vom Kubismus geprägten Projekten für Denkmäler zeigte sich die Tendenz zur festen tektonischen Form, die auch später für sein Werk charakteristisch war. Zu Beginn der 1920er-Jahre gelangte er zu einem eigenen Stil, wobei er die geometrische Klarheit von Le Corbusiers Purismus mit einem latenten Klassizismus verband (das Krematorium in Nymburk zählt zu den bekanntesten Beispielen dieser Richtung). F.s Werke in Tokio (Botschaftsgebäude Belgiens und der Sowjetunion, 1928 und 1929; St. Lukas-Krankenhaus, 1928–30) sind mehr von Perrets monumentalem Klassizismus geprägt. Seine Bühnenbilder aus den 1920er-Jahren standen dem Poetismus und dem nationalen Dekorativismus nahe („R.U.R.“ für das Národní divadlo, Prag, 1921), während Entwürfe der 1930er-Jahre einen surrealistischen Charakter hatten. Daneben publizierte er in den Kunstzeitschriften „Volné směry“ und „Musaion“. Obwohl zahlreiche seiner Projekte nicht umgesetzt wurden, gehört F. zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der tschechischen Avantgarde. Er war Mitglied der Künstlergruppe Devětsil und 1931–36 des Künstlervereins S.V.U. Mánes. Sein Nachlass befindet sich im Národní technické muzeum in Prag.

Weitere W.: s. AKL; B. F., 1936; Hlaváčková; Zajvarová; Čapková.
L.: AKL (mit W.); BSČZ; Lex. böhm. Länder; Toman; Vollmer; Theatre Settings by B. F. Architect, 1927; Z. Wirth, in: Umění 9, 1936, S. 377f.; A. Hoffmeister, in: Volné směry 32, 1936, Beilage (mit Bild); B. F., Praha 1936 (Kat., mit W.); J. Koula, in: Stavba 13, 1936–37, S. 93ff.; J. E. Koula, B. F. 1892–1936: výběr z díla, Praha 1956 (Kat.); A. Masaryková, in: Architektura ČSR 27, 1968, S. 44ff.; R. Švácha, in: Výtvarná kultura 6, 1982, Nr. 4, S. 61; Z. Lukeš, in: Umění 25, 1987, S. 104ff.; M. Hlaváčková u. a., B. F.: Architektura, malba, scénografie, Roudnice nad Labem 1994 (Kat., mit Bild und W.); Nová encyklopedie českého výtvarného umění 1, ed. A. Horová, 1995; The Dictionary of Art 11, 1996; Český biografický slovník XX. století 1, 1999; B. F., Mezi domovem a světem, ed. S. Kolíbal, 2000; N. Zajvarová, Scénická architektura B. F. …, phil. DA Brno, 2012 (mit W.); H. Čapková, B. F. Cesta do nejvýtvarnější země světa, 2014 (mit W.).
(V. Vostřelová)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)