Geiger, Karl Josef (1822–1905), Maler, Illustrator und Radierer

Geiger Karl Josef, Maler, Illustrator und Radierer. Geb. Wien, 14. 12. 1822; gest. ebd., 19. 10. 1905; röm.-kath. Enkel des Wiener Kupferstechers Andreas Geiger d. Ä. (geb. Wien, 29. 7. 1773; gest. ebd., 31. 10. 1856), Neffe der Kupferstecher Andreas Geiger d. J. (geb. Wien, 11. 11. 1798; gest. nach 1871) und Johann Geiger (geb. Wien, 8. 11. 1801; gest. 1870); ab 1852 verheiratet mit Aloisia Popowitsch (1832–1915); drei Söhne, zwei Töchter. – G. studierte bereits 1835–40 an der Wiener Akademie der bildenden Künste Historienzeichnen und -malen bei →Johann Nepomuk Ender und →Leopold Kupelwieser sowie Landschaftsmalerei bei →Josef Mössmer und besuchte die Graveurschule bei →Josef Klieber; 1839 und 1840 erhielt er den Rosenbaum-Preis. Befreundet mit →Josef Ritter von Führich, bei dem er auch Unterricht nahm, unterstützte er diesen 1844–46 als Gehilfe bei der Ausführung der Kreuzwegfresken der Johann-Nepomuk-Kirche in Wien 2. G. arbeitete vorrangig für das Kaiserhaus, die Wiener Hocharistokratie und entwarf im Auftrag der Stadt Wien Ehrenbürgerdiplome. Weiters fertigte er Aquarelle unter anderem zu Liedern von →Franz Schubert, zu Mozarts „Don Giovanni“, Carl Maria von Webers „Freischütz“ und Joseph Haydns „Die Jahreszeiten“ an und schuf 1862 allegorische Gemälde für den Österreich-Pavillon auf der Weltausstellung in London. Zu seinen wichtigsten Förderern zählte →Johann II. Fürst von und zu Liechtenstein, für dessen Patronatskirchen in Niederösterreich, Böhmen und Mähren er mehrere Altarbilder ausführte. Hervorzuheben sind G.s Beteiligung an der Ausstattung des Burgtheaters (zwei Grisaillen in den beiden Stiegenhäusern), der Hofmuseen und der Albertina sowie die Vorlagen für monumentale Glasmalereien (Kapelle der Weilburg in Baden, Votivkirche und Kapelle des Rudolfinerhauses in Wien). 1867 wurde er mit der Gestaltung von elf Lünettenbildern im Vestibül der Wiener Oper beauftragt. Seine Entwürfe für das Opernfoyer, 1864, wurden jedoch von Kaiser →Franz Joseph I. 1865 abgelehnt. Für mehrere Wiener Palais (Kinsky, Coburg, Württemberg) schuf G. dekorative Ausstattungszyklen und für den Marienaltar in der Barbara-Kapelle (Stephansdom) die seitlichen Bilder (1945 zerstört). Eine langjährige Freundschaft verband G. mit →Heinrich Frh. von Ferstel, für den er malerische Ausstattungsprogramme entwarf (Bank- und Börsengebäude, 1857), die nur teilweise realisiert wurden. Daneben arbeitete er immer wieder auch als Restaurator (u. a. restaurierte er die Fresken von Johann Michael Rottmayr im Stiegenhaus des Gartenpalais Liechtenstein in Wien 9). Zusätzlich zu seiner künstlerischen Tätigkeit wirkte er an der Wiener Akademie der bildenden Künste 1851–53 als provisorischer Lehrer der Elementarzeichnungs- und Modellierschule und 1853–65 als Professor der Malerei an der Vorbereitungsschule. G. war ein vielseitiger Vertreter der Spätromantik und des Historismus, der ikonographisch traditionelle Wege beschritt. Besonders in seinen religiösen Arbeiten folgte er im Wesentlichen seinem Lehrer Führich, später wandte er sich vor allem unter dem Einfluss der Münchner Historienmalerei verstärkt einer lebendigeren Farbigkeit zu. In den letzten Lebensjahrzehnten ist auch eine zunehmende Rezeption genuin barocker Ausdruckselemente zu beobachten. G. war ab 1861 Mitglied, 1865 Gründer der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), 1872 ausgetreten.

Weitere W.: Nachlass: Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien.
L.: NFP, 20. 10. 1905; AKL; Die Wr. Ringstraße 8/1, 10; Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; Wurzbach; Versteigerung des ... Nachlasses des Historienmalers K. G. …, 1907; E. Fröhlich, Der Historienmaler K. J. G., Ms., Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, 1965; W. Kitlitschka, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 25, 1971, S. 82ff.; ders., Die Kartons für die Bildausstattung des Wiener Opernhauses, Wien 1973, S. 23f. (Kat.); Jugendwerke vom Schillerplatz, ed. G. Peichl, Wien 1988, S. 82f. (Kat.); I. Hannesschläger, Probleme des Historismus … am Beispiel einer Prachthandschrift des mittleren 19. Jahrhunderts …, phil. DA Salzburg, 1990, bes. S. 24; P. Kuhlmann-Hodick, Das Kunstgeschichtsbild. Zur Darstellung von Kunstgeschichte und Kunsttheorie in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts 1–2, 1993, s. Reg.; M. Kristan, Der Blick zurück. Österreichische Geschichte in Darstellungen aus der Zeit Kaiser Franz Josephs, Wien 1996, s. Reg. (Kat.); Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 5, ed. G. Frodl, 2002, S. 397f., 486; C. Reiter, Wie im wachen Traume. Zeichnungen, Aquarelle, Ölskizzen der deutschen und österreichischen Romantik, 2006, S. 90ff.; W. Telesko, Geschichtsraum Österreich, 2006, s. Reg.; ders., Kulturraum Österreich, 2008, s. Reg.; W. Aichelburg, 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861–2011, www.wladimir-aichelburg.at (Zugriff 28. 1. 2014).
(C. Reiter)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 5, 1957), S. 417f.
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