Freiwald, Jindřich (1890–1945), Architekt

Freiwald Jindřich, Architekt. Geb. Hronow, Böhmen (Hronov, CZ), 6. 6. 1890; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 8. 5. 1945 (begraben: Hronov). Nach Abschluss der Höheren Staats-Gewerbeschule in Prag (1910) arbeitete F. im Büro von →Antonín Balšánek bei dem Bau der Vorschusskasse in Prag-Wrschowitz und bei der Innengestaltung des Prager Repräsentationshauses mit. 1914–15 bzw. 1917–18 studierte er Architektur bei →Jan Kotěra an der Akademie der bildenden Künste in Prag und bildete sich auf Studienreisen nach Deutschland, England, Frankreich, Holland, Norwegen, Schweden, Italien und Griechenland weiter. 1921 gründete er mit dem Ingenieur Jaroslav Böhm das Architekturbüro Freiwald – Böhm, das in den folgenden zwei Jahrzehnten die meisten seiner Projekte ausführte. F.s großes Interesse gehörte dem Wohnbau: Ab Beginn der 1920er-Jahre beschäftigte er sich mit Arbeiter- und Beamtensiedlungen (Siedlung U Matky Boží in Louny, 1920–22; Nordteil der Siedlung Ořechovka in Prag, 1923), wobei er meistens den Verbauungsplan wie auch einzelne kleinere Mehrfamilienhäuser entwarf (besonders bei den Bergarbeitersiedlungen in Dux, Ervěnice und Rtyně bei Bilin im Erzgebirgsvorland und in Akna Slatina und Chust in der Karpatoukraine). Daneben war er Projektant von etwa 40 Sparkassen bzw. Vorschusskassen (z. B. Kolín, 1924–25; Bystřice nad Pernštejnem, 1931; Sobotka, 1935) wie auch von einigen Rathäusern (Jaroměřice, 1930–33), deren monumentale Formen wesentlich das Aussehen der betreffenden Städte prägten. Großen Anklang fanden v. a. F.s Theaterbauten (Hronov, 1927–30; Chrudim, 1931–34; Kolín, 1937–39) und auch der Hus-Chor der tschechoslowakischen hussitischen Kirche in Nové Město nad Metují (1932–33). Für tschechische Großstädte entwarf er vorrangig Zinshäuser oder Wohnbaublöcke (náměstí Československých legií in Pardubice, 1924–25). Sein frühes Œuvre spiegelt die Wiener Moderne wider und wurde auch von Kotěra beeinflusst (Hotel Start in Königgrätz, 1913). In der Zwischenkriegszeit wurde F. von verschiedenen aktuellen Stilströmungen inspiriert, die er zu neuen Formen verschmolz. Besonders inspiriert war er vom Konstruktivismus, den er jedoch der klassischen Symmetrie unterordnete (Villa Brunner, 1918, Tetschen; Haus für Postbeamte, 1925, Duchcov), und vom tschechischen nationalen Dekorativismus (Sparkasse in Kolín, 1924–25). Einige seiner Projekte weisen Merkmale des Expressionismus auf (Wohnbaublock, náměstí Československých legií, Pardubice). Bei monumentalen öffentlichen Bauten wie Theatergebäuden und Sparkassen wählte er v. a. repräsentative Formen des modernen Klassizismus (Filiale der Nationalbank in Tábor, 1928–30). Ab den 1930er-Jahren näherte er sich dem Funktionalismus an (Sparkasse in Polička, 1936–37). F. war Mitglied des tschechischen Architekten- und Ingenieur-Vereins und des Künstlervereins SVU Myslbek, ab 1918 Vorstand des Prager Baumeister-Vereins Společenstvo stavitelů.

Weitere W.: s. Naše Stavby; Böhm, 1946; Potůček.
L.: Toman; Vollmer; J. F. – J. Böhm, Naše Stavby, 1924 (mit W.); J. Böhm, in: Architektura ČSR 5, 1946, S. 301 (mit Bild und W.); J. F., Chaty, sruby, domky: zásady rekreačního bydlení, 1947; R. Švácha, Od moderny k funkcionalismu, 1995, s. Reg.; Nová encyklopedie českého výtvarného umění, Erg.bd., ed. A. Horová, 2006; A. Skalický st. – M. Vakulová, in: Stopami dějin Náchodska 11, 2007, S. 186ff.; A. Jankulíková, J. F. a česká meziválečná divadelní architektura, phil. DA Praha, 2014; J. Potůček, Slavné stavby J. F., 2015 (mit Bild und W.).
(V. Vostřelová)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)