Gregorčič (Gregorsizh), Anton (1852–1925), Politiker, Publizist und Geistlicher

Gregorčič (Gregorsizh) Anton, Politiker, Publizist und Geistlicher. Geb. Vrsno, Görz und Gradisca (SLO), 3. 1. 1852; gest. Gorizia (I), 7. 3. 1925; röm.-kath. Sohn des Bauern Johannes (Ivan) Gregorsizh und dessen Frau Catharina (Katarina), geb. Sakou. – G. besuchte 1863–71 das deutsche Gymnasium in Görz und studierte dort 1871–75 am Priesterseminar; Ordination 1875. Anschließend wirkte er kurz als Geistlicher an der Wallfahrtskirche auf der Insel Barbana in der Lagune von Grado, ehe er 1875–79 sein Studium am Frintaneum bzw. an der Theologischen Fakultät in Wien fortsetzte; 1879 Dr. theol. Im selben Jahr ging G. als Hilfspfarrer nach Travnik bei Görz und unterrichtete daneben Philosophie am Görzer Priesterseminar. 1879–80 studierte er, unterstützt durch ein Reisestipendium der Universität Wien an den Universitäten München und Würzburg. 1880 wurde er Assistenzprofessor und im Jahr darauf Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie am Priesterseminar in Görz. Daneben unterrichtete er dort bis 1889 Philosophie. Ab 1883 examinierender Professor, arbeitete er auch am „Folium Periodicum Archidioeceseos Goritiensis“ mit. In dieser Zeit begann er sich politisch zu betätigen und fungierte ab 1883 als Sekretär des Vereins Sloga sowie ab 1885 als stellvertretender Vorsitzender des slowenisch-italienischen Circolo cattolico. 1885–1918 Mitglied des Landtags von Görz und Gradisca, saß er 1891–1918 auch im Abgeordnetenhaus des Reichsrats. 1895–1913 fungierte er als Landeshauptmann-Stellvertreter und war daneben Mitglied in mehreren Landesausschüssen. Ab 1909 stand er der Kommission für die Karstaufforstung vor. Des Weiteren war G. 1882–89 Leiter und Redakteur der Zeitung „Soča“, musste diese jedoch 1889 an →Josip Ritter von Tonkli abgeben. Daraufhin beteiligte er sich an der Gründung des Blatts „Nova Soča“. G. war daneben Mitarbeiter der Zeitungen „Gorica“ (1899–1914), „Primorski list“ (1901–14) und „Goriški list“ (1914). Politisch arbeitete er eng mit Alfred Graf Coronini-Cronberg zusammen. 1897 kam es unter den Görzer Slowenen zu einer politischen Spaltung: →Henrik Tuma und →Andrej Gabršček drängten G. aus dem Kreditinstitut Ljudska posojilnica hinaus, während sich vom Verein Sloga die Narodno-napredna stranka abspaltete. G. gründete daraufhin die Centralna posojilnica und stellte sich gegen die slowenischen Liberalen um Tonkli und Tuma. Er verblieb in der Sloga, die 1906 in Slovenska ljudska stranka umbenannt wurde. Während des 1. Weltkriegs hielt sich G. in Wien auf und engagierte sich für Görzer Kriegsflüchtlinge. 1917 unterzeichnete er die Mai-Deklaration. 1918 kehrte G. in das nunmehr italienische Görz zurück. Er machte sich für die Rechte der Slowenen stark, musste jedoch hilflos zusehen, wie die Faschisten die slowenischen Schulen schlossen. Mit seinem 1920 gegründeten Verlag Goriška matica wollte er der Italianisierung durch das Regime entgegenwirken. G. förderte das slowenische Schulwesen (1885 Eröffnung der ersten slowenischen Mädchenvolksschule und 1910 Eröffnung des ersten slowenischen Gymnasiums in Görz) und war Mitbegründer der Druckereien Goriška tiskarna und Narodna tiskarna sowie des Genossenschaftsverbands Zadružna zveza. Als pragmatisch eingestellter Konservativer konnte er viele seiner Ideen und Ziele umsetzen. Im Landtag arbeitete G. auch mit den italienischen Liberalen um Luigi Pajer de Monriva zusammen, was ihm von Seiten →Anton Mahničʼ und →Jakob Missias Kritik wegen mangelnder Prinzipientreue eintrug.

L.: Slovenec, Edinost, 8., Slovenski narod, 10. 3. 1925; PSBL (mit Bild); SBL; H. Tuma, Iz mojega življenja, ed. B. Marušič, 1997, s. Reg.; V. Ravnihar, Mojega življenja pot, ed. J. Cvirn, 1997, S. 69; V. Melik, Wahlen im alten Österreich am Beispiel der Kronländer mit slowenischsprachiger Bevölkerung, 1997, S. 287; I. Grdina, in: Historični seminar 4, 2003, S. 225; P. Bobič, in: Med domom in svetom, ed. I. Grdina, 2011, S. 165ff.; UA, Wien; Pfarre Libušnje, SLO.
(R. Lampreht)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 6, 1957), S. 53
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