Fučík, Julius (Arnošt Vilém) (1872–1916), Kapellmeister und Komponist

Fučík Julius (Arnošt Vilém), Kapellmeister und Komponist. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 18. 7. 1872; gest. Schöneberg, Deutsches Reich (Berlin, D), 25. 9. 1916 (begraben: Praha-Vinohrady, CZ). Sohn von Jaroslav Fučík und Christine Fučík, wiederverheiratete Postl. – F. erlernte bereits mit neun Jahren das Klavierspiel. Am Konservatorium in Prag studierte er ab 1885 Geige, dann Fagott sowie ab 1890 Komposition bei →Antonín Dvořák. 1891 schrieb er sein op. 1, „Prázdiny“. Seinen Militärdienst leistete er 1891–94 bei der Musik des Infanterieregiments Nr. 49 in Krems an der Donau ab, wo der „Marschkönig“ Josef Franz Wagner Militärkapellmeister war. 1894 gründete F. in Prag ein Bläsertrio, für das auch mehrere Kompositionen entstanden. Für kurze Zeit war er 2. Fagottist am deutschen Landestheater in Prag sowie 1. Fagottist im Orchester des Nationaltheaters in Agram. 1896/97 hatte er die Position des Stadtkapellmeisters in Sissek inne und war dort auch als Chorleiter aktiv. Anfang November 1897 wurde F. Militärkapellmeister beim Infanterieregiment Nr. 86 in Sarajevo, wo er die Symphoniekonzerte der Militärmusik einführte. 1900 wurde das Regiment nach Budapest verlegt. 1907 nahm Kaiser →Franz Joseph I. sein (bereits vor der Jahrhundertwende komponiertes) Tongemälde „Österreichs Ruhm und Ehre“ (vier symphonische Gedichte, darunter „Die Schlacht bei Custozza“) für die Fideikommissbibliothek an. Ab Mai 1910 leitete F. die Militärkapelle des Infanterieregiments Nr. 92 in Prag, mit der er 1912 nach Berlin reiste; sein Marsch „Einzug der Gladiatoren“ wurde der Lieblingsmarsch des deutschen Kaisers Wilhelm II. Ende Mai 1912 beendete F. seine Militärkapellmeistertätigkeit und zog im folgenden Jahr nach Schöneberg bei Berlin. Dort gründete er das Prager Tonkünstler-Orchester (1914) sowie den Tempo-Verlag (1915) und vollendete sein Bühnenwerk „Der Hofintendant“. F.s mehr als 300 Kompositionen umfassen Chöre, Lieder, Kammermusik, Märsche und Wiener Tanzmusik. In seinen frühen Werken ist deutlich der Einfluss Dvořáks zu spüren. Am erfolgreichsten war er mit seinen Märschen, wie „Florentiner-Marsch“ (ursprünglich „La Rosa di Toscana“), „Einzug der Gladiatoren“, „Unter der Admiralsflagge“, „Regimentskinder“, „Furchtlos und treu“. Populär wurden auch die Marinarella-Ouvertüre, die Walzer „Traumideale“, „Donausagen“ und „Ballettratten“, das Charakterstück „Die lustigen Dorfschmiede“, das Fagottsolo „Der alte Brummbär“ sowie sein Requiem. F.s Teilnachlass befindet sich im Národní muzeum – České muzeum hudby in Prag.

Weitere W.: s. Lugitsch.
L.: ČHS (mit Bild); Czeike; Grove, 1980, 2001; Otto; A. Lugitsch, J. F. Leben und Werk, DA Graz, 1995 (mit Bild und W.).
(F. Anzenberger)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)