Hlawatsch, Karl (1870–1947), Mineraloge, Petrograph und Museumsbeamter

Hlawatsch Karl, Mineraloge, Petrograph und Museumsbeamter. Geb. Wien, 25. 11. 1870; gest. ebd., 17. 12. 1947; röm.-kath. Enkel von Karl Ignatz Hlawatsch, Sohn von Rudolf Karl Ferdinand Hlawatsch (beide s. unten). – Zunächst von Privatlehrern unterrichtet, trat H. im Alter von zehn Jahren in das Real- und Obergymnasium in Wien-Mariahilf ein. Nach Ablegung der Matura 1890 studierte er an der philosophischen Fakultät der Universität Wien Mineralogie, u. a. bei →Albrecht Schrauf und Gustav Tschermak von Seysenegg, sowie Physik und Chemie. 1892–94 war er als Demonstrator am mineralogischen Museum der Universität Wien tätig, 1894–95 als Assistent; 1895 Dr. phil. Bis zur Übernahme der elterlichen Woll- und Modewarenfabrik „Hlawatsch & Isbary“ 1911 vertiefte H. seine Kenntnisse bei Victor Mordechai Goldschmidt an der Universität Heidelberg und Paul Heinrich Ritter von Groth an der Universität München. Besuche der Weltkongresse der „International Union of Geological Sciences“ in St. Petersburg (1897), Paris (1900), Mexico City (1910), Stockholm (1910) und Toronto (1913) förderten seine Weiterbildung. H. arbeitete 1903–12 als Volontär am Naturhistorischen Hofmuseum. An der dortigen Abteilung für Mineralogie und Petrographie inventarisierte er 1908–11 die kompletten Bibliotheksbestände in einem 300 Seiten umfassenden Katalog. In diese Zeit fällt auch die Errichtung seines Laboratoriums für mineralogisch-kristallographische Untersuchungen in seiner Privatwohnung in Wien. Das Ende des 1. Weltkriegs bedeutete den Untergang seiner Firma, verursacht durch den Verlust sämtlicher während des Kriegs gezeichneter Anleihen sowie den Einbruch der Absatzmärkte in den ehemaligen Kronländern der Monarchie. H. wurde nun von der Museumsleitung mit Aufträgen in seinem Laboratorium betraut, bevor er 1928 bis zu seiner Pensionierung 1937 wieder als Assistent angestellt war. Sein wissenschaftliches Werk umfasst rund 50 Veröffentlichungen, wobei die klassischen Analysemethoden bezüglich Mineralien und anorganischen Verbindungen im Vordergrund standen, wie nasschemische Analysen, kristallographische Vermessungen und mikroskopische Untersuchungen (Polarisationsmikroskop, sichtbares Licht). Vor dem 1. Weltkrieg untersuchte H. neben Hüttenprodukten (aus Brixlegg in Tirol, Beraun/Beroun in Böhmen und Leoben in der Steiermark) auch Mineralien von verschiedensten Vorkommen. Beachtung in Fachkreisen fand seine 1912 erschienene Arbeit „Bemerkungen zur Definition des Isomorphismus“. Eine von ihm für wissenschaftliche Untersuchungen angelegte private Mineraliensammlung bestand aus mehr als 3.600 Objekten. Durch seine Kontakte und auf Exkursionen konnte er auch die mineralogische Sammlung des Hofmuseums beträchtlich erweitern. H. war Gründungsmitglied der Wiener Mineralogischen Gesellschaft, Mitglied der Geologischen Gesellschaft in Wien und der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft. 1937 wurde er Ritter des Österreichischen Verdienstordens. Sein Großvater Karl Ignatz Hlawatsch (geb. Freistadt, Schlesien / Karviná-Fryštát, CZ, 11. 1. 1808; gest. Wien, 3. 5. 1884), Sohn eines Rentmeisters, übersiedelte 1828 nach Mariahilf (Wien 6), wo er 1839 die Firma „Hlawatsch & Isbary“, die sich auf die Erzeugung von Schals und Modewaren aus Kaschmir- und Schafwolle spezialisiert hatte, gründete. Politisch engagiert, war er nach 1848 in der Bezirksvertretung tätig. H.s Vater Rudolf Karl Ferdinand Hlawatsch (geb. Wien, 18. 4. 1840; gest. ebd., 12. 1. 1913) trat 1866 als Teilhaber in die Firma „Hlawatsch & Isbary“ ein und führte die Produktion von Wollwaren fort. Später zog er sich ins Privatleben zurück und erwarb sich große Verdienste um den Naturwissenschaftlichen Verein der Universität Wien, dessen Ehrenmitglied er wurde. Ebenso war er Verwaltungsratsmitglied des Postsparkassenamts und Träger des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone.

Weitere W.: s. Hammer – Pertlik, 2006.
L. (auch für die übrigen Familienmitglieder): V. M. F. Hammer – F. Pertlik, Ein Beitrag zur Geschichte des Vereines „Wiener Mineralogische Gesellschaft“ (27. März 1901–24. November 1947), in: Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 146, 2001, S. 407–416; dies., K. H. … Ein verdienstvoller Mitarbeiter an der Mineralogisch-Petrographischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien …, in: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien 107A, 2006, S. 1–22 (m. B. u. W.); F. Pertlik, Synopsis der unter der Anleitung von A. Schrauf an der Universität Wien verfassten Doktorarbeiten, in: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt 146, 2006, S. 252; UA, Wien.
(F. Pertlik)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)