Förster, August (1828–1889), Theaterdirektor, Regisseur und Schauspieler

Förster August, Theaterdirektor, Regisseur und Schauspieler. Geb. Lauchstädt, Preußen (Bad Lauchstädt, D), 3. 6. 1828; gest. Semmering (Niederösterreich), 22. 12. 1889 (beigesetzt: Matzleinsdorfer Friedhof, Wien); evang. AB. Sohn des Gerichts-Aktuars Friedrich Förster (1787–1875) und seiner Frau Charlotte Förster, geb. Reidemeister (1797–1851), Vater von Hans Förster (geb. 30. 12. 1852; gest. 10. 1. 1892) und Heinrich Förster (geb. 27. 7. 1859; gest. 8. 9. 1897), die beide als Regisseure und Schauspieler wirkten, sowie dreier Töchter; ab 1851 mit der Schauspielerin →Florentine Förster, geb. Jarklowska (1826–1905), verheiratet. – F. sammelte seine ersten Schauspielerfahrungen bei Schultheateraufführungen in Schulpforta. 1847 studierte er Theologie in Halle, dann Philosophie in Jena; 1851 Dr. phil. mit der Dissertation „Der Einfluss der Lessing’schen Dramaturgie auf die Einführung Shakespeares in Deutschland“. Im selben Jahr debütierte er (als „Graf Seckendorf“) bei der Bredowschen Gesellschaft in Naumburg, mit der er auch in Halle, Meiningen, Merseburg, Hildburghausen etc. auftrat. Sein erstes festes Engagement erhielt er 1853 bei Franz Waller in Posen („Konversationsliebhaber“, Heldenliebhaber, Bonvivant und Tenor-Buffo). Im Mai 1854 gab F. ein erfolgreiches Gastspiel am Hofburgtheater in Wien, doch wegen seiner Körperfülle nahm →Heinrich Laube Abstand, ihn für jugendliche Rollen zu engagieren. Es folgten Engagements in Stettin (1856), Danzig (1857, erstmals als Regisseur) und kurze Zeit in Breslau, ehe Laube ihn Anfang 1858 an das Burgtheater verpflichtete. Dort spielte er komische Rollen des älteren Fachs sowie Aushilfsrollen im ernsten Schauspiel und in Tragödien. Seinen Durchbruch hatte F. in der Rolle des Grafen Seckendorf in Karl Gutzkows Lustspiel „Zopf und Schwert“. Er übernahm das Rollenfach von →Heinrich Anschütz (Musikus Miller in Schillers „Kabale und Liebe“, Nathan in Lessings „Nathan der Weise“). 1860 wurde er Hilfsregisseur, 1870 wirklicher Regisseur des Burgtheaters. Daneben hatte er 1871–75 eine Professur am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien inne. Mit der Feier seiner 25-jährigen Bühnenzugehörigkeit verabschiedete er sich 1875 als „Hans Lange“ von Wien. 1875–82 wirkte er als Direktor des Leipziger Stadttheaters, wo er junge Talente förderte (→Josef Kainz, Josefine Wessely, →Marie Geistinger). Als einer der Gesellschafter Mitbegründer des Deutschen Theaters Berlin, gab er in dessen Eröffnungsvorstellung 1883 den Musikus Miller. Von November 1888 bis Dezember 1889 war F. schließlich Direktor des Wiener Hofburgtheaters, das er künstlerisch an Laube anknüpfend zu führen gedachte, doch seine Wirksamkeit war zu kurz, um schöpferische Spuren zu hinterlassen. Als Schauspieler gestaltete F. seine Rollen mit Natürlichkeit, Gemüt und Humor, als Regisseur gelangen ihm vorzügliche Durchdringung, realistische Gestaltung und dramaturgische Straffung. Durch Bildung und Veranlagung war er überdies ein hervorragender Talentebildner und Schauspielpädagoge. Er schrieb einige eigene Schauspiele, machte sich aber insbesondere als Übersetzer und Bearbeiter französischer „Sensationsstücke“ für die deutsche Bühne verdient, wie „Flattersucht“, „Ein Attaché“ etc.

Weitere Hauptrollen: Odoardo Galotti (G. E. Lessing, Emilia Galotti); Erbförster (O. Ludwig, Der Erbförster); etc.
L.: NFP, 23. 12. 1889 (Abendblatt); ADB; Eisenberg 1; Eisenberg, Bühne; Kat. der Portrait-Smlg.; Kosch, Theater-Lex.; NDB; Wurzbach (Nachträge); F. J. v. Reden-Esbeck, Deutsches Bühnen-Lexikon, 1897; M. Salzer – P. Karner, Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien, 2008, s. Reg.
(E. Großegger)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 332
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