Frint (Frinth), (Franz) Jakob (1766–1834), Bischof, Fachschriftsteller und Pädagoge

Frint (Frinth) (Franz) Jakob, Bischof, Fachschriftsteller und Pädagoge. Geb. Böhmisch Kamnitz, Böhmen (Česká Kamenice, CZ), 4. 12. 1766; gest. St. Pölten (Niederösterreich), 11. 10. 1834; röm.-kath. Sohn des Strumpfwirkers Johann Georg Frinth und der Rosalia Frinth, geb. Schön. – F. kam 1780 zum Gymnasialstudium nach Klagenfurt und absolvierte 1786–88 am Laibacher Lyzeum die philosophischen Jahrgänge. Trotz seines Entschlusses, Priester zu werden, lehnte er es ab, in eines der von Kaiser Josef II. eingerichteten Generalseminarien einzutreten, deren „unkirchlicher Geist“ ihn abstieß. So studierte er 1788–90 zunächst in Wien Rechtswissenschaften, wobei er sich in dieser Zeit dem Domprediger von St. Stephan, Joseph Wagner, einem ehemaligen Jesuiten und Vertreter der frühen katholisch-kirchlichen Reform, anschloss. 1792 war F. gemeinsam mit dem späteren Hofkaplan und Professor für Kirchengeschichte an der Wiener Universität Vinzenz Darnaut einer der ersten Alumnen des Priesterseminars bei St. Stephan; 1795 Priesterweihe. In der Folge trat F. eine Stelle als Kooperator in Pillichsdorf an, wo er sich als Prediger, in der pastoralen Betreuung der Pfarrjugend und in seinem Einsatz für die öffentlichen Versorgungs- und Schulanstalten auszeichnete. Die entscheidende Lebenswende erfolgte 1801, als er von Kaiser →Franz II. (I.) zu einem der Hofkapläne in Wien bestellt wurde; 1803–04 Präfekt und Spiritual am erzbischöflichen Priesterseminar. 1804 gelang ihm einer der ersten großen Erfolge der vom Staat gelenkten katholischen Restauration in Österreich, indem er beim Kaiser gemeinsam mit Darnaut die Einführung des Pflichtfachs Religionswissenschaft in den philosophischen Jahrgängen erwirkte. Zum Professor dieses Fachs an der Wiener Universität ernannt, verfasste F. ein „Handbuch der Religionswissenschaft …“ (3 Bde., 1806–13, mehrere Aufl.). Dieses sollte die seit Joseph II. bestehende Vielfalt an Pastorallehren vereinheitlichen und wurde als Lehrbuch für alle Universitäten und theologischen Lehranstalten der Monarchie vorgeschrieben, mit dem Ziel, die Schüler zum staatskonformen Denken und Handeln zu erziehen. Das Werk wurde allerdings wegen seiner Weitläufigkeit und des zu abstrakten Inhalts von der Studien-Hofkommission wiederholt beanstandet, sodass F. immer wieder zu Änderungen gezwungen war. 1808 wurde ihm, wohl auch aufgrund der wegen seiner Schrift „Ueber Standes-Wahl …“ (1808) aus adeligen Kreisen erhobenen Kritik, die Pfarre Laa an der Thaya übertragen. Doch schon 1810 wurde er als Hof- und Burgpfarrer nach Wien zurückberufen, eine nicht zuletzt wegen ihrer Nähe zum Kaiser (F. war ab 1822 dessen Beichtvater) überaus einflussreiche Stellung, die es ihm ermöglichte, durch die praktisch auf seine Vorschläge hin ernannten Hofkapläne und darüber hinaus durch seine vielfältigen Initiativen eine Schlüsselrolle für den österreichischen Katholizismus im Übergang vom Josephinismus zur Restauration zu spielen. So gründete er 1813 die vierteljährlich erscheinende „Theologische Zeitschrift“, deren Hauptzweck er in der Weiterbildung des geistlichen Stands sah. Sein bereits 1812 in den „Bemerkungen über die intellectuelle und moralische Bildung der heranwachsenden Cleriker ...“ entworfenes Konzept für eine weiterführende Priesterausbildung in Form eines Seminars führte 1816 zur kaiserlichen Anweisung zur Gründung der Höheren Bildungsanstalt für Weltpriester zum Hl. Augustin in Wien (später auch Augustineum oder Frintaneum genannt), einer bis zum Ende der Monarchie zentralen kirchlichen Kaderschmiede. F. prägte dieses vom Kaiser selbst kontrollierte, dem österreichischen Staatskirchentum verpflichtete (und daher von der römischen Kurie als Rückkehr zu den staatlich gelenkten josephinischen Generalseminarien beargwöhnte) Institut 1816–26 als erster „Obervorsteher“ ideell und organisatorisch. Darüber hinaus trat F. in seiner Zeit als Hof- und Burgpfarrer als Gutachter in kirchlichen Fragen in Erscheinung. So fanden seine Bestrebungen zur Förderung der Schul- und Jugenderziehung ihren Niederschlag in seinem Eintreten für die Zulassung der Redemptoristen in Österreich (1820), die zum Mittelpunkt der katholischen Reform in Wien avancierten. Bei der in der Literatur kontroversen Bewertung von F.s führender Rolle bei der Amtsenthebung (1819) von →Bernhard Bolzano ist zu berücksichtigen, dass dieser, ab 1811 von der Benützung des F.schen „Handbuchs“ dispensiert, sein eigenes Lehrsystem entwickelt hatte. Obwohl das ausschlaggebende Gutachten für die Amtsenthebung Bolzanos nicht von F. stammte, war er für diese u. a. durch seine Zusammenstellung der anstößigen Stellen aus dessen Schriften wesentlich verantwortlich. 1820 wurde er mit der Untersuchung gegen den Bolzano-Schüler und Regens des Priesterseminars in Leitmeritz Michael Fesl beauftragt, der im selben Jahr wegen Hochverrats angeklagt und verhaftet wurde. F.s Ermittlungen gegen Bischof →Josef Franz Hurdalek, den Protektor Fesls, führten 1823 zu dessen Resignation. Zu diesem Zeitpunkt war F. selbst Gegenstand der Kritik geworden, die sich gegen methodische Schwächen und rationalistische Tendenzen seines „Handbuchs“ wandte. Andererseits war er, trotz seiner letztendlichen Bindungen an den Josephinismus, Angriffen aus den Kreisen der noch immer josephinisch orientierten Beamtenschaft ausgesetzt. Dies dürfte dazu beigetragen haben, dass F. 1827 vom Kaiser zum Bischof der Diözese St. Pölten nominiert und somit aus Wien entfernt wurde. Obwohl bereits kränklich, fiel er in seinem neuen Wirkungskreis durch strenge Durchführung der Visitationen, geistliche Formung des Priesternachwuchses und eifrige Predigttätigkeit auf. Hervorzuheben ist seine Gründung einer „Industrieschule“ für arme Mädchen zur Unterrichtung in Handarbeiten, der ersten derartigen Einrichtung in Österreich, die er als Universalerbin einsetzte.

Weitere W.: Der Geist des Christenthums von seiner wohlwollenden Seite dargestellet, 2 Bde., 1808; Beyträge zur Belehrung und Veredlung der Menschen, 9 Bde., 1811–19; Darstellung der höhern Bildungsanstalt für Weltpriester zum h. Augustin in Wien ..., 1817; Sammlung practischer Vorträge zur Befestigung des Glaubens, der Tugend und Zufriedenheit, 3 Bde., 1820–27; Fastenpredigten ..., 6 Bde., 1829–34.
L.: ADB; BSČZ; Gatz, Bischöfe (mit Bild); Wurzbach; A. Kerschbaumer, Geschichte des Bisthums St. Pölten 2, 1876, S. 419ff.; F. Zenotty, Leben und Wirken des seligen Bischofs J. F. ..., 1888; C. Wolfsgruber, Die k.u.k Hofburgkapelle und die k.u.k. geistliche Hofkapelle, 1905, s. Reg.; L. Schmutzer, Abt und Bischof Dr. J. F. ..., phil. Diss. Innsbruck, 1925; E. Winter, Bolzano und sein Kreis, 1933, s. Reg.; L. Leutner, Katechetik und Religionsunterricht in Österreich 1, 1955, S. 301ff., 329; E. Hosp, Zwischen Aufklärung und katholischer Reform. J. F. …, 1962 (mit Bild); E. Winter, B. Bolzano, 1969, s. Reg.; Katholische Theologen Deutschlands im 19. Jahrhundert 1, ed. H. Fries – G. Schwaiger, 1975, S. 323ff.; J. Regenfelder, in: B. Bolzano und die Politik, ed. H. Rumpler, 2000, s. Reg.; Das „Frintaneum“ in Wien ..., ed. K. H. Frankl – P. G. Tropper, 2006, s. Reg.; Das Priesterkolleg St. Augustin „Frintaneum“ in Wien 1816 bis 1918, ed. K. H. Frankl – R. Klieber, 2008, s. Reg.; Diözesanarchiv, Dompfarre, beide St. Pölten, Niederösterreich; Pfarre Česká Kamenice, CZ.
(H. Reitterer)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 369
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