Gadolla, Josef Ritter von (1897–1945), Offizier

Gadolla Josef Ritter von, Offizier. Geb. Graz (Steiermark), 14. 1. 1897; gest. Weimar, Deutsches Reich (D), 5. 4. 1945 (hingerichtet); röm.-kath. Sohn des Rittmeisters Clemens Ritter von Gadolla und der Othomara Edle von Gadolla, geb. Dzierdzynska; ab 1924 verheiratet mit Alma Sampl. – G., der sich eigentlich für Naturwissenschaften interessierte, besuchte auf Wunsch der Familie ab 1909 die Militärunterrealschule in Strass. 1913–16 erhielt er seine Ausbildung in den Infanterie-Kadettenschulen in Graz-Liebenau und Prag, danach absolvierte er den 4. Jahrgang der Technischen Militärakademie in Hainburg. 1917 als Fähnrich zur Infanterie ausgemustert, wurde er Mitte August jenes Jahres im bosnisch-herzegowinischen Infanterieregiment Nr. 2 an die italienische Front abkommandiert und als Zugskommandant verwendet. 1918 Leutnant, wurde er bei einem Angriff so schwer verwundet, dass er mehrere Monate in Spitalsbehandlung war und zeitlebens an den Folgen der Verletzung litt. Die Zeit im Krankenhaus nutzte er zur Beschäftigung mit staatstheoretisch-politischer Lektüre. Im August 1919 kam G. als Verbindungsoffizier zum Kommando des Grazer Hauptbahnhofs in die steirische Volkswehr und lernte in dieser Zeit den damaligen sozialdemokratischen Staatssekretär Julius Deutsch kennen, mit dem ihn gemeinsame politische Interessen verbanden. 1920 versetzte man G. in die Wirtschaftsabteilung des Landesbefehlshabers der Steiermark, Generalmajor Franz Mitteregger, wo er als Verbindungsoffizier zu den Wirtschaftskommissären funigierte. 1921 wurde er als Oberleutnant im steirischen Alpenjägerregiment Nr. 9 in das Bundesheer der 1. Republik übernommen; 1924 Hauptmann. 1936 Major, trat er in die Fliegertruppe ein und fungierte als Kommandant der Fliegerwerft-Kompanie 2 in Graz-Thalerhof. Ein Pensionsansuchen 1938 wurde abgelehnt. Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde G. zunächst als Sachbearbeiter in die Luftwaffe der Wehrmacht übernommen und im Dezember in das Wehrbezirkskommando Marktredwitz versetzt; 1941 Oberstleutnant. 1943 übernahm G. als Kommandant das Wehrmeldeamt Gotha. 1945 wurde er als Standortältester zum sogenannten Kampfkommandanten in Gotha mit Kommandozentrale im Schloss Friedenstein ernannt. Seiner Verpflichtung, den ihm übertragenen Standort laut Militärstrafgesetzbuch selbst unter Einsatz seines Lebens mit allen Mitteln zu verteidigen, kam G. nicht nach und überließ Gotha Ende März bzw. Anfang April 1945 kampflos den Amerikanern. Damit rettete er nicht nur einem Teil der Zivilbevölkerung das Leben, sondern bewahrte auch die Stadt und Schloss Friedenstein vor weiteren Zerstörungen. Einen Tag nach der Kapitulation von Gotha wurde G. wegen Landesverrats standrechtlich erschossen. 1948 erfolgte G.s Rehabilitierung in Österreich, das Oberlandesgericht Tübingen hob das Kriegsgerichtsurteil vom April 1945 erst 1997 auf. 2012 wurde G. offiziell als katholischer Märtyrer anerkannt. Sein Leben wurde 2015 verfilmt.

L.: Kleine Zeitung, 8. 1. 2012; Die Presse, 7. 4. 2013; Thüringische Landeszeitung, 4. 4. 2015; E. R. Brissa, in: Rundbrief 2, 1999, S. 15ff.; E. Ehrlich, J. Ritter v. G., 2. Aufl. 2000; E. Ehrlich – H. Raschke, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Jahrbuch 2003, 2003, S. 162ff. (mit Bild); H. Raschke, J. Ritter v. G. und die letzten Kriegstage in Gotha, 2007; E. Brissa, in: Zeitschrift für Thüringische Geschichte 65, 2011, S. 229ff.; H. Moll, in: Auftrag 52, 2012, S. 36ff. (mit Bild); E. Ehrlich u. a., Erinnerungen an J. Ritter v. G., 2013 (mit Bild); H. Raschke, Der Märtyrer. J. Ritter v. G. und das Kriegsende in Gotha, 2015 (mit Bild); AdR, KA, beide Wien; Pfarre Graz-Münzgraben, Steiermark.
(D. Angetter)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)