Flattich Wilhelm Gustav Ritter von, Architekt. Geb. Stuttgart, Württemberg (D), 2. 10. 1826; gest. Wien, 24. 2. 1900 (begraben: Heidelberg, D); evang. AB. Sohn des Kaufmanns Christoph Flattich und von Dorothea Flattich, geb. Keller, Schwiegervater von →Richard Kralik von Meyrswalden; ab 1854 verheiratet mit Marie-Luise Tafel. – F. studierte 1843–47 an der Vereinigten Real- und Gewerbeschule, der späteren Technischen Hochschule, in Stuttgart (2. Staatsprüfung 1852) und arbeitete daneben im Atelier von Christian (von) Leins. Ab 1848 war er bei der königlich Württembergischen Staats-Eisenbahn tätig und trat 1855 – nach einem einjährigen Aufenthalt in Paris – in das Atelier von →Karl von Etzel ein, der damals Oberingenieur der Schweizerischen Centralbahn war. 1857 wurde dieser Direktor der neu gegründeten k. k. priv. Kaiser Franz Joseph-Orientbahn und ernannte F. zum Leiter des Hochbaubüros. 1858 wurde die Orientbahn mit der k. k. priv. südlichen Staats-, lombardisch-venezianischen und zentral-italienischen Eisenbahngesellschaft fusioniert, die ab 1862 als k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft neu konstituiert wurde. Sowohl Etzel als auch F. wurden in ihren Funktionen übernommen. Nach dem Tod von Etzel wurde F. 1871 zum Hochbaudirektor und Architekten der Südbahn-Gesellschaft ernannt, eine Position, die er bis zum Eintritt in den Ruhestand 1880 innehatte. F. galt schon in jungen Jahren als international anerkannter Spezialist für Bahnbauten und wurde vielfach auch im Ausland als Berater herangezogen. Er errichtete einige repräsentative Hauptbahnhöfe, wie z. B. den Wiener Südbahnhof (1869–73) sowie den Südbahnhof Triest (1878), und war zudem für zahlreiche Bahnhofsbauten diverser Bahnlinien verantwortlich (z. B. Szegedin–Temeswar, 1855–57; Brennerbahn, 1864–67; Pustertalbahn, 1870–71). Die Forderung nach Rationalisierungsmaßnahmen berücksichtigend, erarbeitete F. ein standardisiertes Modulsystem, das es erlaubte, die verschieden groß dimensionierten Bahnhöfe nach einem einheitlichen Schema zu errichten. Der Einsatz von ortsüblichen Materialien wurde dabei zum Kennzeichen der einzelnen Bahnlinien. So wurden etwa die Gebäude der Brennerbahn aus Naturstein ausgeführt. F. entwarf auch Beamtenwohnhäuser, die ebenfalls mit einem normierten Modulsystem kostengünstig errichtet werden konnten (Beamtenwohnhäuser, 1869–70, Wien 12). Nach seiner Pensionierung war F. weiterhin als Berater der Südbahn tätig und verfasste eine Vielzahl an Publikationen, die v. a. den Eisenbahnhochbau betrafen. F. war ab 1855 Mitglied des Österreichischen Ingenieur-Vereins (des späteren Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins), ab 1874 der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus); 1875 österreichische Staatsbürgerschaft. F. erhielt zahlreiche in- und ausländische Orden, u. a. Ritter des königlich bayerischen Verdienstordens vom Hl. Michael I. Klasse, 1878 Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse und Erhebung in den Ritterstand.