Heger, Hilde(gard) (1899–1998), Keramikerin, Bildhauerin, Kunstgewerblerin und Malerin

Heger Hilde(gard), Keramikerin, Bildhauerin, Kunstgewerblerin und Malerin. Geb. St. Johann (St. Johann im Pongau, Salzburg), 26. 2. 1899; gest. Salzburg (Salzburg), 10. 7. 1998. Tochter des Forstingenieurs Johann Heger und von Rosa Heger, geb. Wessely. – H., ab 1904 in Czernowitz (Černivci) wohnhaft, besuchte bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs die dortige Schule, 1914 übersiedelte sie nach Salzburg, wo sie 1916 die Matura ablegte. Neben ihrer Bürotätigkeit besuchte sie Abendkurse in Zeichnen und beschäftigte sich mit Porzellanmalerei. 1921–24 studierte sie an der Kunstgewerbeschule in Wien u. a. bei →Victor Schufinsky und →Rudolf von Larisch, 1923–24 bei Michael Powolny. In der Folge arbeitete sie in den Keramikwerkstätten von Wally Wieselthier in Wien, Nikolaus von Martiny und Franz Fiala in Radstadt, 1925–27 in der Tonindustrie Scheibbs, wo sie die Gesellenprüfung als Hafnerin ablegte. Hier prägte H. mit ihren ca. 80 Entwürfen für Gefäßkeramik und kunstgewerbliche Produkte im Art Déco sowie für kleinplastische Tierfiguren den Stil der Scheibbser Gebrauchs- und Zierkeramik der 1920er-Jahre wesentlich mit. 1927–28 arbeitete sie in der Töpferei Rawitscher in Hameln, ab 1928 unterhielt sie eine eigene Werkstätte in Salzburg (ihre Arbeiten stellte sie erstmals 1929 aus). H. unternahm mehrere Studienreisen nach Frankreich, England, in die Schweiz und nach Südafrika. 1935 bekam sie ihren ersten öffentlichen Auftrag für das Kriegerdenkmal des Artilleristenbundes auf dem Salzburger Friedhof St. Peter und führte in den Folgejahren eine Vielzahl von Aufträgen für die Stadt und das Land Salzburg sowie zahlreiche Privatleute aus. 1953 bildete sie sich auf der Salzburger Sommerakademie bei Uli Nimptsch (Bildhauerei) und Oskar Kokoschka (Aktzeichnen) weiter und eröffnete 1956 die erste von mehreren Personalausstellungen beim Salzburger Kunstverein in der Residenz. Mit über 230 – bis 1989 ausschließlich in Terrakotta – meist etwas überlebensgroß modellierten, teils in Bronze gegossenen Porträts (u. a. Bernhard Paumgartner, 1966–67, Festspielhaus, Salzburg) nahm sie eine herausragende Rolle in der österreichischen Porträtplastik des 20. Jahrhunderts ein und wurde auch international bekannt. Einigen dynamisch-skizzenhaft wirkenden Köpfen (u. a. Roland von Bohr, 1932; Oskar Kokoschka, 1954; Alberto Susat, 1976) steht eine Vielzahl von Büsten von klassischer Schönheit und Formstrenge mit einem verhaltenen, in sich gekehrten Ausdruck gegenüber. Auch die anfangs direkt von Aristide Maillol beeinflusste Figuralplastik zeichnete sich durch Ruhe und Geschlossenheit schlichter tektonischer Formen mit glatten Oberflächen und eine zunehmende Körperlichkeit aus. Letztere wurde im figürlichen Spätwerk der 1960er–70er-Jahre zugunsten einer stilisierten Formverschlankung in scharfkantiger Linienführung aufgegeben, die eine zeitlose Allgemeingültigkeit erreichte. Zu den nach dem 2. Weltkrieg ausgeführten Arbeiten für den öffentlichen Raum gehören außer bronzenen Tier- und Figurengruppen (Entenbrunnen, 1950; Fischputto-Brunnen, 1954; Papageno-Brunnen, 1961; Mädchen mit Vogel, 1969) auch Mosaike (Gänsemädchen, 1959); zu ihrem Werk zählen weiters Reliefs, Aquarelle und Zeichnungen. 1925–29 war sie Mitglied der Wiener Werkstätte. H. erhielt für ihr Œuvre zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 1934 die Österreichische Staatspreismedaille, 1984 das Silberne Verdienstzeichen des Landes Salzburg, 1986 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und 1994 den Professorentitel. Nach ihr ist der seit 1997 vergebene Salzburger H.-H.-Frauenkunstpreis benannt.

Weitere W.: s. H. H. Plastiken; Lindenau, 1991, 1999.
L.: AKL; Vollmer; H. H. Plastiken, Keramiken, Aquarelle, Salzburg 1984 (Kat., m. B. u. W.); Künstlerinnen in Salzburg, ed. B. Wally, Salzburg 1991, S. 88–90, 337f. (Kat.); M. Lindenau, H. H., geisteswiss. DA Salzburg, 1991 (m. W. u. L.); 150 Jahre Salzburger Kunstverein. Kunst und Öffentlichkeit, 1994, s. Reg.; H.-H. Hottenroth, Die Tonindustrie Scheibbs (1923–1933). Scheibbser Keramik (seit 1937), 1994, s. Reg.; M. Lindenau, H. H. (1899–1998). Leben und Werk, in: Salzburg Archiv. Schriften des Vereines Freunde der Salzburger Geschichte 26, 1999, S. 279–334 (m. B. u. W.); Salzburger Kulturlexikon, ed. A. Haslinger, 2. Auflage 2001; J. und H.-H. Hottenroth, Die Radstädter Keramik, 2002, s. Reg.; I. Krumpöck, Die Bildwerke im Heeresgeschichtlichen Museum, 2004, S. 68.
(D. Trier)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)