Heidel, Alois (1915–1990), Bildhauer

Heidel Alois, Bildhauer. Geb. Wien, 30. 12. 1915; gest. ebd., 21. 11. 1990; röm.-kath. Sohn des Drechslergehilfen Alois Heidel und der Hilfsarbeiterin Mathilde Heidel, geb. Havlíček; ab 1941 verheiratet mit Gertrude Aster. – H. absolvierte nach dem Besuch der Bürgerschule 1930–33 bei der Firma Gebrüder Wagner eine Lehre zum Gürtler und Ziseleur, wobei Oskar Thiede in der Fortbildungsschule sein Zeichentalent förderte. Nach dem Lehrabschluss arbeitete H. durch dessen Vermittlung 1933–38 in der Werkstätte der Firma Hagenauer. 1938 wurde er nach Berlin dienstverpflichtet, wo er als Monteur in einem Flugzeugwerk arbeitete. Nach kurzer Rückkehr nach Wien und einer Beschäftigung bei den Heinkel-Flugzeugwerken in Schwechat studierte H. 1943 an der Münchner Kunstakademie. 1944 wurde er zum Militär einberufen und bis zur Invasion der US-Amerikaner in der Normandie in Südfrankreich stationiert, wo er in britische Kriegsgefangenschaft geriet. 1944–46 leistete er Sanitätsdienst in einem Gefangenenlager bei Northampton, in der Freizeit widmete er sich dem Violinspiel und gründete eine Musikkapelle. 1946 kehrte H. nach Wien zurück. Während seiner Beschäftigung in der Steinmetzfirma Kiener führte er u. a. Restaurierungsarbeiten im Wiener Volkstheater durch. 1946–53 studierte er Bildhauerei bei Fritz Wotruba an der Akademie der bildenden Künste, übersiedelte 1952 nach Strebersdorf und stellte im selben Jahr seine Werke erstmals in der Wiener Secession aus. Ab 1953 erhielt er zahlreiche Aufträge der Stadt Wien für Plastiken, die in den neuen Gemeindebauten aufgestellt wurden. 1975–80 war H. als Restaurator am Kunsthistorischen Museum tätig, fertigte u. a. Gipsabgüsse für die Dauerausstellung des Wiener Ephesos-Museums in Ephesos an und führte Restaurierungsarbeiten an Objekten für das Ephesos-Museum und an Mumien für die Ägyptisch-Orientalische Sammlung durch. Als langjähriges Atelier diente ihm ein (früher von Wotruba benutzter) Stadtbahnbogen zwischen Friedensbrücke und Spittelau. In seiner künstlerischen Entwicklung ging H. von abstrakten Tierdarstellungen über stilisierte und geometrische (Metall-)Skulpturen zur absolut gegenstandslosen Plastik über. Zu seinen Tierplastiken im öffentlichen Raum in Wien zählen die Bronzeplastiken „Pferd“ (1953, Wien 10), „Ibis“ (1954, Wien 23), „Ziege“ (1957, Wien 2), „Pelikan-Brunnen“ (1958, Wien 21) und „Gänsebrunnen“ (1959, Wien 20). Diese Tierdarstellungen, die in ihrer Abstraktion und Reduktion dem Kunstgeschmack im Österreich der 1950er-Jahre weit voraus waren, stießen mitunter auf Unverständnis: So führte die eigenwillige Formauffassung und Oberflächengestaltung der „Ziege“, die auf der Plastik-Biennale in Antwerpen großen Erfolg hatte, 1958 nach ihrer Aufstellung zu hitzigen Diskussionen unter den Anwohnern, in der Politik und in der Wiener Presse. Zuvor war bereits 1957 die Ziegelplastik „Känguruh“ bei einer Ausstellung der Grünen Galerie im Wiener Stadtpark mutwillig vom Sockel gestoßen worden. Zu den gegenstandslosen Plastiken im öffentlichen Raum in Wien zählen der „Abstrakte Brunnen“ (1958, Wien 11), „Lichtspiel“ (1965, Wien 2) und die „Prismenfigur, polyphon aufgebaut“ (1973, Wien 12). H. nahm u. a. an der 4. Plastik-Biennale in Antwerpen, der Triennale in Mailand (beide 1957) sowie der Biennale der Metall-Skulptur in Warschau (1968) teil und wurde mit dem Förderungspreis der Stadt Wien für Bildende Kunst (1957) ausgezeichnet. Er war ab 1952 Mitglied des Art-Club, ab 1954 Mitglied der Wiener Secession und erhielt 1981 den Berufstitel Professor verliehen. Das Langenzersdorf Museum präsentiert zahlreiche seiner Arbeiten.

L.: Vollmer; G. Kapner, Freiplastik in Wien, 1970, S. 438ff.; Die fünfziger Jahre. Kunst und Kunstverständnis in Wien, ed. B. Ecker – W. Hilger, Wien 2009, S. 150, 344f. (Kat.); Die sechziger Jahre. Eine phantastische Moderne, ed. B. Ecker – W. Hilger, Wien 2011, S. 178, 463 (Kat.); Die siebziger Jahre. Expansion der Wiener Kunst, ed. B. Ecker – J. Karel, Wien 2013, S. 37ff., 483f. (Kat.); Die achtziger Jahre. Pluralismus an der Schwelle zum Informationszeitalter, ed. B. Ecker – B. Borchhardt-Birbaumer, Wien 2015, S. 489 (Kat.); S. Aigner, Gedachte Wirklichkeiten. Abstraktion in der Skulptur, 2015, S. 42ff.; Wien Geschichte Wiki (mit Bild, Zugriff 18. 7. 2019); Website Langenzersdorf Museum (mit Bild, Zugriff 18. 7. 2019); ABK, Wien.
(G.-A. Bockstefl)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)