Haitinger, Ludwig Camillo (1860-1945), Chemiker, Elektrotechniker und Fabriksdirektor

Haitinger Ludwig Camillo, Chemiker, Lichttechniker und Fabriksdirektor. * Wien 23. 10. 1860; † Wien, 28. 12. 1945. H. entstammte einer in Vorarlberg altansässigen, angesehenen Familie. Sein Vater übernahm den Elementarunterricht der beiden Söhne Ludwig und Max (s. d.) selbst. Er ermöglichte Ludwig als Achtjährigem das Mittelschulstud. in einer Wr. Privatschule und setzte die Aufnahme des Vierzehnjährigen als Hospitant in das II. Chem. Inst. der Univ. Wien bei Rochleder durch. Die von Rochleders Nachfolger Lieben veranlaßte erste Veröffentlichung des 17jährigen H. hatte den bis zu jener Zeit nur durch ein einziges Beispiel gelieferten, und bei H. auch gegen alle Einwände gesicherten Nachweis der Möglichkeit einer direkten Nitrierung aliphat. Kohlenwasserstoffe und im besonderen die Gewinnung des Nitrobutylens zum Inhalt. 1879 trug H. seine Maturitätsprüfung nach. Seit 1880 Privatass. Liebens, führten beide gemeinsam die scharfsinnige Konstitutionsaufklärung der Chelidonsäure durch, welche u.a. auch die Erkenntnis eines direkten Übergangs von Pyron- in Pyridinderivate und die Entdeckung eines damals erst in wenigen Beispielen bekannten Falles von Tautomerie brachte. H. trat 1886 in den Dienst C. Auer v. Welsbachs (s. d.) und übernahm die Leitung des den Firmennamen „Welsbach-Williams Ltd“ tragenden Werkes in Wien-Atzgersdorf. 1893, als die Entwicklung des Auer-Gasglühlichtstrumpfes bereits seine Verwertung im Großen ermöglichte, wurde er Dir. der Österr. Gasglühlicht AG. Wien. H.s Hauptanteil lag vornehmlich in der Erkenntnis der Bedeutung kleiner Zusätze für die Leuchtkraft gewisser glühender Oxyde und im besonderen der ersten Auerkörper. Mittels einer, auch durch die Gewinnung anderer seltener Elemente berücksichtigenden Darstellung von damals schwer erhältlichen Radiumverbindungen aus den Rückständen der Joachimsthaler Uran-Pechblendenverarbeitung (Uranfarbenherstellung) für das neu gegründete Wr. Inst. für Radiumforschung (gem. mit K. Ulrich) und durch die Gewinnung von Mesothor aus Monazitsand (gem. mit K. Peters) hat er die Radiumforschung wesentlich gefördert. 1907 zog er sich ins Privatleben zurück. Er ehrte den 1904 verstorbenen Vater durch Errichtung einer dessen Namen tragenden wiss. Preisstiftung bei der k. Akad. d. Wiss. in Wien.

W.: Über Nitrobutylen, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 77, 1878, S. 428; Über Nitroolefine, ebenda, Bd. 82, 1881, S. 922; Untersuchungen über Chelidonsäure, gem. mit A. Lieben, ebenda, Bd. 90, 1885, S. 66, Bd. 91, 1885, S. 919; Umwandlung der Meconsäure in Pyridin, in: Berr. der Dt. Chem. Ges., Bd. 16, 1883; Ber. über die Verarbeitung von Uranpecherzrückständen, gem. mit K. Ulrich, in: Mitt. der Radiumkomm. der Akad. d. Wiss. in Wien, Sbb., Bd. 117, IIa, 1908, S. 619; Über Radium und Mesothor aus Monazitsand, gem. mit K. Peters und St. Meyer, in: Mitt. aus dem Inst. für Radiumforschung, Sbb., Bd. 120, IIa, 1919, S. 1199; etc. Zahlreiche Artikel in: O. Dammer, Hdb. der anorgan. Chemie, 1892–1907.
L.: Österr. Chemikerztg., Jg. 33, 1930, S. 179, 196, 205; Z. für angewandte Chemie, Bd. 43, 1930, S. 963; Poggendorff 6, 7a.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 7, 1958), S. 154
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