Grünwald, Alfred (1884–1951), Librettist und Schriftsteller

Grünwald Alfred, Librettist und Schriftsteller. Geb. Wien, 16. 2. 1884 (nicht 1888); gest. New York City, NY (USA), 24. 2. 1951 (begraben: Pleasantville, NY/USA); mos. Sohn des Hutfutterfabrikanten Moritz Grünwald (geb. Budapest, H, 23. 5. 1845; gest. Wien, 4. 11. 1886) und seiner Frau Emma Grünwald, geb. Donath (geb. Wien, 11. 1. 1849; gest. ebd., 7. 1. 1931), Bruder des Kaufmanns Oskar Grünwald (geb. Wien, 26. 1. 1877; gest. ebd., 17. 5. 1938), der den väterlichen Betrieb übernahm, Vater von Henry Grunwald, eigentl. Heinz Anatole Grünwald (geb. Wien, 3. 12. 1922; gest. New York City, 26. 2. 2005), Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Time“ und 1987–90 US-Botschafter in Wien; ab 1908 mit Mila (Minna) Grünwald, geb. Löwenstein (geb. Mödling, Niederösterreich, 5. 1. 1887; gest. New York City, 1953), verheiratet. – G. arbeitete nach der Matura in einer Theateragentur und schrieb daneben gemeinsam mit dem Schauspieler Julius Brammer für Wiener Kabaretts. Für →Leo Ascher verfassten sie 1908 ihr erstes Libretto „Die grüne Redoute“ und 1910 „Vindobona, du herrliche Stadt“ (später: „Hoheit tanzt Walzer“), ihr erster Erfolg, wonach sie sich hauptberuflich der Operette widmeten. 1913 kam es zur Zusammenarbeit mit etablierten Komponisten des Genres: →Edmund Eysler („Der lachende Ehemann“), →Franz Lehár („Die ideale Gattin“) und Oscar Straus („Die tanzende Wienerin“). Mit „Die Kaiserin“ (1915) und „Die Rose von Stambul“ (1916) von →Leo(pold) Fall erreichten sie ihren Durchbruch. Als Firma Brammer und Grünwald, wie sie genannt wurden, verfassten sie Dialog und Gesangstexte zusammen. 1920 lernten sie Emmerich Kálmán kennen. Die exotische „Bajadere“ (1921) war der erste gemeinsame Erfolg, es folgte u. a. „Gräfin Mariza“ (1924). Nachdem G. ohne Brammer für Straus das Libretto zu „Marietta“ und mit Fritz Löhner-Beda (→Fritz Löhner) für →Paul Abraham jenes zu „Viktoria und ihr Husar“ übersetzt hatte, kam es 1930 zum Zerwürfnis mit Brammer und Kálmán. G. arbeitete fortan allein oder mit verschiedenen Mitarbeitern an Operetten für Robert Stolz („Venus in Seide“, 1932), Straus („Eine Frau, die weiß, was sie will“, 1932) oder Abraham („Die Blume von Hawaii“, 1931). Von der Weltwirtschaftskrise, den damit verbundenen Theaterschließungen und der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland waren auch Wiener Autoren betroffen. Im Sommer 1938 wurde G. in Schutzhaft genommen, aus der ihn seine Frau freikaufte. Er floh mit seiner Familie im Juli 1938 nach Zürich und weiter nach Paris. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs kurz interniert, flüchtete er nach Bayonne, von dort über Casablanca und Lissabon nach New York (Ankunft Herbst 1940). Der Versuch, in Hollywood als Drehbuchautor unterzukommen, misslang. Trotz vieler Projekte (meist mit anderen Emigranten) erlebte G., der 1948 die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm, während seines Exils lediglich eine Broadway-Produktion einer neuen Operette; „Mr. Strauss Goes to Boston“ (Musik: Stolz) war 1945 jedoch ein Misserfolg. Die Uraufführung seiner letzten Operette mit Kálmán, „Arizona Lady“ (1954), erlebte er nicht mehr.

Weitere W. (s. auch Grunwald; Gänzl): Der letzte Walzer, 1920 (Musik: O. Straus); Die Tangokönigin, 1920 (Musik: F. Lehár); Mädi, 1923 (Musik: R. Stolz); Die Perlen der Cleopatra, 1923 (Musik: O. Straus); Die Zirkusprinzessin, 1926 (Musik: E. Kálmán); Die goldʼne Meisterin, 1927 (Musik: E. Eysler); Die Herzogin von Chicago, 1928 (Musik: E. Kálmán); Das Veilchen vom Montmartre, 1930 (Musik: E. Kálmán); Ball im Savoy, 1932 (Musik: P. Abraham); Märchen im Grand-Hotel, 1934 (Musik: P. Abraham); Das Walzerparadies, 1935 (Musik: O. Straus); Dschainah, das Mädchen aus dem Tanzhaus, 1935 (Musik: P. Abraham); Roxy und ihr Wunderteam, 1937 (Musik: P. Abraham); Polnische Hochzeit, 1937 (Musik: J. Beer); Bozena, 1952 (Musik: O. Straus); Fiesta, 1955 (Musik: J. Cardona).
L.: Czeike; Frank–Altmann; oeml; Riemann; J. Bistron, E. Kálmán, 1932, S. 152ff., 195ff., 207ff.; R. Österreicher, E. Kálmán, 1954, s. Reg.; V. Kálmán, Grüß’ mir die süßen, die reizenden Frauen. Mein Leben mit E. Kálmán, 1966, S. 72ff.; R. Stolz – E. Stolz, Servus du. R. Stolz und sein Jahrhundert, ed. A. Bakshian, 1980, s. Reg.; H. Grunwald u. a., „Ein Walzer muß es sein“. A. G. und die Wiener Operette, 1991 (mit W.); K. Gänzl, The Encyclopedia of The Musical Theatre, 1994 (mit W.); R. Dachs, Sag beim Abschied …, 1997, S. 186ff.; St. Frey, „Unter Tränen lachen“. E. Kálmán, 2003, s. Reg.; Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (mit Bild, online, Zugriff 27. 4. 2018); IKG, Wien.
(St. Frey)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)