Hoffmann, Richard Adolf (1872-1948), Evangelischer Theologe

Hoffmann Richard Adolf, Theologe. * Königsberg (Ostpreußen), 22. 6. 1872; † Wien, 28. 4. 1948. 1896 Lic. theol. der Evang.-theolog. Fak. der Univ. Königsberg, 1897 Priv.Doz. für neutestamentliche Theol. in Königsberg, 1907 ao. Prof. ebenda, 1915 o. Prof. an der Univ. Wien als Nachfolger von Rudolf Knopf auf dem Lehrstuhl für neutestamentliche Theol. der Evang.-theolog. Fak., 1910 Dr. h.c. der Univ. Königsberg. Der Ausgangspunkt der theolog. Arbeit H.s ist die hist.-krit. Position vom Ende des vorigen Jh.s Im Sinne seiner Antrittsvorlesung an der Univ. Königsberg (1897) schaltete er sich in den breiten Strom quellenkrit. Forschung mit seiner Untersuchung zur Urmarkusfrage ein (1904). Seine theolog. Arbeit wurde dann immer stärker von zwei Gesichtspunkten bestimmt: Jesus in seinem Selbstbewußtsein (1904), seiner Vorstellung vom Erlöser (1911) und von Gott (1934), zu distanzieren von der paulin. Auffassung des Todes Christi als Sühnopfer, Jesus als den großen Lehrer und Menschen darzustellen, der sich als Kind Gottes wußte und Gott den Menschen verkündigte als den Vater, der den Reumütigen die Sünde vergibt und der in fürsorgender Treue den Menschen hilft und als gerechter Richter für einen sittlich befriedigenden Ausgleich sorgt. Der andere Gesichtspunkt, der H. eine singuläre Stellung innerhalb der dt. neutestamentlichen Wiss. gab, war sein Interesse an den parapsycholog. Erscheinungen bis hin zum Spiritismus, den er lieber „Nekrobiologie“ nennen wollte und den er „für eine werdende Wiss.“ hielt. Schon in der Untersuchung des Verhältnisses von Kant und Swedenborg (1909) deutete sich diese Linie an und wurde in vielen Vorträgen und Aufsätzen durchgebildet. In diesem Sinn wurde die Auferstehung Christi als ein Materialisationsproblem erklärt und sein Fortleben als „übersinnliche Macht“ verstanden. Glaube und Hoffnung gipfeln in der Gewißheit, daß wir „Gottes sittliche Weltordnung im neuen Leben nach dem Tode weit schärfer spüren werden als bisher“ (Einige Richtlinien für ein schlichtes dt.-protestant. Bekenntnis, in: Dt. Akademikerztg. in Wien vom 30. 3. 1934).

W.: Die Abendmahlsgedanken Jesu Christi, 1896; Was versteht man unter wiss. Bibelforschung, 1897; Das Markusevangelium und seine Quellen, 1904; Das Selbstbewußtsein Jesu nach den drei ersten Evangelien, 1904; Kant und Swedenborg, 1909; Die Erlösergedanken des geschichtlichen Christus, 1911; Das Geheimnis der Auferstehung Jesu, 1921; Besitz und Recht im Urchristentum, in: Religion und Sozialismus, 1921; Die Freiheit Gottes, 1923; Parapsych. bei Paulus, in: Z. für Parapsychol., 1928; Die Entstehung des Christentums, Tl. II: Paulus, in: Die Religionen der Erde, 1929, S. 187–207; Hat die Parapsychol. für die Erforschung des Urchristentums eine Bedeutung? in: Z. für Parapsychol., 1930, S. 251ff.; Die göttliche Vorherbestimmung nach der Lehre des Paulus, in: Die Wartburg, Jg. 29, H. 12, 1930, S. 440–52; Der Spiritismus und die Wiss., in: Z. für metaphys. Forschung, 1931/32; Parapsych. in den religiösen Erfahrungen des Apostels Paulus, in: Z. für Religionspsychol., 1933; Das Gottesbild Jesu, 1934; Manuskripte: Die Fehldeutung des Alten Testamentes im Urchristentum; Die Sendung Jesu und die Religion der Zukunft; Christusballade.
L.: Neue evang. Kirchenztg. (Bielitz), Jg. 56, n. 6, Juni 1940, S. 67–69; Amt und Gemeinde, 1948, S. 68; Gemeindebote für das evang. luther. Wien, Jg. 27, 1948, S. 91; Ber. über das Studienjahr 1947/48; Religion in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl., Bd. 2, 1928, Sp. 1977; J. Bohatec, Dt.-Österr. Beitrag zur evang.-theolog. Wiss., 1935, S. 75ff.; Jb. der Wr. Ges., 1929; Wer ist’s? 1935; Wer ist wer? 1937.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 9, 1959), S. 378f.
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