Groh, Vladimír (1895–1941), Altphilologe und Historiker

Groh Vladimír, Altphilologe und Historiker. Geb. Holleschau, Mähren (Holešov, CZ), 26. 1. 1895; gest. Brünn, Protektorat Böhmen und Mähren (Brno, CZ), 30. 9. 1941 (hingerichtet). Sohn des Dr. iur. Karl Groh, Bezirksrichter in Holleschau, und seiner Frau Jitka, geb. Fischerová, Vater des Mediziners Vladimír Groh (1921–1986); ab 1920 mit Marie, geb. Roubalová, verheiratet. – Nach der Matura in Brünn studierte G. in Prag 1913–18 an der tschechischen Universität klassische Philologie, klassische Archäologie und Epigraphik sowie ab 1916 an der deutschen Universität altgriechische Geschichte (bei →Heinrich Swoboda) sowie römische Geschichte und Papyrologie (bei →Arthur Stein); 1918 Dr. phil. In der Folge besuchte er das historische Seminar an der tschechischen Universität und befasste sich mit der Geschichte des Vorderen Orients. Anschließend begann G. an Prager Gymnasien zu unterrichten. Nach der Habilitation für griechische und römische Geschichte an der tschechischen Universität Prag 1921 wurde er 1926 ao. Professor, 1931 o. Professor für Geschichte des Altertums an der Universität Brünn, wo er ein Institut und eine Bibliothek für Alte Geschichte aufbaute und 1936–37 als Dekan fungierte. Daneben supplierte er an der Universität Bratislava. Während der nationalsozialistischen Okkupation schloss sich G. der Widerstandsgruppe Obrana národa an, wurde im Februar 1941 verhaftet und schließlich im Kaunitz-Kolleg in Brünn hingerichtet. G. war ein Schüler →Josef Králs, František Grohs, →Jaroslav Bidlos, →Kamil Kroftas und Bedřich Hroznýs, wurde aber auch von italienischen Historikern (v. a. Ettore Pais) wesentlich beeinflusst. Wiederholte Romaufenthalte und die Beteiligung an archäologischen Arbeiten auf dem Palatin und in Ostia Antica lenkten sein Interesse auf die römische Frühzeit. In „Řím. Studie o jeho počátcích“ (1923, italienisch gekürzt als „I primordi di Roma“, 1925) analysierte er kritisch und mit modernen Methoden die zugänglichen archäologischen Denkmäler und schriftlichen Quellen. Seine umfangreichste und populärste Monographie „Starý Řím“ (1931) behandelt das öffentliche und private Leben im antiken Rom (gekürzte Schulausg. als „Život v starém Římě“, 1936, 3. Aufl. 1939). Eine von Gabriel Hejzlar bearbeitete und um ein Kapitel über bildende Kunst ergänzte Ausgabe, „Život v antickém Římě“ (1967), ist bis heute als Studienhandbuch in Gebrauch. Für Schulzwecke erstellte G. eine kommentierte Auswahl lateinischer Texte von Titus Livius (1924–25). Er beteiligte sich außerdem an großen historischen Ausgaben: So ergänzte er mit Beiträgen u. a. über Servius Tullius und Cato den ersten Teil der „Tvůrcové dějin“ (ed. Karel Stloukal), eine erweiterte Ausgabe von Peter Richard Rohdens „Menschen die Geschichte machten“. 1935 erschien sein Hochschullehrbuch „Starověk I. Dějiny Blízkého východu a řeckých počátků“ zur Geschichte des Nahen Ostens und den Anfängen der griechischen Geschichte. Einschlägige Beiträge erarbeitete er ferner für die von →Josef Šusta d. J. redigierten „Dějiny lidstva od pravěku k dnešku“ (Bd. 2, 1936, Bd. 1, 1940), für das Lexikon „Ottův slovník naučný nové doby“ sowie eine Reihe in- und ausländischer Fachzeitschriften. Von G.s breiten Kenntnissen zeugen seine Artikel (u. a. über Mithraskult, Orphismus und Manichäismus) in der von ihm gegründeten und ab 1935 geleiteten Zeitschrift „Věda a život“ ebenso wie seine Vorträge. Anlässlich des 1.000. Todestags des Heiligen Wenzel 1929 sprach er sich gegen die offiziellen Feierlichkeiten aus („Úcta svatováclavská, pravda a legenda“, 1928). In seine Arbeiten bezog G. Erkenntnisse aus Archäologie, Papyrologie, Geologie, Klimatologie, Religions- und anderen Wissenschaften ein. Er beteiligte sich an internationalen Konferenzen sowie an der Errichtung des Československý historický ústav v Římě, war korrespondierendes Mitglied der Královská česká společnost nauk (ab 1929), Vorsitzender der Matice moravská, Mitglied der Učená společnost Šafaříkova (Bratislava), Vorstandsmitglied und Obmann der Tschechoslowakischen Sokolgemeinde, o. Mitglied des Istituto di Studi Etruschi (Florenz) sowie Ehrenmitglied der Associazione Archeologica Romana. In memoriam erhielt er 1946 das Tschechoslowakische Kriegskreuz und wurde 1947 zum Mitglied der I. Klasse der Česká akademie věd a umění ernannt.

Weitere W. (s. auch Prutký): Transitio ad plebam, in: Listy filologické 43, 1916; Sdružení panionské, ebd. 44, 1917; Potestas sacrosancta plebejských tribunů, 1923; La cacciata dei re romani, in: Athenaeum 6, 1928; La storia primitiva del Cermalo, ebd. 7, 1929; Lidské oběti u Římanů, in: Listy filologické 59, 1932; Etruskové, in: Věda a život 1, 1935.
L.: J. Štefl, in: Věda a život 11, 1945, S. 321ff. (mit Bild); V. Bednářová, ebd., S. 413ff.; J. Ludvíkovský, in: Listy filologické 70, 1946, S. 1ff.; F. Stiebitz, in: Naše věda 24, 1946, S. 303ff.; G. Hejzlar, in: Časopis matice moravské 66, 1946, S. 98ff.; Č. Prutký, in: Mnema V. G., ed. J. Češka – G. Hejzlar, 1964, S. 253ff. (mit W.); J. Bednaříková, in: Brněnská věda a umění meziválečného období …, 1993, S. 67ff.; H. L. Kopřiva, in: Vlastivědný věstník moravský 47, 1995, S. 312ff.; A. Šlechtová – J. Levora, Členové České akademie věd a umění, 2004.
(H. Pavlincová)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)